Esther Berlansky war zu Gast bei den Jazzfreunden Kleve. Die aus Ungarn stammende Sängerin gab Kostproben aus ihrem Erstlingswerk "Growin' Up" sowie dem Nachfolger
In Between zum Besten. Bei seiner Ankündigung hatte der Vereinsvorsitzende
Steven Decorte noch eine Meldung der Jazz-Polizei an das Publikum gerichtet: Gespräche sollten unterlassen oder auf die Set-Pausen verlegt werden. Die Künstlerin sorgte gleich zu Beginn für Gänsehaut, denn sie startete ihren Auftritt mit einer a cappella-Nummer namens "Elindultam Szép Hazámból", einem Volkslied aus ihrer Heimat Ungarn. Dieser eindringliche Einstieg in ein ganz besonderes Konzert war sehr gelungen. Dann betrat ihre Band die Bühne. Der Vibrafonist
Mathias Haus,
Dietmar Fuhr (Kontrabass) und der Schlagzeuger
Steffen Thomählen nahmen ihre Arbeitsplätze ein. Der Gig war sowohl geprägt von Momenten der Einkehr als auch furiosen Phasen.
Esther Berlansky ließ ihren Begleitmusikern immer wieder Freiräume für solistische Beiträge. So beeindruckte der Kontrabassist
Dietmar Fuhr durch variantenreiche Alleingänge, der Drummer sorgte für akzentuierte Fell- und Beckeneinsätze und hatte mit seinen perkussiven Kleininstrumenten wahrlich alle Hände voll zu tun. Dadurch gelang es ihm, den Songs immer wieder besonderes Flair zu vermitteln.
Mathias Haus war ein Ästhet auf seinem Vibrafon, das ja auch zum klassischen Instrumentarium des Jazz zu zählen ist. Atmosphärisch pendelte er mit seinen Schlägeleinsätzen zwischen Wirbelwind und lautmalerischer Besinnlichkeit. In ihm schien eine nicht versiegende Quelle der Ideen zu schlummern. Es war ein Genuss, nicht nur diesem Musiker hautnah bei der Arbeit zuzuschauen. Die Band bot mehr klangliche Farben, als ein Kaleidoskop dazu in der Lage ist.
Esther Berlansky war eine Meisterin des Scat-Gesangs. Für ihre durch diesen speziellen Vokalstil zum Ausdruck gebrachten überschwänglichen Emotionen hätten andere definitiv mehr als tausend Worte nötig gehabt. Zum Kommunikationsproblem der Männer gibt es an dieser Stelle keinen Kommentar, aber ihre Komposition "Dum Ba Ba Di Da Du Wee" hatte den Swing in sich. Klasse! Mit Hilfe einer Loop-Station zog sie die Zuschauer durch den so erzeugten mehrstimmigen Gesang in ihren Bann. Simultan bewegten sich draußen die Blätter an den Bäumen zum ebenfalls vokal kreierten Rhythmus. "Megfogtam Egy Szunyogot" war eine Solo-Darbietung, die es in sich hatte und mit viel Beifall belohnt wurde. Etwas ganz Besonderes war auch das von
Béla Batók geschriebene Klavierstück "Ostinato" in einem blumenreichen Arrangement für Stimme und Vibrafon. Imaginäre Wassertropfen schienen über einem unendlichen Meer der Dramatik beziehungsweise zu den zarten Glockenklängen der Verträumtheit zu tanzen.
Ein Instrumentalstück der drei Musiker hatte zu fortgeschrittener Zeit die Identität einer blauen Stunde. Fantastisch groovender Jazz erfüllte das Coffeehouse. Man fühlte sich wie in einem nicht enden wollenden, herrlichen Zustand der Schwebe, Kilometer über der Grasnarbe. In "This Is Space" sorgte
Steffen Thomählen ohne Trommelstücke für intensiv-rhythmische Momente und die Band setzte mit ihren musikalischen Augen der Zuneigung zum Jazz ein deutliches Ausrufezeichen. Die Zugabe "Cillagok" vom Album "Growin' Up" war dann das beherzte Ende eines beeindruckenden Konzerts der Sonderklasse. Die ausdrucksstarke
Esther Berlansky und ihre Gruppe waren der leuchtende Brennpunkt einer filigran geschliffenen Linse. Aus den Qualitäten der Musiker schloss sich vom Anfang bis zu den letzten Tönen eine Ellipse des Jazz, die in ihrer emotionalen Vielfalt und Harmonie überzeugte.