Ehrlichkeit ist eine Eigenschaft, die der Berliner Combo The Bonafide Kamikaze Club sehr wichtig ist. Und genau deshalb hat sich die Band auch ganz bewusst dazu entschlossen, ihr zweites Album "Godgiven" in Eigenregie aufzunehmen und zu veröffentlichen. Die Truppe geht sogar so weit, dass sie behauptet, das wichtigste Bandmitglied im professionellen Aufnahmestudio sei das Mischpult. Und genau diesem Fakt wolle sich das Quartett entgegenstellen. Das Herz sitzt also am richtigen Fleck und folgerichtig wurden auch sämtliche elf Tracks der Scheibe live im Proberaum eingespielt.
Aber - noble Gesinnung hin oder her - zahlt sich das auch aus? Dieser Punkt (nämlich der Sound) ist ganz sicher Geschmackssache, denn "Godgiven" kommt schon ziemlich rau um die Ecke. Zumindest der Verfasser dieser Zeilen hat damit allerdings gar kein Problem, wenn vielleicht auch hier und da die Höhen im Sound etwas fehlen. Aber kommen wir zur Mucke des Kamikaze Clubs: "Liar" eröffnet die Scheibe richtig schön fett mit einem flotten Rocker. Elmos Stimme kommt kraftvoll und klingt gar ein bisschen punkig, während man auch Einflüsse von den so genannten Seattle-Bands (wobei ich nicht Grunge sagen möchte) ausmachen kann.
Durch die bereits erwähnte Herangehensweise (live eingespielt) wirkt das Ganze ungemein lebendig, atmet, flucht, stöhnt, hat Luft und wackelt. Auch bei "What If" wird schnörkellos geradeaus gerockt und steht schwer unter Dampf. Einige Bandmitglieder hatten zum Zeitpunkt der Vorbereitung auf die und der Aufnahmen selbst eine schwierige Periode in ihrem Leben zu durchschreiten und so war zunächst geplant, durchgehend das Gaspedal durchzutreten, aber im letzten Moment entschieden sich die Berliner, doch noch ein paar langsamere Stücke einzubauen. Eines davon ist "Running". Unter Strom steht der Vierer auch hier, aber insgesamt wird doch mit gezügelterem Tempo gefahren. Ein sehr geiler und eingängiger Refrain macht auch diesen Titel zu einem Hinhörer.
Bei der nächsten Nummer, einem bluesigen Groover, spielt mir dann doch glatt mein Hirn einen Streich. »... Tom Waits for noone...« vermeine ich da im Refrain zu vernehmen. Was, beginnt es in mir zu arbeiten, haben die Hauptstädter denn - außer dass sich Elmos Gesang hier fast so anhört - mit diesem amerikanischen Musiker zu tun? Bis mir dann ein Blick auf die Tracklist verrät, dass das Stück "Time Waits For Noone" heißt. So kann's gehen... Nach diesen zwei ruhigeren Nummer geht es dann aber bei "Long Lost Love" wieder deutlich rockiger zur Sache. Was hier, wie auch bei "Save My Heart" erneut auffällt, ist, dass die vier Musiker viel Wert auf das Songwriting und die Arrangements gelegt haben. Denn von Langeweile ist auch - jetzt bei der Hälfte des Albums angelangt - keine Spur.
Einer meiner Favoriten und somit auch Anspieltipps ist "Broken Faith", das einmal mehr durch klasse Melodien und ein feines Arrangement glänzt. Speziell die schnelleren Stücke des Bonafide Kamikaze Clubs sind richtig schön schmutzige Rocker mit jeder Menge Dreck unter den Fingernägeln. Authentisch nennt man das. Dass deswegen die einen oder anderen musikalischen Feingeister nicht unbedingt in Begeisterungsstürme ausbrechen werden, wird billigend in Kauf genommen. Deutlich auf die Bremse geht es dann bei "A Thousand Times Blind", einer bluesigen Halbballade, bei der sich neben Elmo vor allem Andy an der Gitarre auszeichnen kann. Wobei alle vier Musiker einen tollen Job bei den Aufnahmen abliefert haben. So tight wie die Band zusammenspielt, dürften auch die Konzerte der Berliner ein absoluter Gewinner sein.
Aufgrund des raueren und manchmal etwas zu dumpfen Sounds empfiehlt es sich selbstredend, vor dem Kauf erstmal reinzuhören. Wer aber keinen gesteigerten Wert auf ein Hochglanz-Produkt legt, sondern sich an ehrlichem, authentischem und rauem Rock mit Ecken und Kanten erfreuen kann, der kann mit The Bonafide Kamikaze Club und deren neuem Album "Godgiven" eigentlich keinen Fehler machen. Denn, ich hatte es bereits erwähnt, sowohl das Songwriting, wie auch die Arrangements und die Musiker selbst sind eine Bank für sich.
Die gute Nachricht für alle, die auf "Godgiven" stehen, ist außerdem, dass The Bonafide Kamikaze Club ein Video für "Running" gedreht und auch das nächste Album bereits im Kasten hat. »Darauf werden wir dann eine Stunde lang einfach nur durchrocken!« verspricht Sänger Elmo. Ich freu' mich schon drauf!
Line-up:
Elmo (vocals)
Andy (guitars)
Ike (bass)
Rais (drums)
Tracklist |
01:Liar
02:What If
03:Running
04:Time Waits For Noone
05:Long Lost Love
06:Save My Heart
07:Broken Faith
08:A Thousand Times Blind
09:Godgiven
10:Man On The Edge
11:April Doom
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