Bevor die CD in den Player wanderte, war die Skepsis recht groß: Nein, nicht schon wieder "These Boots Are Made For Walkin'"!
Dieser Track wurde sofort angesteuert und bereits nach den ersten Tönen war alle Skepsis verflogen. Was Clare Burson aus diesem Klassiker macht, ist umwerfend.
Sie verzaubert den Lee Hazelwood-Song in eine derart melancholischen Version, die mir bisher so noch nicht an die Ohren gekommen ist und setzt eine neue Marke der Interpretation.
Die Musikerin hat beim Rezensenten mit nur einem Song innerhalb von etwas mehr als drei Minuten ein überdimensionales Scheunentor aufgestoßen.
Clare Burson stellt mit "Thieves" ihr drittes Album vor. "The In-Between" (2003) und 2005 "Idaho", eine Platte mit fünf Songs, waren die ersten beiden CDs von ihr.
Zunächst spielte sie klassische Violine und dann Fiddle. Sie tummelte sich im Bluegrass, Irish Folk und Klezmer bis sie sich später autodidaktisch der Gitarre widmete und damit begann, Songs zu schreiben.
Hört man diese auf der verliegenden CD, dann kommt man recht schnell zu dem Schluss, dass die Künstlerin ein riesiges Talent fürs Songwriting hat. Bei der Qualität dieser fast durchweg melancholischen Lieder kann das nicht gelernt sein.
Mit dem Pedal Steel-Spieler Fognote hat sie einen kongenialen Partner an ihrer Seite.
Der nächste Song, an dem ich ständig kleben bleibe ist "Angels".
Burson spielt eine dezente Indie-Gitarre und ihre Stimme strahlt Wärme, Traurigkeit und gleichzeitig Sympathie aus. Ähnlich zurückhaltend agieren die Drummerin Kristin Mueller und der Bassist Travis Vance. Dann kommt Fognote an der Pedal Steel dazu. Man spürt förmlich die atmosphärische unendliche Weite der Nummer und schließlich serviert Dennis Cronin mit dem Vibraphonette den Klecks Sahne auf dem Stück. Der Kontrast zur verzerrten Gitarre, die manchmal nur einen nicht enden wollenden Ton hervor bringt, kann nicht besser arrangiert werden. Ein weiters Highlight und "Edge Of Town" wird gleich mit einbezogen.
Burson gelingt es mit unglaublicher Leichtigkeit, Stimmungen zu vermitteln, denen man sich nicht entziehen kann. Was hier um die Strom-Gitarre herum gestaltet wird, ist atemberaubend. Der letzte Track des Albums ist nicht nur weg Dennis Cronin ein weiterer Hinhörer. Die Musik bringt seidene Vorhänge, so wie durch einen Hauch von Luft, ganz leicht in Bewegung. James Digirolamo scheint die Tasten des Piano mit Samthandschuhen zu bedienen.
Die bereits mit einigen Preisen dekorierte Künstlerin, die auch ein Jahr in Deutschland weilte, hat allerdings noch mehr zu bieten.
Z.B. den Titelsong "Thieves". Digirolamo hat sich das Akkordeon gegriffen und unterlegt den Track mit wunderschönen Gypsy-Klängen.
"Always Be" ist, neben "These Boots Are Made For Walkin'", ein weiterer solistischer Beitrag der Burson. Hier fesselt sie den Hörer durch die Viola an die Lautsprecher.
Erschreckend schön ist "Love Is Snow", in dem die Melancholie Flügel bekommt, die einen in ein ungeahntes Meer von Emotionen fallen lässt. Burson ist eine Ausnahmesängerin, absolut sattelfest und sie erreicht auch ohne Probleme die höheren Tonlagen. Himmel noch eins, kann die singen! Eine expressive Sängerin! Mittendrin ziehen die Musiker dann auch einmal die Zügel an… es wird etwas lauter und kräftiger in Ton.
Bestes Americana/Roots-Theater ist "1000 Miles", eine echte Up-Tempo-Nummer mit ganz viel Rock-Flair.
"Thieves" ist ein Album mit vielen Drehungen und Wendungen. Clare Burson lebt mit und durch ihre Musik. Die neun Songs sind echte Nuggets, worüber sich jeder Goldgräber, spricht Hörer, freuen wird.
Auch wenn Fognote und die Protagonistin persönlich für Programming und Loops zuständig sind, fällt das nicht weiter in die Waagschale der Bewertung. Diese Dinge sind unspektakulär, mit sensiblen Händen, in den Gesamtsound eingeflochten.
"Thieves" ist ein bemerkenswertes Album. Fognote scheint emotional auf der gleichen Frequenz zu ticken, wie Clare Burson, denn der aus Nashville stammende Produzent hat bei den Aufnahmen ein goldenes Händchen gehabt. Das "Thieves"-Sound-Kostüm ist ebenfalls perfekt.
Mit einem 'mal-eben-so-reinhören' wird man dem Album nicht gerecht. Im Player befindet sich ein Gesamtkunstwerk.
Einziger Kritikpunkt: Die mit 32 Minuten etwas kurze Spielzeit. Allerdings ist die dritte Platte der Musikerin ein derart signifikantes Album, sodass man mit der Knappheit leben kann.
Alle Fans der Abteilung Singer/Songwriter, Roots usw. machen sich bitte ein Bookmark, denn Clare Bursons "Thieves" wird auch noch in einigen Jahren Gültigkeit haben.
Nach dieser Lobhudelei erklären sich 9 von 10 RockTimes-Uhren von alleine.
Line-up:
Clare Burson (vocals, electric guitar, acoustic guitar, loops, viola, banjo)
Kristin Mueller (drums)
Travis Vance (syth bass, bass)
Dennis Cronin (trumpet, vibraphonette)
Joe McMahan (electric guitar)
Fognode (pedal steel, processing, loops)
John Leccesse (bass - #2, 6, 9)
James Digirolamo (piano, accordian)
Peter Bradley Adams (backing vocals - #8)
Maggie Siskind (tambourine - #8)
Tracklist |
01:Boat Of Leaves (3:59)
02:Thieves (3:12)
03:Always Be (3:40)
04:Love Is Snow (3:44)
05:Angels (3:57)
06:Let Me Lose Me (3:40)
07:These Boots Are Made For Walkin' (3:13)
08:1000 Miles (3:12)
09:Edge Of Town (3:35)
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