Schon wieder ein Album, das nach seiner Veröffentlichung unfreiwillig zu einem Vermächtnis geworden ist. Nur ein paar Monate nach den hier zu hörenden Konzertmitschnitten verstarb Carey Bell am 6. Mai 2007. Somit dürften diese Aufnahmen zu den letzten gehören, die von diesem großen Mundharmonika-Spieler aufgezeichnet wurden.
Carey Bell startete in den Sixtees so richtig durch und absolvierte diverse Tourneen quer durch Europa, nachdem er sein erstes Album "Blues Harp" eingespielt hatte. Danach war er Mitglied in den Bands von Muddy Waters und Willie Dixon.
Nach dem Ende dieser 'Lehrzeit' machte er sich selbständig und veröffentlichte zahlreiche Alben für die Label Bluesway und Alligator. Mit zunehmendem Alter spielte Carey Bell, der stark von Little Walter Jacobs und Big Walter Horton beeinflusst wurde, die ihm auch das Spiel auf der Harp beibrachten, immer öfter mit seinem Sohn Lurrie zusammen.
Lurrie Bell, dessen großes Vorbild Buddy Guy ist, gilt als einer der besten Gitarristen in der aktuellen Chicago Blues-Szene. In der Band von Koko Taylor verdiente er sich seine ersten Sporen. Dabei erwies er sich auch als hervorragender Sänger. Doch immer wieder hinderten ihn persönliche Probleme an der ganz großen Karriere.
Im Zusammenspiel von Vater und Sohn lag die große Stärke der Bells. Das zeigt auch diese CD, auf der drei verschiedene Auftritte zusammengefasst sind. Während die ersten beiden Konzerte in Rosa's Lounge (am 27.07.2006) und in Buddy Guy's Legends (21.10.2006) mit kompletter Band eingespielt wurden, war der dritte Gig eine Art Privat-Auftritt im Haus von Lurrie Bell, bei dem auch nur Vater und Sohn zu hören sind.
Anscheinend hatte das Konzert im Rosa's die Beiden sehr inspiriert, denn die Home-Session entstand nur einen Tag nach diesem Gig. Und dieser Auftritt vor der eigenen Familie jagt mir einen wohligen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Diese Harp geht so richtig unter die Haut. Zusammen mit der unwahrscheinlich ausdrucksstarken Stimme von Carey, lässt sie die Hörer tief ins Delta hinuntersteigen. Das nenne ich mal Hausmusik, wie sogar ich sie mir vorstellen könnte. Lurries Gitarre und das rhythmische Footstomping tun ein Übriges dazu und machen glaubhaft, dass die Zwei den Blues wirklich leben und lieben. Diese vier Songs sind ein sehr bewegender und stimmungsvoller Ausklang der CD.
Zuvor geht es mit wesentlich mehr Dampf zur Sache. In kompletter Besetzung regieren die eingestöpselten Gitarren. Zusammen mit einer sehr komplexen Rhythmusgruppe gibt es groovenden Blues der feinsten Sorte mit sehr intensiver Harmonika-Begleitung des 70-jährigen Carey Bell. Sohnemann Lurrie und sein Partner Scott Cable an den sechs Saiten tun ein Übriges für einen mitreißenden Sound. Sie können es also auch elektrisch. Zudem haben die Songs mit teilweise über sieben Minuten auch eine gesunde Länge, die viel Freiraum zum Improvisieren lässt. Dabei stechen besonders die Eigenkomposition "Gettin' Up" und der Little Walter Song "Last Night" hervor.
Da die komplette CD hervorragend abgemischt ist und so einen richtig fetten Sound aufweist, gehört dieses Album zu den Kostbarkeiten des Chicago Blues. So long, Carey Bell, mit "Gettin' Up Live" hast Du Dich noch ein Stück unsterblicher gemacht!
Line-up:
Carey Bell (vocals, harmonica)
Lurrie Bell (vocals - #3, #12, guitar
Roosevelt Purifoy (piano - #1-8)
Bob Stroger (bass - #1-4)
Joe Thomas (bass - #5-8)
Brian "BJ" Jones (drums - #1-4)
Kenny Smith (drums - #5-8)
Scott Cable (guitar - #3, 5-8)
Tracklist |
01:What My Mama Told Me (5:14)
02:Getting' Up (7:13)
03:Baby Please Don't Go (3:34)
04:Bell's Back (4:01)
05:One Day (5:44)
06:Leaving In The Morning (2:53)
07:Last Night (7:47)
08:Low Down Dirty Shame (5:12)
09:Broke And Hungry (6:41)
10:When I Get Drunk (4:51)
11:Short Dress Woman (5:16)
12:Stand By Me (2:44)
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