The Bullfight / Stranger Than The Night
Stranger Than The Night Spielzeit: 40:52
Medium: CD
Label: Tocado Records, 2010
Stil: Independent, Pop, Rock

Review vom 28.05.2010


Markus Kerren
Eine Band aus den Niederlanden hatte ich zuletzt mit De Wolff in der heimischen Anlage. Diesen drei Teenagern, die erstaunlich starken und herzerfrischenden Classic Rock auf dem Stundenplan haben, folgt nun The Bullfight aus Rotterdam. Musikalisch ist dieses Quintett allerdings überhaupt nicht mit den Youngstern vergleichbar. Aber der Reihe nach: Allzu viel gibt es über die Entstehungsgeschichte dieser Truppe nicht zu erfahren. Im Jahr 2006 wurde das Debüt "One Was A Snake" veröffentlicht und räumte vor allem in der Heimat kräftig ab. Mit dem Rückenwind der dortigen Medien (die Scheibe wurde in Magazinen mehrfach als 'Bestes holländisches Album des Jahres' bezeichnet) folgten ausgiebige Tourneen und schließlich baute sich die Band für die Aufnahmen des hier vorliegenden Nachfolgers ihr eigenes Studio.
"Stranger Than The Night" heißt das neue Werk und 'strange' ist es indeed. Von der Band selbst wird ihr Stil als Pop Noir bezeichnet, was der geneigte Hörer am ehesten mit dieser Musik intuitiv assoziiert, sind die frühen Alben von Nick Cave. So wie der Neuseeländer Cave bringt auch Nick Verhoeven seine Texte eher in einer erzählerischen, als gesungenen Art. Dazu kommt die Düsternis der Musik und Texte, die kein Blatt vor den Mund nehmen, während sie von ausgefallenen Sex-Spielen, Gewalt und Tod erzählen. Und wenn es auch nicht immer offensichtlich ist, so ist unterschwellig grundsätzlich etwas Beunruhigendes, Bedrohliches im Sound und den Arrangements dieser zehn Tracks beinhaltet.
Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass es die Holländer dennoch geschafft haben, ein sehr interessantes Album zusammenzustellen. Die Instrumentierung ist eher sparsam gehalten, wird bei knapp der Hälfte der Tracks auch von einer sehr schönen Hammond unterstützt. Geradezu stampfend geht es in Teilen von "Desmond & Julia" zur Sache und auch vom Aufbau her wird durch das sich steigernde Tempo jede Menge Spannung aufgebaut. Geradezu träumerisch und an die Südsee erinnernd beginnt "Waiting For Anthony", bevor der eher nüchterne Sprechgesang von Verhoeven einsetzt. Hier gesanglich übrigens klasse von Linda Kreuzen unterstützt. Die Sängerin verleiht dem Song dann noch mal eine ganz neue Klangfarbe, die der Nummer absolut zu Gute kommt.
Auch mit Effekten wie z.B. dem sich ständig wiederholenden Geräusch von auf den Boden geworfenen Münzen ("Dance With Me, Damn It") wird sehr gut gearbeitet. Ein treibender Shuffle von Drummer Andre van den Hoek zieht sich durch das textlich ziemlich abgefahrene "Nathalie, Strangle Me". Hier ist auch Linda Kreuzen zum zweiten Mal zu Gast und veredelt den Refrain. Wären die Lyrics hier nicht zu eindeutig, dann wäre das Stück sicherlich die (Radio-) Single-Auskopplung gewesen. Und irgendwie haben diese Titel auch etwas Jazziges an sich, wenn dies auch nicht auf einem goldenen Teller präsentiert wird.
Nein, auf den ersten Eindruck ist "Stranger Than The Night" nicht wirklich eingängig. Aber es gibt hier sehr viel zu entdecken und dazu braucht man auch nicht sehr viele Durchläufe, bis man nach und nach Freundschaft mit den einzelnen Tracks schließt. Denn was alle zehn Nummern trotz der verströmten Atmosphäre und den manchmal ungewöhnlichen Arrangements gemeinsam haben, ist, dass sie letztendlich sehr melodiös sind. Wer also geneigt ist etwas Zeit zu investieren und dazu ein Faible für avantgardistisch angehauchte Musik und/oder den bereits erwähnten Nick Cave hat, der kann durchaus belohnt werden.
Als Anspieltipps möchte ich "Waiting For Anthony", "Nathalie, Strangle Me", "The Ballad Of Martin Van Dongen" und die etwas morbide Ballade "Wild Flowers" ins Spiel bringen. Wer das erste Album der Holländer kennt und mag, der wird auch von dem zweiten Werk nicht enttäuscht werden. Ansonsten für jeden zum Antesten geeignet, der seinen Alternative Pop mal etwas anders und ausgefallener mag.
Line-up
Nick Verhoeven (lead vocals)
Thomas van der Vliet (guitars, piano, organ)
Jeroen Gahrmann (bass)
Andre van den Hoek (drums & percussion)
Esther Vroegihdeweij (violin)

Mit:
Linda Kreuzen (vocals - #3,5)
Roald van Os (viola - #5,10)
Bas-Jan Nieuwenhuizen (Hammond - #5,6,7,10)
Tracklist
01:Bamboo Knife Woman
02:Desmond & Julia
03:Waiting For Anthony
04:Dance With Me, Damn It
05:Nathalie, Strangle Me
06:The Ballad Of Martin Van Dongen
07:Martin's Room
08:The Gospel Of Ramshackle's Girl
09:Wild Flowers
10:Bamboo Knife Children
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