Das monatelange Warten hatte nun ein Ende. Die Frustration über den gecancelten Juli-Gig war vergessen.
Endlich fand wieder eine Dan-Baird-Schow im Spirit of '66 in Verviers/Belgien statt. Wer diesen Club noch nicht kennt, sollte sich mal dort eine Show ansehen. Bombensound, Bombenstimmung und vor allem Bombenacts sind garantiert. Dazu kommt, dass durch die Mehrsprachlichkeit des Besitzers Francis Geron, jederzeit heimische Atmosphäre herrscht, ob man nun Belgier, Deutscher, Engländer oder Holländer ist.
Der Wochentag, an dem die Band im Spirit of 66 halt machte, löste doch ein wenig Skepsis aus. Kann an einem Montagabend eine Rock 'n' Roll - Show ein Erfolg werden? Kommen an diesem unglücklichsten aller Wochentage genug Leute?
Wie hatte die Band die ca. 800 KM lange Reise von Lauchhammer in der Lausitz bis ins belgische Verviers verkraftet?
Allen Skeptikern sei gesagt: Montag Abend funktioniert und was sind schon 800 Klicks im Leben eines Rock 'n' Rollers?
Das Spirit of '66 ist, wie oben angedeutet, einer der führenden Rockclubs in der Euregio. Er ist professionell geführt und dadurch auf tourtypische Eventualitäten vorbeireitet. Der Bandbus von Dan Baird war aufgrund technischer Probleme am Samstag zuvor in Berlin gestrandet - samt Backline. Aber dem Rock sei Dank konnte das Spirit aushelfen. So stand einer gelungenen Party nichts mehr im Weg. Auch kein Support, der zwar sonst immer gerne gesehen wird, dessen Wegbleiben an einem Monatagabend aber auch mal wohlwollend zur Kenntnis genommen wird.
Es versammelten sich rund 150 Fans im Spirit und gegen 20:50 legte "The Heart of the Georgiea Satellits" los. "Don't Open That Door" war die rechte Eröffnung der Show und ließ die Absichten der Band für den heutigen Abend erkennen: Sie wollten trotz aller logistischen Probleme auf der Tour - der kaputte Bandbus war nur eines davon - ein Feuerwerk abbrennen. Und die Zündschnuren glimmten aufwärts bei "I Dunno", L 'il Bit", sowie "Night Of Mysterie", bei dem traditionell eine Passage von Marc Bolans "Get it On" eingeschoben wurde. Die erste Rakete stieg bei "Julie And Lucky" in den Himmel und explodierte bei "I Love You Period".
Die Zuschauer nahmen die Partyofferte der Band dankbar an und rangen Dan Baird schon zu diesem Zeitpunkt durch einen vorwitzigen Zuruf den GS-Klassiker "Keep Your Hands To Yourself" ab. Dieser Böller war ein voller Erfolg. Dan Baird's augenzwinkender Kommentar dazu: "Thanks, I didn't play it for 20 years".
Nach dem Knaller "Picture On The Wall" gönnte Dan Baird sich und dem Publikum eine kleine Verschnaufpause. Die traditionelle Blues-Nummer "Running And Hiding" war, um im Bild zu bleiben, nicht mehr als eine Wunderkerze. Aber die nächste farbenprächtige Kaskade ließ nicht lange auf sich warten: "All Over But The Cryin'" wurde in gewohnter Manier gezündet . Wie schon angedeutet erzeugte die " Dan Baird CoverMachine" an diesem Abend reichlich Output: "Daydream Believer" von den Monkees stand ebenso auf der Agenda wie das im Zugabenteil gebrachte "Hush". Hierfür ließ sich die Band 10 Minuten Zeit. Dan und Keith tauschten dabei kurzerhand die Instrumente. Keith Christopher brannte daraufhin ein heißes Gitarrensolo in die mittlerweile rauchige Luft des Clubs. Es hob sich wohltuend ab von den sonst immer gebotenen Hammering-, Picking- und Triolenorgien. Keith fühlte die Töne. Und spielte sie genau so, wie er sie fühlte: aus dem Bauch heraus direkt auf die Zwölf! Auch Ken McMahen und Mauro Magellan
durften ran. Ken zündete "Hellbound Train" von seiner Solo-Scheibe " Ken McMahan & Stumpy Boy". Mauro ließ es bei einem soliden Trommelsolo krachen.
Es folgte Hit auf Hit. Es folgte Kracher auf Kracher und es folgte Rakete auf Rakete. Für den Georgia Satellites -Liebhaber oder dem Dan Baird-Fan blieben wenig Wünsche offen.
Das von Dan nur mit der Telecaster unterstützte "Another Chance" reihte sich in die Setliste ein, ebenso wie "Open all Night", "Railroad Steel", "Sheila" und und und.
Einige der Songs wurden als Medly aggregiert, so dass es wirklich keine Verschnaufpausen mehr gab.
Den Abschluss dieses Sets bildete nach mehr als zwei Stunden Showtime das Neil Young - Cover "Helpless". Dan Baird verabschiedete sich mit dem auf diesen Song bezogenen Statement:" "Ich mache sonst kaum politische Aussagen. Aber wir hatten eine Wahl in Amerika und ich bin Amerikaner. "Helpless" ist jetzt mein Lieblingslied"."
Es war eine heiße Show. Die Band agierte voller Spielfreude und das Spirit of '66 bildet für jede ambitionierte Rockparty den perfekten Rahmen. Solltet ihr die Gelegenheit bekommen, eine Dan Baird-Show sehen zu können: Nutzt sie, um "Rockes Willen", nutzt sie.
Dan Baird - Spirit of '66 - Verviers, Belgien
Ella und Olli "Wahn" Wirtz, 17.11.2004,
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