
Die niederländische Band BluesMotel hat sich den Chicago Blues auf die Fahne ihrer musikalischen Leidenschaften geschrieben. 2007 gegründet, hat das Quintett bereits zwei Alben veröffentlicht. "Built For Comfort" kam 2010 auf den Markt und der Nachfolger hört auf den Namen "Bound To Drive You Crazy" (2011). Erstgenannte Platte enthält zumeist Fremdkompositionen von Billy Boy Arnold, Big Bill Broonzy, Willie Dixon, Howlin' Wolf, Robert Johnson und Muddy Waters. Beim zweiten Tonträger beherrschen Eigenkompositionen die Tracklist. Hier taucht lediglich ein Coversong von Elmore James auf. Damit sind auch schon viele Vorbilder der Combo genannt und können nur noch durch Freddie King beziehungsweise Little Walter ergänzt werden. BluesMotel stand schon in England, Frankreich und Deutschland auf der Bühne und war im Billing einiger angesagter Festivals vertreten. In dieser Band haben sich alle fünf Musiker dem Blues der Windy City verschrieben und der noch junge Gitarrist Micha Sprenger nennt auch noch J.J. Cale, Bob Dylan sowie Hubert Sumlin als seine Vorbilder. Der Bassist Hans Wielaert ist auch ein Fan des Jazz und seine Helden sind Ray Brown sowie James Jamerson. Außerdem hat er noch eine weitere Passion ... das Malen. So ziert eines seiner Bilder das Cover von "Bound To Drive You Crazy" und andere findet man im Booklet.
 Wie sehr die niederländische Band mit dem Chicago Blues verbunden war, verdeutlichte sie auch beim Konzert im Blues Moose Café. Mit gleich zwei sehr guten Gitarristen gaben sich in der Gemeinschaft mit Harper Kevin de Harde die Soli im Sekundentakt die Klinke in die Hand. Der erfahrene Schlagzeuger Frank van Tijn hatte den perfekten Groove und mit seinem sechssaitigen Bass konnte Hans Wielaert durch melodisch-tiefe Töne glänzen. In seiner Rolle als Sänger überzeugte Kevin de Harde durch einen schön angeraute Stimme und die beiden Gitarristen verdeutlichten, wie unterschiedlich man sich im Genre ausdrücken konnte. Jeder bewegte sich zwar nur auf zirka einem halben Quadratmeter, dafür verlagerten sie allerdings die Action viel mehr auf das Fretboard. Die präsentierten Songs kamen im Laufe des Konzerts richtig knackig rüber und die Mischung aus eigenen Nummern sowie Fremdkompositionen war sehr gelungen. Dabei konnte man zweifelsohne feststellen, dass sich die Lieder aus dem Köcher der Band durchaus auf Augenhöhe mit so einigen gespielten Klassikern des Blues befanden.
Micha Sprenger konnte Gitarrentöne wunderschön im Raum schwingen lassen, Tim Benniks verdeutlichte ein ums andere Mal, dass er eher eine Vorliebe für den kräftigen Klang seines Arbeitsgerätes hatte und zwischendrin spielte der Harper zum Teil furiose Soli. Wenn sich die Gruppe allerdings dem Boogie widmete, dann zogen sozusagen alle an einem Strang. Beim Zuschauen sahen diese Licks so einfach aus, hatten aber eine verdammt große Wirkung auf die Gänsehaut. "High Tide" war nur ein Song aus dieser Kategorie und bei einem weiteren starken Boogie war der Schlagzeuger Frank van Tijn mit seinen schwarzen Sticks ein echter Snare-Kanten-Rhythmiker. Nachdem man sich ordentlich warm gespielt hatte, der BluesMotel-Motor brauchte etwas, um auf Touren zu kommen, konnte man besonders durch die Slow Blues-Nummern für kräftigeren Beifall sorgen. Da war der Fünfer deutlich in seinem Element. "Key To The Highway" war da der besondere Song, eines der Highlights des Auftritts.
 Nach einer Bier-/Zigarettenpause gab es zunächst einmal traditionell-gute Kost aus der Power Blues-Küche und die Authentizität des Harpklangs wurde durch ein Fahrradlampen-Mikrofon noch gesteigert. Mit der Funk-Auslage des 12-Takters hatte die Gruppe ein weiteres heißes Eisen im Feuer. Während der zweiten Hälfte des Gigs kam man schon ins Grübeln, weil die BluesMotel-Setlist nicht mehr allzuviele Lieder beinhaltete. "The Blues I've Seen" war ein weiterer toller Midtempo-Track mit klasse Soli und dann war "Boom Boom (Out Go The Lights)" natürlich ein Kracher vor dem Herrn des Blues, aber damit musste man doch tatsächlich den symbolischen Charakter des Songtitels Ernst nehmen. Das Konzert der Band endete und es war noch einiges an Zeit (Achtung, Ruhestörung der Nachbarn!) übrig. Kevin de Harde kündigte eine Umbaupause an. Wie jetzt? Umbau? Bei den Vorbereitungen auf das Konzert hatte ich zwar etwas von einem Duo The Damned And Dirty gelesen, aber dass es sozusagen noch zu einer ganz besonderen Zugabe kommen würde, stand nun nicht unbedingt auf dem Programm.
 Die Bühne wurde neu sortiert, ein Stuhl platziert, zwei akustische Gitarren bereitgestellt und was Kevin de Harde sowie Micha Sprenger dann als The Damned And Dirty losbrach, hatte die Dimension eines Erdrutsches. Die Entfernung von Chicago ins Mississippi Delta war plötzlich ganz kurz und das De Komm verwandelte sich in einen Juke Joint, die Stimmung war völlig anders. Für ihre erste Veröffentlichung bekamen die zwei Künstler einen Dutch Blues Award für das beste Album ("The Damned And Dirty") und man wird mit der mitreißenden Musik für die neue Runde der Dutch Blues Challenge als Live-Duo auf der Bühne stehen. Bei dem einschlagenden Erfolg ist es nicht verwunderlich, dass sich mit "Sell Your Soul" bereits ein Nachfolger in den Startlöchern befindet. Mit nur fünf Liedern, vier davon vom gerade erwähnten Album, schlüpften Kevin de Harde und Micha Sprenger sozusagen in neue Rollen. Spielte der Gitarrist sein Instrument bei BluesMotel mit dem Plektrum, glänzte er nun durch hochklassiges Fingerpicking und der Sänger musste in während des Umbaus wohl noch eine Prise Eisenpulver in der Küche nachgelegt haben. Rhythmisch wurde die ganze Sache mit einem Porchboard verstärkt.
 Der Unterschied zwischen BluesMotel und The Damned And Dirty konnte kaum größer sein. Was für ein Blues! Welch eine Dynamik, welch eine Vielfalt ... Slidegitarre, feinste akustische Gitarre und dann hatte, zumindest was den Berichterstatter anging, ein ganz besonderes Instrument Live-Premiere. Micha Sprenger spielte eine selbstgebaute Zigarrenkisten-Gitarre. Die vier Saiten wurden bei einem Hammer-Sound mit dem Bottleneck zum Klingen gebracht und die Harp heulte die Trauer in die Nacht. Umwerfend, was die beiden Musiker mit ihren Eigenkompositionen auf die Beine stellten. The Damned And Dirty war echt das Sahnehäubchen auf diesem Konzertabend. Was als Nebenprojekt ins Leben gerufen wurde, hatte extremen Erfolg. So wird die Tradition des Delta Blues auf hohem Niveau weitergeführt. Lieder wie "Looked You Up In The Phonebook" oder "Money In My Pocket" lebten von der Identität mit dem Genre und live sind Micha Sprenger sowie Kevin de Harde eine ganz hohe Hausnummer. Da kann man für die Anfang Oktober anstehende Challenge nur die Daumen drücken. Die Chancen stehen sehr gut.
Line-up:BluesMotel
Kevin de Harde (vocals, harmonica)
Micha Sprenger (guitar)
Tim Benniks (guitar)
Hans Wielaert (bass)
Frank van Tijn (drums)
Line-up:The Damned And Dirty
Kevin de Harde (vocals, harmonica)
Micha Sprenger (acoustic guitar, slide guitar, cigarbox guitar)
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