Blue Chamber Quartet / First Impressions
First Impressions Spielzeit: 54:35
Medium: SACD
Label: Stockfisch Records, 2007
Stil: Kammermusik

Review vom 11.10.2007


Christoph Segebard
Kammermusik bei der RockTimes?! …Tja, nichts ist unmöglich.
Ganz so trocken, wie es klingt, ist das Blue Chamber Quartet dann aber doch nicht. Die vier Musiker haben sich 'modern classical entertainment and music of the world' auf die Fahnen geschrieben. Damit gehören sie zu der stetig wachsenden Riege von klassisch ausgebildeten Musikern, die bereits einen Fuß ins neue Jahrtausend gesetzt haben und ihren Background mit Elementen der modernen Musik vermischen, um neue Wege zu beschreiten und ihre Musik einem breiteren Publikum aus Musikinteressierten zugänglich zu machen.
»Am Anfang war die Freundschaft«, titelt das bebilderte Booklet und erzählt davon, wie vier erfolgreiche Solisten- und Ensemblekarrieren im Herbst 2005 zu einem neuen Ganzen verschmelzen, die ausgetretenen Pfade klassischer Konzertprogramme hinter sich zu lassen. »Blue Chamber Quartet - weil Blue Notes und Kammermusik des 20. Jahrhunderts zu einer hochvirtuosen, abwechslungsreichen Mixtur verschmelzen.« Die Grenzen verschwimmen zusehends - jedoch hält sich für einen relativen Laien wie mich beim BCQ die Einbindung populärer Musik in Grenzen. Noch; denn dies sind ja nur die "First Impressions".
Los geht's hektisch und verheißungsvoll mit der "Toccata", einem Stück aus der Feder Sergej Prokofjews, dessen sogenannte 'motorische Linie' einen Auftakt nach Maß bildet. Dem folgen die "Children's Songs", fünf an der Zahl, die einen von Chick Corea geschriebenen Tribut an die Schönheit und Einfachheit des kindlichen Geistes darstellen und überraschend ruhig und gediegen daherkommen.
Emotional und warm bleibt es dann bei "Tanti Anni Prima", das dem recht spannenden, an- und abschwellenden "Music 4-4" vorausgeht. Für reine Kammermusik ungewöhnlich wird es dann erstmals so richtig bei "Good Bye My Love", das mit seinem hoffnungsvollen und positiven Klang irgendwie sein eigenes Thema verfehlt.
Der Rest, wie zum Beispiel die "Jazzsuite", schlägt dann in die gleiche Kerbe, mal mehr, mal weniger emotional oder vielfältig. …Ich sage es aber noch mal: Um die fein geschlagenen Brücken zwischen Klassik und Jazz, Weltmusik oder was auch immer erkennen und wertschätzen zu können, sollten Einem schon so einige Stücke der Klassik bekannt sein. Erst dann wird man an diesen 'ersten Impressionen' so richtig Spaß haben.
Alle Anderen haben aber den Vorteil, das musikalische Erlebnis an sich unvoreingenommen und mit relativ leerer Festplatte beurteilen zu können. Sie werden bald erkennen, dass man an Musik dieser Art keine normalen Maßstäbe anlegen kann - und einen roten Faden vermissen, der nun mal schwerlich entstehen kann, wenn man seine Stücke nicht selbst schreibt, die dann auch nur klinische Bezeichnungen wie "Jazzsuite - Latin" tragen.
Der große Bereich der Klassik wird nie erfolgreich mit Jazz oder Pop fusionieren können, wenn die Musiker weiterhin nur die Noten von Anderen spielen. …Ich kann solch ambitionierten 'Visionären' nur raten - werft einen Blick auf Frederik Sioen, um zu sehen, wie man es machen kann.
Dennoch: "First Impressions" ist zum großen Teil kein wirklich fesselndes, aber angenehmes Hörerlebnis, bei dem positiv hervorzuheben bleibt, dass man es mit einer sogenannten SACD zu tun bekommt - einem Format von der Wirkungsweise ähnlich der Audio-DVD also, die mit 5.1-Abmischung aufwartet.
Der einzige Rat für Genrefremde, den ich erteilen kann, ist also, sich selbst eine Meinung zu bilden.
Line-up:
Julia Bartha (piano)
Angelika Siman (harp)
Thomas Schindl (vibraphone)
Holger Michalski (double bass)
Tracklist
01:Toccata
02:Children's Song 19
03:Children's Song 12
04:Children's Song 16
05:Children's Song 17
06:Children's Song 18
07:Tanti Anni Prima
08:Music 4-4
09:Good Bye My Love
10:Kicho
11:Jazzsuite - Latin
12:Jazzsuite - Blues
13:Jazzsuite - Boogie
14:Hinter Dem Fenster
15:La Fiesta
Externe Links: