Blood, Sweat & Tears / Child Is Father To The Man
Child Is Father To The Man Spielzeit: 49:24
Medium: Hybrid Multichannel SACD
Label: Audio Fidelity, 2014 (1968)
Stil: Blues'n'Jazz


Review vom 15.11.2014


Ulli Heiser
Die wohl schönste Blues'n'Jazz'n'Psychedelic-Nummer hört auf den Namen "I Love You More Than You'll Ever Know" und wer damals nach der "Overture" die Nadel nicht vom Vinyl hob, wurde mit einem unter die Haut gehenden Gitarrenintro mehr als belohnt. Al Koopers rollende Orgel, Steve Katz' bis ins Mark schneidende Gitarre in Verbindung mit dem orchestralen- oder Fred Lipsius' Solo-Gebläse sowie den engelhaften BS&T Soul Chorus-Sirenen Valerie Simpson und Melba Moorman büßt auch sechsundvierzig Jahre nach Erstveröffentlichung nicht ein Fitzelchen seiner Klasse ein.
1967 hatten Kooper und Katz die Band The Blues Project (eine der ersten Jam Bands überhaupt) verlassen und gründeten Blood, Sweat & Tears. "Child Is Father To The Man" ist das Debütalbum der Band. Es holte Gold und erreichte Platz 47 der Charts, war also nicht so erfolgreich wie die nächsten beiden Nachfolger. Und nach dieser Platte verließ Kooper die Band. Seinen weiteren Werdegang hier zu vertiefen, bzw. die Alben aufzuzählen, bei denen er mitmischte, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Nur soviel, sein Name wird wohl bei einigen Inselplatten in den Plattenregalen dieser Welt abgedruckt sein.
Weitere Gründungsmitglieder waren der von den Mothers Of Invention und Buffalo Springfield kommende Jim Fielder, Fred Lipsius, Randy Brecker, Jerry Weiss, Dick Halligan sowie Bobby Colomby. Was den Bandnamen, bzw. dessen Entstehung betrifft, ranken sich einige Geschichten, die von einer Verletzung Koopers mit daraus resultierenden Bluttropfen auf den weißen Tasten der Orgel bis hin zu einem Zitat aus einer Winston Churchill-Rede reichen. Wahr ist aber wohl, dass der Man in Black mit seinem 1963er Album "Blood, Sweat And Tears" Namensgeber war.
Die Herkunft des Bandnamens ist aber wirklich die einzige Parallele zu Cash, denn B,S&T sind für anderes bekannt. Nach vorliegendem Debüt und Koopers Ausstieg wurden Blood, Sweat & Tears etwas melodischer, haben gottlob Koopers Saat aber nicht verwelken lassen. Aber das ist eine andere Geschichte.
"Child Is Father To The Man" mischt Jazz, Rock, Blues, Psychedelic, leichten Big Band-Sound, klassisches Instrumentarium sowie R&B und versucht trotzdem so populär als möglich zu klingen. Wenn es auch keine Hitsingle gab, so darf das schon verwundern, denn potentielle Kandidaten sind meiner Meinung nach durchaus vorhanden. Zumal anno dunnemals auch Populäres durchaus Qualität haben durfte. Für Musik dieser Art, also Kombinationen aus nicht unbedingt artgleichem Bestand mit leicht experimentellen Momenten, war der Weg seit Pet Sounds, spätestens aber nach Sgt. Pepper bereitet.
So war es kein Problem, bläserunterstützen Blues wie das bereits erwähnte und geniale "I Love You More Than You'll Ever Know" oder "Somethin' Goin' On" mit z. B. Randy Newmans "Just One Smile", Tim Buckleys jazzy Earcatcher "Morning Glory" oder gar Harry Nilssons "Without Her" zu kombinieren. Letzteres Stück verströmt ein an die Fünfziger Jahre angelehntes Klischee, wenn die Dame des Hauses im offenen Straßenkreuzer durch die amerikanische Vorstadt fährt, um sich die Nägel lackieren zu lassen. Es gibt mit "My Days Are Numbered" oder "I Can't Quit Her" gelungenen Jazz Rock und auch die Carole King-Nummer "So Much Love" wird geadelt.
Allen Stücken gemein ist der gewaltige Bläsereinsatz. Ob nun im Verbund oder solistisch, die Herren Lipsius, Brecker, Halligan und Weiss lassen Saxofon, Trompete, Flügelhorn und Posaune kaum abtropfen. Die Interaktion der klassischen Rockinstrumente mit den Blaspendants zeigt sich besonders schön in "My Days Are Numbered". Dass diese Art von geblasenen Jazzelementen auf offene Ohren stieß, bewiesen etwas später auch Chicago Transit Authority respektive Chicago. Zumindest auf den besten, den ersten Alben.
Audio Fidelity hat der Platte bestmögliche Behandlung zukommen lassen, so dass sich zu der alten CD-Version nun diese limitierte und nummerierte Hybrid Multichannel SACD-Version gesellt.
Line-up:
Al Kooper (organ, piano, ondioline, vocals)
Steve Katz (guitar, acoustc guitar, lute, vovals)
Fred Lipsius (alto sax, piano, good judgement)
Randy Brecker (trumpet, flugelhorn)
Dick Halligan (trombone)
Jerry Weiss (trumpet, flugelhorn)
Jim Fielder (Fender bass)
Bobby Colomby (drums, percussion, vocals)

The BS&T String Ensemble:
  Gene Orloff (violin)
  LeonKruczek (violin)
  Paul Gershman (violin)
  Harry Lookofsky (violin)
  Julie Held (violin)
  Manny Green (violin)
  Anahid Ajamian (violin)
  Harry Katzman (violin)
  Manny Vardi (viola)
  Harold Colletta (viola)
  Charles McCracken (cello)
  Alan Schulman (cello)
The BS&T Soul Chorus:
  Valerie Simpson, Melba Moorman
Tracklist
01:Overture
02:I Love You More Than You'll Ever Know
03:Morning Glory
04:My Days Are Numbered
05:Without Her
06:Just One Smile
07:I Can't Quit Her
08:Meagan's Gypsy Eyes
09:Somethin' Goin' On
10:House in the Country
11:The Modern Adventures Of Plato, Diogenes And Freud
12:So Much Love/Underture
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