Hmm… Digger Barnes… irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mir dieser Name schon seit langer Zeit ein Begriff ist. Und das mitnichten aufgrund einer amerikanischen, in den achtziger Jahren über alle Massen erfolgreichen, Seifenoper, sondern durchaus in musikalischer Hinsicht. Aber ich muss da wohl was verwechselt haben, legt dieser Multiinstrumentalist, Komponist und Sänger nach zwei Vinyl-Singles nun mit "Time Has Come" doch 'erst' sein Debüt-Album vor. Der vielseitige Musiker ist in der Hansestadt Hamburg ansässig und hat sein Herz an den Desert Rock und auch Americana, die ja eh verwandt sind, verloren.
Für sein Erstwerk hatte sich Barnes gerade mal seinen alten Weggefährten Friedrich Paravicini (als Produzenten) und eine Handvoll Gast-Musiker zur Seite gestellt, um diese zehn Tracks aufs Band zu bringen. 'Hoppla!…' schlägt das Hirn des Zuhörers direkt beim ersten Track "Everybody Run" Kapriolen, '…der Barnes ist ja ein riesengroßer Tom Waits-Fan!!'. Und der Grund dafür ist, dass man sich Assoziationen zu Waits' Triologie "Frank's Wild Years", speziell was die Atmosphäre und den Sound angeht, kaum entziehen kann. Darüber hinaus schafft Barnes immer wieder ein farbenprächtiges Bild der Weite, einer gewissen Trostlosigkeit und mit seinem erzählerischen, fast emotionslosen Gesangsstil, ein den Zuhörer in seinen Bann ziehendes Ambiente.
Auf "Time Has Come" werden zwar viele unterschiedliche Instrumente eingesetzt, die Songs an sich aber trotzdem sehr spartanisch arrangiert. 'Weniger ist Mehr' lautet hier offensichtlich die Devise, die sowohl ihre Absicht als auch ihr Ziel zugegebenermaßen nicht verfehlt. Automatisch wird man auch an Filme wie etwa "Out Of Rosenheim" oder ältere Jim Jarmusch-Klassiker erinnert, die mit ihren dialogfreien, langen Einstellungen oft lauter schreien, als ein jeder Mensch dazu in der Lage wäre. "Jim" ist zum Beispiel die traurige Geschichte eines Mannes, der irgendwo in der Wildnis (sehr wahrscheinlich an einer Straßenkreuzung) den Teufel trifft, einen Pakt mit ihm schließt und im Verlauf der sich anschließenden Jahre daran zugrunde geht.
Irgendwie haben diese Songs durch die (teilweise) mit Besen gespielten Drums, den Upright Bass und Barnes' so ganz eigener Art zu singen aber auch was Jazz-artiges. Richtig flott und ein absoluter Stimmungs-Aufheller ist dagegen "Waiting For The Snakes", wobei auch dieser Track ein zeitloses Wüsten-Feeling ganz dick hinter den Ohren hat. Ganz stark, was Digger hier an den Gitarren abliefert! Bei dem von der Akustischen bestimmten, ruhigen Instrumental "4 PM" sorgt ein irgendwo da draußen allein gelassener Hund ( Fettie Queen, der für seinen Beitrag auch in den Credits berücksichtigt wurde) mit seinem Gebell für eine zusätzliche Portion Atmosphäre. "Old Brown Shoes" besticht dann wieder ziemlich zackig mit geshuffelten Drums. Eher dem Rock-Groove im Stil eines Neil Young (abzüglich des Gesangs) verfallen, kommt "The River".
Vokalistisch ist Digger Barnes auf seinem ersten Album vor allem mit erzählerischer Bariton-Stimme unterwegs, was ihm einen gewissen Abstand von seinen Geschichten, bzw. deren Protagonisten ermöglicht. Dabei ist es allerdings keinesfalls so, als wenn Digger ohne Feeling agieren würde. Es ist eher so, als würde er sich diese Stories aus der Ferne noch einmal ansehen, um dann mal mehr, mal weniger emotional darüber zu berichten. Tyler Barnes (Verwandtschaft?) trägt ein knappes, aber höchst effektives Piano zu "Slacker Song" bei, einer weiteren melancholischen Geschichte mit offenem Ende, bei der man sich aber nicht des Eindrucks erwehren kann, dass sie nicht gut ausgehen wird. Der Titel-Track ist das zweite Instrumental der Scheibe, der eine weitere traurige, sparsam arrangierte und genauso hochinteressante Story erzählt. Den Abschluss macht "One Trick Pony", eine ironisch/zynische Country-Nummer, die sich letztendlich einmal mehr um Verlust, innere Leere und die große Einsamkeit dreht.
"Time Has Come" mag nicht unbedingt ein Album für jedermann/-frau sein, was es aber nicht davon abhält, sehr interessant, anders und teilweise gar fesselnd zu sein. Was Digger vorzüglich versteht, ist, mit wenigen Mitteln - sprich sehr sparsamen Arrangements - das meist mögliche aus einem Song herauszuholen. Den Freunden der anfänglich erwähnten Tom Waits-Ära sowie des Desert Rocks, die dazu ein gewisses Faible für Country haben, sei "Time Has Come" durchaus ans Herz gelegt.
Line-up:
Digger Barnes (lead vocals, banjo, upright bass, percussion, acoustic guitars, lap steel, harmonium, harmonica)
Tyler Barnes (piano - #2,8, background vocals - #2)
Mosquito Hopkins (electric guitars, Hammond, harmonica, percussion, mellotron, pedal steel, banjo, piano, cello, whistle, background vocals)
Bruce Carrot (drums & percussion, glockenspiel)
Allie Parker (electric guitars & background vocals - #2,4,6)
Martin Schwendemann (drums - #4,6)
Fettie Queen (barks & howls)
Tracklist |
01:Everybody Run
02:Jim
03:Song For A Sleepwalker
04:Waiting For The Snakes
05:4 PM
06:Old Brown Shoes
07:The River
08:Slacker Song
09:Time Has Come
10:One Trick Pony
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