The Brew / 26.04.2012 Music Hall, Worpswede
Music Hall
The Brew
Music Hall, Worpswede
26. April 2012
Konzertbericht
Stil: Rock


Artikel vom 03.05.2012


Olaf 'Olli' Oetken
»Ready is my middle name«

»Oh, war das geil! Das hatte ich echt nicht erwartet!
Das Drumsolo war 10 Minuten zu lang!
Echt? Quatsch, das war irre!
Der Junge an der Gitarre, der war ja klasse!
Boah, war das gut!
Der Hammer!«
Hollow Days Zitate, die der Konzertrezensent beim Rückzug aus den altehrwürdigen Hallen der Musik in Worpswede aufschnappt, bevor er seine spießige Familiengurke beim Getränkemarkt aufgabelt. Knapp 2 ¾ Stunden Netto-Livebeschallung liegen hinter ihm, und die hatten es in sich! Die Enkel der großen britischen Rockinvasion in grauer Vorzeit des vorigen Jahrtausends schlagen erbarmungslos zu, die Saiten werden in Lichtgeschwindigkeit geschlagen, durch fiese Elektronik gejagt, das Wah Wah-Pedal auf Anschlag getreten, der selige
Jimmy Page-Gedächtnisgeigenbogen reaktiviert, die Drumsticks in kaum mehr nachvollziehbarer Frequenz gewirbelt, die Becken mit der Hand verprügelt, Mikrofonständer als Schrubber missbraucht und nicht zuletzt Opa Townshend als Stilikone und Posen-Gigant gehuldigt! Diese Aufzählung raubt einem fast den Atem, genau wie das Konzert von The Brew aus der nordostenglischen Hafenstadt Grimsby.
Hollow Days Aber der Reihe nach, denn der Patron dieser ganzen Erscheinung, Mr. Tim Smith, hat nicht nur einen trommelnden Sohn in seiner Band, sondern auch einen Bass spielenden und singenden jüngsten Sprössling namens Conner zu bieten, der sich bei Hollow Days seine Meriten verdient und passenderweise zur Zeit die The Brew-Konzertreihe supportet.
Somit heizen uns an diesem Abend drei britische Jungspunde ein, die eigentlich noch zur Schule gehen müssten, stattdessen aber das Erbe der Who auf die Bretter knallen, wenn auch der Coversong von den Doors ist. Feine Sache, die Jungs beweisen Humor und kommen beim bunt gemischten Publikum zwischen 10-jährigem Nachwuchsrocker in Papa-Begleitung bis zum ergrauten und faltigen British Invasion-Zeitzeugen dufte an.
Hollow Days
Nach der obligatorischen Umbaupause legt dann das Britgebräu an der Nahtstelle von Tradition und Moderne mit Urgewalt los, nicht ohne den Verzicht auf eine wirkungsvolle Zeremonie aus dem Off. Das verfehlt nicht seine Wirkung, und das Publikum ist von der ersten Sekunde an auf 180. Und das wiederum verfehlt seine Wirkung nicht bei The Brew der Band. Wer britischen Humor liebt und herzhaften Rockklängen mit psychedelischer Bluesgrundierung nicht abgeneigt ist, liegt hier genau richtig.
Nachwuchsgitarrenheld Jason Barwick flitzt über die Saiten, dass keine Fotokamera der Welt nachkommt, vom Gehör oder Luftgitarristen ganz zu schweigen. Schlagwerker Kurtis Smith treibt mit der Athletik eines Spitzensportlers voran, aber statt Muskeln mit ganz viel Raffinesse, enthusiastischer Power und, da ist es wieder, Humor. Und Daddy Tim Smith hält den Laden solide zusammen, nippt am Weizen und lässt den, Achtung, Humorbriten raushängen. Herrlich, selten so gelacht bei einem Konzert, dabei kann der Rezensent gar kein Englisch, die Schulzeit ist schließlich fast (!) so lange her wie die britische Beat- und Rockinvasion.
Es hämmern aber auch Bretzelriffs aus der PA, die sich mit Flitzefingerläufen und lustigen Verzerrungen derart die Bälle zuwerfen, dass selbst ein Hurricane-/Southsidepublikum Blut lecken sollte. Und als Sahneklecks obendrauf The Brew erleben wir endlich den legitimen Nachfolger des unerreichten und einmaligen Könners und Spaßvogels Keith Moon.
Normalerweise gibt es heutzutage keine Drumsolos mehr, und wenn, flüchten alle auf die Toilette, aber hier und heute ist das Drumsolo einsamer Höhepunkt der Show! Geschwindigkeit, Synchronität der Hände, Power, Rhythmuswechsel, Intensität, Raffinesse, Punktgenauigkeit, der Rezensent hat keine Ahnung, da er niemals selber Schlagzeug gespielt hat, aber dieser junge Spaßvogel mit den wirbelnden Händen ist der eigentliche, vielleicht heimliche Star der Truppe, da sitzt jede Geste, da spielt die Mimik, da wird der ganze Körper eingesetzt und getrommelt wird quasi nebenbei, aber auf gefühltem Weltklasseniveau. Halt wie beim seligen Keith Moon.
Und wenn mal der Einsatz zum nächsten Song hakt, dann kommt auf stichelnde Bemerkungen seiner Bandkollegen eine knochentrockene Replik: »Ready is my middle name! «

Mein Dank gilt der Music Hall Worpswede e.V. für die reibungslose Akkreditierung.
The Brew  
The Brew   The Brew   The Brew   The Brew
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