Über die Karriere von Buddy Guy muss man hier niemandem mehr etwas erzählen. Nur so viel: Der hochdekorierte Blueser wurde 1985 in die Blues Hall Of Fame und 2005 in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen.
Der mittlerweile Vierundsiebzigjährige zeigt sich auf seinem neuesten Werk mit dem aussagekräftigen Titel "Living Proof" äußerst frisch und er spielt mit seiner formidablen Band auf dem Gipfel des hohen Blues-Berges. Seine Plattenveröffentlichungen füllen einen gefühlten Meter im Regal und er hat schon mit allen anderen Größen des 12-Takters zusammengespielt. Unter anderem auch mit Klaus Doldingers Gruppe Passport. Die Band steht nun nicht unbedingt im Zeichen des Blues.
Für vorliegendes Album sind Begriffe wie Energie, Feeling, Spannung oder Leidenschaftlichkeit keine Übertreibungen. Was hier in den knapp fünfundfünfzig Minuten abgeht, ist zum Teil wohltemperierte oder rohe Power. Buddy Guy kann man ohne Probleme als Chicago Blues-Nachfolger von Muddy Waters ansehen. "Living Proof" ist ein Kraftpaket.
Mit Blick auf die Song-Credits taucht sehr wohl Buddy Guy auf, aber den Löwenanteil sahnt der Drummer Tom Hambridge ab. Er hat nicht nur komponiert, sondern auch produziert und der Platte einen ultimativen Sound verpasst. Hambridge ist in der Rock- beziehungsweise Blues-Musik eine Institution und Schlagzeug spielt er hier ebenfalls. An der Gitarre ist der Storyville-Mann David Grissom mit von der Partie. Nicht unbeträchtlich, was er zu bieten hat.
Nur einmal lässt sich der fantastische Tastenmann Reese Wynans von Marty Sammon ablösen. Auch Wynans hat schon mit so vielen Musikern gespielt. Hier eine kleine Auswahl, die alleine unsere RockTimes-Datenbank hergibt: Mark Selby, Van Zant, Mike Zito, Anthony Gomes, Will Hoge, Joe Cocker oder John Mayall.
Mit dem provokanten Statement "74 Years Young" liegt der Protagonist in keiner Weise falsch, denn was in diesem Opener geboten wird, ist die Marschroute für das, was auf der CD noch folgen wird. Nach einer gelungenen akustischen Einleitung und groovigen Songstruktur bricht Guys Gitarre dann ohne Vorwarnung wie eine Eruption aus. Wow, da steigen die Härchen hoch. Die Band macht locker im Rhythmus weiter und so wird das Spiel des Gitarristen noch mächtiger in den Vordergrund gestellt. Ist die furios-harte Saitenzauberei vorbei, macht Wynans am Piano die Runde. Hölle, was für eine CD-Eröffnung.
Selbstverständlich serviert man dem Hörer stampfenden Chicago Blues und Songs, in denen der Funk abgeht. In der Spannweite der Platte findet auch der Rock'n'Roll ein Plätzchen und dann sind da ja obendrein noch zwei namhafte Gäste. "Stay Around A Little Longer" bringt B.B. King auf den Spielplan. Er ist mit seiner 'Lucille' am Start und singt. Die Nummer ist eine Ballade aus dem stilistischen Nirgendwo und einfach fantastisch. Der Gesang wechselt zwischen den beiden Blues-Ikonen und am Ende wird zur Musik schön relaxt geplaudert. Man dankt Gott dafür, dass man noch lebt und gibt kund, bis jetzt ein schönes Leben gehabt zu haben. Hoffentlich noch lange, kann man da nur schreiben.
Carlos Santana versüßt "Where The Blues Begins" nicht nur mit seinem typischen Gitarrenspiel sondern auch durch sein Mitwirken an den Congas. Dieser Track hat feines Latinflair und fällt im Vergleich zu den anderen Nummern vielleicht etwas aus dem Rahmen. Was immer passt, sind die tollen Backing Vocals von Wendy Moten sowie Bekka Bramlett und wenn die Memphis Horns anwesend sind, kann das nur Gutes bedeuten.
In "Living Proof" macht Buddy Guy deutlich, dass man mit Mitte Siebzig noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Sein Gitarrenspiel ist hart, variantenreich, vital, furios, rockig, laut und einfach gigantisch gut. Da bleibt mir am Schluss nur noch eins übrig: Eine mächtig dicke Empfehlung für dieses Album auszusprechen. Das Ding sitzt schon nach dem ersten Hören fest im Sattel und verweilt dort. Das Album ist eine der besten Blues-Veröffentlichungen im Jahr 2010.
Line-up:
Buddy Guy (electric guitars, acoustic guitar, vocals)
David Grissom (guitars)
B.B. King (guitar, vocals - #4)
Carlos Santana (guitar, congas - #7)
Reese Wynans (piano, Fender Rhodes, Hammond B3, clavinet, Wurlitzer)
Marty Sammon (piano - #10)
The Memphis Horns:
Wayne Jackson (trumpet)
Jack Hale (trombone)
Tom McGinley (tenor saxophone)
Michael Rhodes (bass)
Tommy MacDonald (bass - #5,6)
Tom Hambridge (drums, percussion, backing vocals)
Wendy Moten (backing vocals - #6,7,9)
Bekka Bramlett (backing vocals - #6,7,9)
Tracklist |
01:74 Years Young (4:34)
02:Thank Me Someday (5:43)
03:On The Road (4:12)
04:Stay Around A Little Longer [feat. B.B. King] (5:00)
05:Key Don't Fit (5:03)
06:Living Proof (3:45)
07:Where The Blues Begins [feat. Carlos Santana] (4:38)
08:Too Soon (3:26)
09:Everybody's Got To Go (3:58)
10:Let The Door Knob Hit Ya (3:45)
11:Guess What (5:45)
12:Skanky (4:16)
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