Ich habe letztens irgendwo gelesen, wir Deutschen wären ein Volk, welches Überraschungen gar nicht liebt und eher am Altbewährten festhält. Daher sei es zu erklären, dass Deutschland ein kommerzielles Eldorado für musikalische Altstars ist, die ansonsten auf den relevanten Märkten USA und Großbritannien einen schweren Stand haben. Ob sie nun Phil Collins, Bryan Adams, Chris Rea, Joe Cocker, Tina Turner, Elton John, Eric Clapton, Deep Purple, Whitesnake und, und, und heißen. Ihnen allen ist gemein, dass sie in dieser unseren Republik vor zumeist vollen Häusern auftreten und auch noch beachtliche Plattenverkäufe verzeichnen können. Zumindest letzteres ist ihnen auf den genannten 'klassischen' Musikmärkten USA und Großbritannien kaum mehr vergönnt. Hier regieren inzwischen ganz andere!
Vor diesem Hintergrund darf es nicht verwundern, dass auch Alt- Animal Eric Burdon seinen dritten Frühling bei uns feiern darf, sein neuester Plattenoutput Soul Of A Man die Top 50 der 'Media Control' - Longplaycharts geknackt hat und sich am 18.03. die Massen in und vor der Oldenburger 'Kulturetage' tummelten, jenseits des dort normalerweise dominierenden studentischen Publikums. Rennen sonst immer noch einige Leutchen rum die Karten verticken wollen, so standen jetzt verzweifelte Altrocker vor der Tür und suchten selbige wie die Nadel im Heuhaufen.
Donnerwetter, darauf waren mein Mitstreiter und ich nicht wirklich gefasst gewesen, hätten es aber eigentlich ob der obigen einleitenden Worte besser wissen müssen.
Die Bude war richtig gerammelt voll und der Support Tripdavon, fünf junge Burschen aus Santa Barbara, Kalifornien, musste ohne unsere geneigte Aufmerksamkeit einheizen, denn wir flüchteten zunächst verschreckt in die obere Etage und nippten an einem hart erkämpften Pils. Soviel zum nicht unwitzigen Namen der Vorgruppe (*gg*).
Derart gestärkt begaben wir uns dann unten ins Getümmel, zwei Schritte vorwärts und drei zurück, Wahnsinn. Als ich dann endlich vorne die Bühne erreichte, erspähte ich sogar eine kleine Absperrung. Ganz eindeutig, wir wohnten hier einem Spektakel und Großereignis bei. Ist ja auch kein Wunder, denn ansonsten beehren die beschauliche Huntestadt höchstens noch diverse Mutantenstadel, nachdem uns in grauer Vorzeit solche Größen wie Tina Turner, Bryan Adams, Deep Purple, Metallica, Chris De Burgh, "Wolle" Petry, Billy Joel, AC/DC usw. ihre Aufwartung gemacht hatten. Da war noch für jeden Geschmack was dabei gewesen.
Davon können wir heute, aus welchen Gründen auch immer, nur noch träumen und ich stellte zudem irritiert fest, dass sich vorne im 'Fotograben' noch nicht einmal die Monopol-Printpresse der hiesigen Wildwest-Zeitung (Nordwest-Zeitung = 'NWZ') eingefunden hatte, obwohl selbige doch sogar als ein Sponsor der Veranstaltung in Erscheinung getreten war. Und tatsächlich, ich konnte im Nachhinein keinerlei Artikel zum Konzert finden. Was für ein Offenbarungseid! Ein Schelm, wer da an gewisse Zusammenhänge und Kausalitäten denkt!
So, nun aber zum Wesentlichen. Eric Burdon und seine neuen Mitstreiter enterten ziemlich unspektakulär die Bühne, der Maestro setzte sich quasi auf mich drauf, der ich da am Boden des 'Fotograbens' kauerte und mit gequälter Miene zur Kenntnis nahm, dass nur während der ersten drei Songs Fotoerlaubnis bestand, und dann auch noch ohne Flashlight (Prost Mahlzeit, da komme ich mit meinen 400 ASA ja richtig weit!) und stimmte mit erstaunlich gut geölter Kehle den alten Gassenhauer "Don't Let Me Be Missunderstood" an. Jawohl, die Töne saßen und Eric präsentierte sich in guter Verfassung, ganz die alte R&B-Sirene mit der für einen Weißen so schwarzen Stimme, die mittlerweile noch deutlich knorriger klingt.
Ich kenne seine aktuelle "Soul Of A Man"-Scheibe und laut einer Setlist vom zwei Tage zuvor stattgefundenen Gig in Kolding (Dänemark) war diese auch prominent bei der Songauswahl vertreten. Genau das konnte ich an diesem Abend allerdings mitnichten feststellen, denn bis auf den Titeltrack kamen mir maximal noch zwei weitere Nummern im Sinne des neuen Albums bekannt vor, ansonsten regierte, wie das wohl der Deutsche an sich erwartet, das Greatest Hits-Programm. Spätestens beim durchaus furios vorgetragenen "We Gotta Get Out Of This Place" war der Funke auch auf das vermeintlich träge norddeutsche Publikum übergesprungen.
Die Lady des Abends, Paula O'Rourke, machte mit ihrem Bass ganz hübschen Alarm und schmiss gerne mal die Groovemaschine an, sehr gut unterstützt durch den Schlagwerker Wally Ingram, der in seiner Vergangenheit u.a. auch schon für Timbuk 3, David Lindley und Sheryl Crow die Trommelstöcke geschwungen hat und den Keyboarder Red Young, der seine Meriten bereits bei Größen wie Sonny and Cher, Joan Armatrading, Dolly Parton, Tanya Tucker oder Linda Ronstadt errang.
Wir merken, hier handelt es sich um eine rein amerikanische Band, der Wahlheimat Eric Burdons.
Wir merken, hier handelt es sich um eine rein amerikanische Band, der Wahlheimat Eric Burdons. Last but not least riss der von mir gefühlte musikalische Direktor des Abends, Mr. Eric McFadden, der u.a. bei George Clinton & P-Funk aktiv war, an den verschiedensten 6 Saiten und bewies dabei eine beachtliche Bandbreite. Von zart bis hart war alles dabei.
Als ultimativer Höhepunkt gestaltete sich ein cleverer PR-Schachzug der Band, indem sie den aktuellen Johnny Cash-Hype aufgriffen und ein lustvolles "Ring Of Fire" raushauten. Selbstredend ging die Rechnung auf, der Saal kochte und wir grölten lauthals mit, was die Amateur-Kehlen hergaben.
Darüber hinaus intonierten der Meister und seine Mitstreiter, übrigens wieder mal unter dem Label Eric Burdon & The Animals, was sich bestimmt besser vermarkten lässt als Eric Burdon & Band, ansonsten aber außer der Tatsache, dass Eric inzwischen das Copyright am Namen (wieder)erlangt hat und auf das Hilfskonstrukt New Animals verzichten kann, keinen wirklichen Sinn macht, solche Schlachtrösser wie "I Put A Spell On You", "House Of The Rising Sun" (ohne Alan Price Trademarks), "River Deep Mountain High" oder "Spill The Wine" aus Erics WAR-Zeiten. Prima, dem Volk kam es bekannt vor und der Band gelang es, ausreichend Schwung und Individualität in die Sache zu bekommen, um damit die gefährliche Klippe 'Oldieveranstaltung' zu umschiffen. Ich hatte allerdings auf Grund der aktuellen Scheibe Eric Burdons (übrigens ohne Animals!) mit einer größeren Bluesausrichtung der Veranstaltung gerechnet. Aber dafür passte insgesamt gesehen weder die Songauswahl, noch die Zusammenstellung der Band. Aber der Affe möchte schließlich Zucker (oder war es nicht eher die Banane?) und so blieben größere Überraschungen schlicht aus.
Es gab nichts zu mäkeln, aber auch nichts zu bestaunen, so dass wir alle nach genau kalkulierten 90 Minuten mit der beruhigenden Erkenntnis in den Restabend entlassen wurden, dass Herr Burdon es noch besser drauf hat, als mancher Kritiker es mit diversen Schwanengesängen wahrhaben wollte, aber die Welt hebt er schon länger nicht mehr aus den Angeln. Hatte das etwa irgendwer erwartet?
Bilder vom Konzert
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