Gerade mal zwei Wochen nach dem Release ihres neuen Albums "Full Pull" und acht Monate nach ihrem letzten Deutschland-Abstecher, war das erste, was die Rock'n'Roll-Workaholics von Bullet unternahmen, eine Tournee durch good old Germany. Zusammen mit den schwedischen Retro-Metallern Screamer und den spanischen AC/DC-Klonen '77 tourten sie von Ende September bis Mitte Oktober durch unsere Breitengrade. Am 30. September machten sie in der Frankfurter Batschkapp Halt und Bedenken, dass diese Location eine Nummer zu groß für das Package sein könnte, erübrigten sich bereits bei beiden Vorbands. Mit rund 250-300 Besuchern war der Club ordentlich gefüllt und eine zünftige Sonntagabend-Party geradezu garantiert!
Los ging's mit Screamer, die in rund 35 Minuten acht Songs ihres Debütalbums "Adrenaline Distractions" (erschienen über High Roller) zum Besten gaben. Das Quartett glänzte von Anfang an durch astreinen, sehr rockigen, hochenergischen Retro-Heavy Metal irgendwo zwischen alten Iron Maiden, etwas Proto-Speed Metal und dem ganzen Rest der NWoBHM-Brigade. Einfache, effiziente Songs, mitgrölkompatible Refrains, typisches Old School-Outfit (cooles Rush-Shirt des Gitarristen), ein kraftvoller, meist in höheren Gefilden singender Frontmann und glaubwürdige Hingabe machten aus Screamer einen mehr als würdigen Opener, der die Stimmung gleich zu Beginn stark anheizte. Ein Act, von dem wir in Zukunft sicherlich noch einiges zu erwarten haben!
Weiter ging's mit '77, welche die These 'Besser gut geklaut, als schlecht erfunden!' in allerlei Hinsicht bestätigten. Denn in diesen ca. 40-45 Minuten wurde dermaßen offensichtlich der 70er-Ära von AC/DC Tribut gezollt, dass man zweimal hinschauen musste, um nicht zu vermuten, man sei tatsächlich im Jahre 1977 gelandet. Ihr Leadgitarrist LG springt ebenso hyperaktiv wie ein junger Angus Young über Bühne und durch das Publikum, die Songs rocken und rollen ausnahmslos und Sänger/Rhythmusklampfer Armand sieht mit Gitarre einerseits aus wie Malcolm und singt andererseits wie ein Mister Scott in seinen späten Zwanzigern. Das Publikum fraß ihnen an diesem Abend förmlich aus der Hand. Reinen AC/DC-Kutten nach zu urteilen, kamen manche Leute sogar hauptsächlich, um diese jungen Wilden zu sehen. '77 sind Rock'n'Roller durch und durch und könnten in Zukunft, wenn sich der Erfolg noch ausbaut, eine ernsthafte Konkurrenz für ihre australischen Kollegen Airbourne werden.
Eine der wenigen neuen Heavy Metal/Hard Rock-Bands, die man sich ohne Abnutzungserscheinungen wirklich jedes Wochenende zu Gemüte führen könnte, sind eindeutig Bullet. Stolze fünf Mal in drei Jahren habe ich diese Band nun live gesehen und es werden wahrscheinlich noch einige Male mehr werden. Das hat die Frankfurt-Show wieder einmal bewiesen: Es ist einfach unglaublich, mit welchem Herzblut und Spaß diese fünf Schweden jedes Mal dem Publikum einheizen. Sie werden von Tag zu Tag berühmter, sind mittlerweile sogar schon beim Branchenriesen Nuclear Blast unter Vertrag, wirken aber noch so hungrig und fannah wie zu Beginn ihrer Laufbahn. Gleich mit drei neuen Songs ("Midnight Oil", "Rush Hour" & "Full Pull") stiegen sie in ihre ca. 80-minütige Show ein, anschließend folgte ein bunter Mix der drei vorherigen Alben, der lediglich von "Rolling Home" unterbrochen wurde. Meine Vermutung, dass hierbei der Stimmungspegel ein wenig sinken könnte, weil die neueren Fans lediglich mit der aktuellen Scheibe vertraut sein könnten, war völlig unberechtigt. Gerade bei Tracks wie "Turn It Up Loud", Highway Pirates und "Stay Wild" ragten etliche Fäuste und Pommesgabeln in die Luft und es wurde munter losgebangt und Luftgitarre gezockt. Spielerisch gab es absolut keine hörbaren Aussetzer und ihr leicht übergewichtiger Frontmann Hell Hofer brüllte und schrie sich mal wieder in völlige Ekstase. Als Zugabe gab es mit "All Fired Up" noch einen aktuellen Song, der live - wie eigentlich jede Bullet-Granate - perfekt funktionierte! Nun, warum steigert sich der Erfolg von dieser Band so konstant? Ganz einfach: weil sie gottverdammt echten und ehrlichen Rock'n'Roll spielen, nach dem man noch in 50.000 Jahren verlangen wird!
Ein sehr spaßiger Abend, der wieder einmal zeigte, dass die alte Schule des Hard Rock und Heavy Metal noch lange ein fester Bestandteil der Musikkultur bleiben wird und es wirklich keine Peinlichkeit ist, mit unter vierzig Jahren auf dem Buckel in 'Denim & Leather' herumzulaufen!
Vielen Dank an Anna von der Batschkapp für die unbürokratische Akkreditierung!
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