Auf dieser Tour durch Europa beehrte uns der ex- Georgia Satellites Frontmann Dan Baird nur ein einziges Mal in Deutschen Landen. Und dann auch noch in Isernhagen. Da hat sich der gute Henry mal wieder selbst übertroffen. Aber das kennt man ja inzwischen. Die Bluesgarage ist eben etwas ganz Besonderes in Sachen Rock und Blues! Und das wissen auch die Musiker.
Also gab es keine andere Wahl für die Rocktimes-Fraktion, Abteilung Süd Niedersachsen, als die ansonsten bevorzugten Blues- und Boogieklänge einmal außen vor zu lassen und sich dem Rock'n'Roll mit eingebauter Stimmungsgarantie zu widmen. Beeinflusst durch das Review der letzten Live-CD Feels So Good vom Kollegen Mike, fiel uns diese Entscheidung auch nicht sonderlich schwer, besonders als wir dann auch noch mitkriegten, dass Ken McMahan mit dabei sein würde, der bei uns einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt.
Als Special Guest waren die Crashers angesagt. Sozusagen das zweite Standbein von Drummer Mauro Magellan und dadurch eng mit Dan Baird verbunden, der auch ihr erstes Album "Love School" produzierte. Wie sich schnell herausstellen sollte, war es eine sehr gute Wahl, diese Band einheizen zu lassen. Sie waren der perfekte Beginn einer langen schweißtreibenden Nacht.
Die Zeiger des Weckers näherten sich der 20.00 Uhr Marke, dem angekündigten Konzertbeginn - und es war nichts los in der Bluesgarage. Anscheinend waren die neuen Anfangszeiten, die seit September Gültigkeit haben, noch nicht bei allen Gästen angekommen. Erst etwa eine Stunde später verschwanden die Lücken in den Zuschauerreihen. Es füllte sich jetzt doch zusehends. Erstaunlich, wie viele Hardcore-Fans der gute Dan so vom Sofa holt. An jeder Ecke sah man Dan Baird Tour-Shirts aufleuchten. Da trudelten Leute aus Bremen ein, und sogar Berlin und Cottbus waren mit Rockjüngern vertreten. Hut ab vor so viel Musikbegeisterung!
Es muss wohl so gegen 21.30 Uhr gewesen sein, als die Crashers mit ihrem einstündigen Set begannen. Anfangs riss mich die Musik nicht unbedingt vom Hocker. Ein Instrumental mit ein paar schönen Gitarrenlicks und ein etwas schmalbrüstiges Orgelspiel schallten mir entgegen. Das war nun wirklich nicht das Gelbe vom Ei. Das Ganze sollte sich aber ganz schnell ändern, als Frontfrau Jennifer Deprez die Bühne betrat. Das war zunächst einmal schon optisch genau das Richtige für den gebeutelten Rocktimes Redakteur.
Spätestens als sie mit ihrem Gesang begann, war ich dann völlig hin und weg. Was für eine Röhre, was für eine Gestik! Gepaart mit einer sehr gelungenen Bühnenshow, wurde auch die Musik besser. Die Keyboards wurden jetzt schwerer und drängender und lieferten sich ein perfektes Wechselspiel mit der Leadgitarre. Dann wieder waren schöne Piano Passagen zu hören. Bassist John Wartenweiler spielte unauffällig, ohne groß aufzufallen, war aber die ideale Ergänzung zu Mauro Magellan, der sich hier schon mal ein bisschen aufwärmte.
Musikalisch boten die Crashers ein recht vielseitiges Set. Rock'n'Roll löste sich mit bluesigen Songs ab. Es gab auch etwas funkiges aus den Boxen, und ruhige Balladen rundeten das Programm ab. All das beherrschte Jennifer Deprez perfekt. Da war kein unnötiges Geschrei zu hören, es sei denn, es war nötig und auch dann absolut gekonnt vorgetragen. So in etwa konnte man sich eine Janis Joplin vor fast vierzig Jahren auf der Bühne vorstellen, zumal auch die Bewegungen eine gewisse Ähnlichkeit mit der Größten aller Rocksängerinnen aufwiesen. Alles in allem lieferten die Crashers eine wirklich starke Vorstellung ab.
Nur ein paar Minuten Pause und schon war der Topact auf der Bühne. Ohne jegliche Ankündigung feuerten Dan Baird And Homemade Sin die ersten Salven ins Publikum. Sofort war Bewegung auf den Brettern, und es begann ein ständiger Standortwechsel der Musiker, der bis zum Schluss des Konzertes nicht enden sollte. Mittelpunkt natürlich Dan Baird mit blauer Schirmmütze, die aber wahrscheinlich schon nach wenigen Minuten völlig durchgeschwitzt war.
Ständig vor und zurück pendelnd legte er eine unglaubliche Energie an den Tag, die sich auch sofort auf das Publikum übertrug. Überall sah man tanzende und wippende Gestalten. Kein Wunder, denn heute gab es nur ein Motto: 'It's only Rock'n'Roll' im wahrsten Sinne des Wortes. Unwiderstehlich zog er seine Bandkollegen mit ins Geschehen ein, jammte mit ihnen im Gleichschritt, ganz im Stile der alten Status Quo zu deren Glanzzeiten, um dann sofort wieder ans Mikro zurückzukehren.
Rechts am Bühnenrand stolzierte
Keith Christopher stolz wie ein Pfau auf und ab, und ließ mit seinem Bassspiel die Luft vibrieren. Ken McMahan gab ebenfalls ein großartiges Bild ab, wenn er zu einem Solo ansetzte. Ich wusste doch, dass er gut ist, der Mann! Also kurz gesagt, Spielfreude pur, gepaart mit großem Können und der passenden Losgehmusik. Die perfekte Mischung. Rock At His Best! Die Bluesgarage brodelte.
Fehlt also nur noch einer, um die Band komplett zu machen. Und dieser Mann war für mich die absolute Sensation. Hatte sich Mauro Magellan gerade erst eine Stunde lang warm gespielt, so gab er es sich jetzt erst richtig. Ich habe bestimmt schon eine Reihe von guten Schlagzeugern gesehen, aber so was ist mir bisher nur ganz selten vor die Augen gekommen. Hier bekommt der Begriff 'Er arbeitet Musik' eine ganz andere Bedeutung. Es ist mir völlig unbegreiflich und einfach nicht zu beschreiben, wie dieser Mann über zwei Stunden auf seine Schießbude einprügelte. Da fällt mir nichts mehr ein, oder höchstens noch "Das Tier" von der Muppet-Show. Und das alles erledigt Mauro mit einer Leichtigkeit. Unfassbar. Ich glaube, ich hätte nach so einem Gig sofort die Rente eingereicht.
Im zweiten Teil des Sets steigerte sich die Band dann noch einmal. Das Spiel wurde etwas differenzierter, was aber auch an der Songauswahl gelegen haben dürfte. Schließlich gab es jetzt u.a. auch die Hymne "Keep Your Hands To Yourself", bei der Mitsingen Pflicht ist. Ansonsten erlebten wir den erwarteten Mix aus eigenen Songs und Coverversionen. Mal ließen die seligen Faces grüßen, mal meinte man, Steve Marriott stünde mit Humble Pie wieder auf der Bühne, und von den Stones brauchen wir gar nicht erst zu reden.
Als letzte Zugabe wurde der
Deep Purple-Klassiker "Hush" verwurstet. Bestimmt schon dutzendfach gecovert, aber in so einer Version sicher noch nicht. Klasse Solo von McMahan, starkes Solo von Christopher an der Gitarre (!), nachdem er mal kurzzeitig seinen Bass mit Dan Baird getauscht hatte. Und weiterhin vermöbelte Mauro Magellan sein Schlagzeug, dass es nur so krachte. Das Ganze endete nach über zwölf Minuten, und die Band hinterließ eine Bluesgarage, die jetzt lichterloh brannte.
Schweißgeruch und Hitze waren die letzten Zeugen eines der energiegeladensten Konzerte der letzten Zeit.
Crashers:
Jennifer Deprez (vocals)
John Wartenweiler (bass)
Mauro Magellan (drums)
Gary Hendrickson (guitar)
Jimmy Voegeli (keyboards)
Dan Baird & Homemade Sin:
Dan Baird (vocals, guitar)
Keith Christopher (bass, vocals)
Mauro Magellan (drums)
Ken McMahan (guitar, vocals)
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