RockTimes: Vielen Dank, dass ihr euch für dieses RockTimes-Interview ein bisschen Zeit nehmen konntet.
Andreas: Kein Ding, wir freuen uns immer über Interviewanfragen und sind auch sehr dankbar für die Unterstützung!
RockTimes: Zuerst einmal Glückwunsch zu eurem dritten Album Sounds Of Sirens. Seit der Veröffentlichung sind ja jetzt ein paar Wochen vergangen. Wie ist die bisherige Resonanz zu der neuen CD ausgefallen?
Andreas: Soweit sind die Kritiken alle sehr gut ausgefallen. So einheitlich waren die noch nie in unserer Bandgeschichte. Es sind eigentlich alle im Bereich von 85 %, bzw. 8,5 von 10, wie halt die Bewertungsskala jeweils aussieht, es gibt bislang eigentlich nur zwei Ausreißer, einer nach oben und einer nach unten. Der nach unten war dummerweise in einem richtig großen Magazin, aber die bekommen so viele CDs, da kann man ja nicht erwarten, dass die sich jedes Album anhören, bevor sie was schreiben. Ist bei der VÖ-Schwemme gar nicht mehr möglich. Im großen und ganzen sind wir aber sehr zufrieden, die Kritiken waren fast ausschließlich sehr fair und objektiv.
RockTimes: Ihr habt zum ersten Mal bei Pure Steel Records veröffentlicht. Hat sich die Zusammenarbeit gelohnt? Welche Vorteile hat dieses Label für euch?
Andreas: Pure Steel ist in relativ kurzer Zeit zu ner guten Adresse für traditionellen Metal geworden. Wir haben da quasi schon eine Öffnung in moderne Spielarten repräsentiert, obwohl wir ja nach wie vor zu den traditionellen Metal-Bands gezählt werden. Sencirow kamen fast zeitgleich dazu und die Jungs haben ja schon mehr Labelerfahrung als wir, deren letzte Scheibe kam ja über AFM raus. Das zeigt, das Pure Steel schon eine Herausforderung für die etablierten Labels darstellt und deshalb fühlen wir uns da wohl, denn so sehen wir uns selbst auch. Mittlerweile hat Boomerang so einen Arbeitsaufwand erreicht, bei dem wir einfach nicht mehr die Zeit haben, uns von der Promotion über den Vertrieb selbst um alles zu kümmern, weil wir auch älter werden, beruflich mehr eingespannt sind, als das früher der Fall war und da jetzt langsam der Vorlauf zur Frühverrentung beginnt, geht's bei uns halt auch nimmer so schnell wie früher. Da tut dann schon mal die Hüfte weh, wenn's draußen kalt wird und man vergisst das eine oder andere, wenn die Pflegerin nicht rechtzeitig mit den Gehirntabletten kommt. Nach der Probe muss man dann auch noch die Pizza pürieren, weil wir wieder vergessen haben, wo wir unsere Zähne hingelegt ha'm, das frisst alles Zeit und deswegen braucht jede halbwegs professionell alternde Band ein solides Label im Rücken - alleine schon, damit sie net umfallen.
RockTimes: Die zweite Hälfte von "Sounds Of Sirens", ab "Blood Angel (TCO III)", bietet wesentlich komplexeres Songmaterial, die Kompositionen erscheinen deutlich ausgefeilter. Mittelalterliche Klänge werden eingestreut, lateinischer Refrains... Wird man von euch zukünftig mehr in dieser Richtung hören?
Andreas: Och, da kann jeder Wetten drauf abschließen. Wir wissen es selbst nicht, das kann passieren, oder auch nicht, ganz nach Lust und Laune, wie der Songwritingprozess abläuft. Das ist selten vorhersehbar und niemals geplant. Die Songs passieren einfach und dann wird dran rumgebastelt. Kann sogar sein, das ein Song in der Richtung entsteht, aber dann gefällt's keinem und das Akkustikgedöns fliegt kurzerhand wieder raus. Kann alles passieren bei uns. Das einzig Sichere ist der Wandel und das sich die Songs immer an unserer momentanen Laune ausrichten. Das 'ausgefeilt' muss ich doch noch kommentieren, denn die Songs sind ja nicht in der Reihenfolge ihrer Entstehung auf dem Album, die Reihenfolge wird am Schluss festgelegt und gerade der älteste Song auf dem Album, "Skin-Walker" war als erster fertig und klingt auch am kompaktesten, für unsere Begriffe. Die Songreihenfolge orientiert sich bei uns an einer Reihe von Kriterien und ist eigentlich neben der Produktionstechnik das einzige, was wirklich rational durchdacht ist. Der Rest ist eigentlich ne reine Bauchsache. Daher stehen aber die Songs einer bestimmten Sorte am Anfang und so entsteht wohl der Eindruck, dass die zweite Hälfte ausgereifter wäre. Ist aber wie gesagt, keine Sache des Ablaufs, sondern der Art der Songs.
RockTimes: Könnt ihr euch vorstellen, ein Konzeptalbum zu machen, ähnlich wie Savatage mit "The Wake Of Magellan"?
Andreas: Vorstellen ja, machen wohl eher nicht. Dazu müsste, wie schon erklärt, der Songwritingprozess viel verstandgesteuerter ablaufen als er es tut und ich glaube, damit würden wir uns tierisch ins Knie schießen. Ich glaube, wir sind nur gut, wenn wir spontan sind, wenn wir die Ideen aus dem Hirn rausdrücken müssen, weil wir Verstopfung haben, dann fängt's an weh zu tun. Auf einer rein textlichen Ebene würde ich es jedoch nicht ausschließen, dass da mal irgendwann alle Texte in eine bestimmte Richtung gehen.
RockTimes: Habt ihr irgendwelche Vorbilder, an denen ihr euch musikalisch orientiert?
Andreas: Bewusst orientieren wir uns eigentlich nicht. Mal klingt es halt n' bissl nach NWOBHM, mal ein bisschen nach US-Metal, das kommt aber eher unbewusst mit rein, außerdem kann man das Rad auch nicht ganz neu erfinden, die Tonleiter ist nun mal begrenzt und wenn man sich innerhalb eines bestimmten Genres bewegt ist das nochmal eingegrenzt, obwohl wir uns nicht absichtlich in diesen Grenzen bewegen. Uns gefällt nur die Weidefläche so gut, dass wir nicht in andere Gefilde abwandern. Harte Mucke ist halt das einzig Wahre. Jeder hat natürlich seine persönlichen Favoriten, die er gerne hört und die auch sicher unterschwellig das Songwriting beeinflussen, das is auch klar. Da kommen dann bei Tom die Metal- und Thrash-Heroes der 80er wie Anthrax, Judas Priest, Exhorder, Chastain und Griffin, von mir eher neuere Metal Sachen wie Rage, Masterplan, Metallica, Cradle oder auch Jazz und Fusion, Stefan mag Irish Folk und Deutschrock neben den alten deutschen Metalscheiben, Daniel fährt auf Meat Loaf ab, bei Axel wechselt das ab und zu, aber er mag auch die derben Sachen wie Kataklysm, Cradle Of Filth und so weiter.
RockTimes: Wie wichtig ist es für euch, trotz dieser Vorbilder, eurer Musik einen individuellen Charakter zu verleihen?
Andreas: Das ham wir doch hoffentlich ganz ordentlich hinbekommen. Aber das muss jeder selber beurteilen. Auffällig ist nur, dass selten zweimal derselbe Name fällt, wenn ne Band als Vergleich herangezogen wird. Das deutet draufhin, dass wir uns nen eigenen Sound erarbeiten konnten. Auf jeden Fall ist uns Eigenständigkeit sehr wichtig.
RockTimes: Außerhalb der Musik geht ihr alle einer geregelten Arbeit nach. Betreibt ihr Boomerang eher als Hobby, oder könnt ihr euch vorstellen, irgendwann in der Zukunft ausschließlich von der Musik zu leben?
Andreas: Vorstellen kann man sich vieles, aber realistisch kann heute ja nicht mal ne Band wie Jag Panzer nur von CD-Verkäufen leben. Selbst auf dem Level musst Du noch als Studiomusiker, Musiklehrer oder sonst was nen Nebenerwerb haben, um die Familie zu ernähren. Meistens sind diese Nebenerwerbe dann irgendwie mit der Musik und der Szene verbunden, aber die Zeiten, wo man rein von seiner Band leben konnte, alle Jahre mal ein ordentliches Album aufnahm und tourte sind längst vorbei. Ohne diverse Side-Projekte und anderes Gedöns kommste auf keinen grünen Zweig und darunter leidet früher oder später die Hauptband. Und das wollen wir bei Boomerang vermeiden. Bevor wir irgendeinen Mist aufnehmen, nur weil wir Geld brauchen, nehmen wir uns die Freiheit, erst dann was aufzunehmen, wenn wir meinen, es ist gut genug. Insofern ist Boomerang schon als Hobby anzusehen, aber mit einem sehr hohen Stellenwert. Es ist ne Form der kreativen Selbstverwirklichung. So wie andere Leute jede freie Minute an Autos schrauben, Flaschenschiffe bauen oder 10 Jahre dranhängen, Westminster Abbey aus Zahnstochern nachzubauen. Hinterher schaut man sich das an und ist stolz auf sich. Für ungefähr 10 Sekunden, dann sieht man, was man hätte besser machen können und es geht grad wieder von vorne los (lacht).
RockTimes: Was müsste sich ändern, damit ihr komplett ins Metal-Geschäft umschwenkt?
Andreas: Das ist einfach gesagt. Wenn man den Lebensunterhalt genauso bestreiten kann wie bisher, genauso Zeit für die Familie und Weinfeste hat und in kreativer Hinsicht keinerlei Kompromisse machen muss und die Musik machen kann, die man machen will und wann man will. Aber das ist natürlich ne reine Utopie, denn dann wär das Musikbusiness kein Business mehr.
RockTimes: Leider habt ihr bisher noch nicht die Gelegenheit gehabt, als Headliner auf richtig großen Festivals aufzutreten, obwohl ihr das Zeug dazu hättet. Seid ihr dafür noch zu unbekannt?
Andreas: Absolut. Es kommt in erster Linie auf das Renommee einer Band an. Jeder Veranstalter muss halt schauen, das er die Hütte voll bekommt und so ist nun mal die Gesetzmäßigkeit, dass bei weltbekannten Bands die Schleyerhalle voll wird. Aber man muss natürlich auch sagen, dass Bands wie Iron Maiden nicht nur außergewöhnliches Talent besitzen, wovon wir grad mal träumen können, dazu noch zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren und auch seit 30 Jahren ausschließlich für die Musik leben. Wenn man sich anschaut, wie viel die unterwegs waren, und wie die in den Anfangstagen gelebt haben ( Fünf Pfund für'n Auftritt in nem Londoner Pub) dann nötigt einem das gehörigen Respekt ab. Für uns ist Musik eher ein schönes Hobby und das soll es bleiben. Auf den einen Superstar kommen nämlich 1000 andere, die auch Beruf, Familie und Gesundheit geopfert haben, um als Profimusiker an die Spitze zu kommen und heute als Sessionmusiker den Affen machen müssen um sich über Wasser zu halten. Das wars dann, Pustekuchen mit Stardasein und kreativer Selbstverwirklichung. Wir machen lieber die Mucke, die uns gefällt und wenn wir damit in Frankenthal bleiben, ist das auch nicht das Schlechteste. London, Madrid, New York, das klingt alles ganz toll, aber versuch da mal, eine ordentliche Rieslingschorle und Leberknödel zu finden, oder Dampfnudeln. Dehääm is doch am schenschde.
RockTimes: Wie kommt es, dass ihr ausgerechnet in Griechenland eine große und treue Fangemeinde habt? Ist das für eine deutsche Heavy-Formation nicht ungewöhnlich?
Andreas: Absolut, hat uns auch überrascht. Das ging irgendwie damals mit der "Weaveworld" los, die fiel Greg von Eat Metal Records in die Hände, einem Bud Spencer-Double aus Athen und unser Büchsenspanner ist mal mit dem durch Süddeutschland gefahren und hat ihm ein paar Plattenläden gezeigt, wo noch Restbestände an alten Metal-Vinylscheiben im Keller lagerten. Die blieben danach im Kontakt und Greg hat Unmengen unserer CDs da unten verkauft und da gings dann richtig rund. Da kommste als kleine Pälzer Popelband nach Athen, spielst direkt vor Jag Panzer, gegen die fast jede Band wie blutige Anfänger aussieht und trotzdem stehen da die Leute press vor der Bühne und singen andächtig sämtliche Songs mit. Absoluter Wahnsinn! Ist ne schöne Erinnerung, aber der Alltag hat uns schnell wieder eingeholt.
RockTimes: Mit welcher Band würdet ihr gerne gemeinsam ein Festival bestreiten?
Andreas: Für ein Festival brauchen wir schon mindestens 10 und das wär auch lustiger. Manowar, Iron Maiden, Judas Priest, Rammstein, Metallica, Slayer, Gamma Ray für unseren Kofferträger, damit der sich auch freut, Exhorder für Tom, Rodgau Monotones und Metal Loaf. Und wir als Headliner! Nee, war nur Quatsch, aber das wär schon lustig, weil wir da alle unsere Lieblingsbands am Start haben und Axel kriegt zwei Wildcards, weil er sich wahrscheinlich nicht entscheiden kann. Im Moment wären wir schon froh, dieses Jahr überhaupt mal auf ein Festival zu kommen, aber es klappt einfach nicht so richtig. Sieht trübe aus für 2008.
RockTimes: Wie sieht denn die Planung für 2008 aus?
Habt ihr schon ein paar Konzerttermine fixiert?
Andreas: Ja, am 3.5. spielen wir mit Ivory Night und Viron zusammen in Kusel im Be-Inside, das wird sicher ne feine Sache, im November ist ne große Metal Party im Saarland bestätigt und weitere Kneipengigs sind in Planung, aber die richtigen Kracher wie Support für Grave Digger letztes Jahr sind leider noch nicht in Sicht.
RockTimes: Auch wenn "Sounds Of Sirens" noch recht frisch ist, denkt ihr bereits über den nächsten Studioaufenthalt nach?
Andreas: Jup, wird auch definitiv kommen und zwar für einen Warlock-Tribute-Sampler. Da nehmen wir einen Song auf. Haben wir bislang noch nie gemacht, auch mit Covers sind wir sehr zurückhaltend, aber darauf haben wir jetzt richtig Bock. Außerdem ist ein Tribute to Warlock, bei dem Doro selber nen Song beisteuert, einfach ne Bombenidee. Da sind wir mit dabei (lacht).
RockTimes: Gibt es irgendetwas, was ihr an dieser Stelle noch euren Fans mitteilen wollt?
Andreas: Eigentlich haben wir Dir hier alles gesagt, oder haben wir noch nen Fan? Spaß beiseite, ein ganz dickes Dankeschön an alle, die uns mögen. Wir mögen euch auch !
RockTimes: Vielen Dank für eure Antworten und weiterhin viel Erfolg. Wir sind gespannt, was wir in Zukunft von euch berichten können.
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