Mensch, wäre ich gerne bei diesem Konzert gewesen. Am 20.10.2001 spielte Jack Bruce mit dem Cuicoland Express im Amsterdamer Melkweg. Da hat man es sich mit dem Titel des vorliegenden Doppeldeckers ziemlich einfach gemacht ... "Live At The Milky Way".
2001 erschien sein sehr starkes Album "Shadows In The Air". Gäste waren damals unter anderem Eric Clapton, Dr. John, Gary Moore sowie Vernon Reid ( Living Colour). Mit einigen Rhythmusmusikern, die auf der Platte dabei waren, ging Bruce auch auf Tour. Gleich zwei Schlagzeuger waren im Line-up des sogenannten Cuicoland Express: Horacio Hernandez und Robby Ameen. Richie Flores bediente die Congas. Reid wechselte die Position vom Gast zum Express-Musiker und hatte den Sechssaiter geschultert. Bernie Worrell ( Parliament/Funkadelic, Gov't Mule) saß an der Orgel.
Der Longplayer "Shadows In The Air" war ja bereits rhythmisch sehr afro-karibisch geprägt und das Album konnte mit Neuaufnahmen von zum Beispiel "White Room" oder "Sunshine Of Your Love" glänzen. Ebenfalls bekam "Out In The Fields" aus der West, Bruce & Laing-Zeit ein neues Outfit. Jack Bruce war ja nie nur auf einen Musikstil fixiert. So mag er es auch mit dem Jazz beziehungsweise Fusion. "Live At The Milky Way" ist somit eine Art musikalischer Rundumschlag, der mit jedem der zwölf Songs einen Treffer landet. Bei einer so hervorragend besetzten Band würde es lächerlich anmuten, wenn die einzelnen Musiker nicht persönlich zu Wort kämen. So gibt es auf der Doppel-CD auch lange und längere Kompositionen.
Wie der Klappentext eines Buches informiert der kurze Opener "Surge" über den roten Faden des tollen Konzerts. Rhythmus, Rhythmus und nochmals Rhythmus! Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass ein Klappentext keine Buch-Details offenbart. Folglich enthält "Live At The Milky Way" noch einiges mehr an Feinkost-Musik.
Nicht nur durch die andersartigen Arrangements der wohlbekannten Klassiker aus vergangenen Zeiten brillieren die beiden Platten. Jack Bruce ist sehr gut bei Stimme und wenn man diesem Vernon Reid nur ein wenig Freiraum gibt, ist der sofort mit furiosem Spiel zur Stelle. Selbstredend verziert er auch ruhigere Phasen/Songs mit feinsten Saitenerzählungen.
Wenn es um den Tellerrand eines Jack Bruce geht, dann wird hier auf jeden Fall der Funk nicht hintangestellt. "52nd Street" packt das Genre beim Schopf und es ist Worrell-Showtime. Das Bassspiel hat zeitweise die Qualität eines Rhythmusgitarristen. Reid lässt mit seiner Wah Wah-Action die Funken sprühen und die Fellfraktion ist ungemein kompakt beziehungsweise druckvoll. Die Nummer wird als "52nd Street Encore" zum Schluss der zweiten CD abermals aufgegriffen. Obwohl nur eine Minute länger und trotz der Bandvorstellung presst man die Funk-Frucht noch extremer aus. Nicht nur hier kommt Jam-Feeling auf.
"Heartquake" ist ein umwerfend sehnsüchtiges Stück mit Bruce am Piano. Die Melancholie kann noch gesteigert werden. Fast sieben Minuten ist der singende Protagonist alleine mit seinem Piano. Eine Verschnaufpause ... innehalten! Wenn er diesen Song New York widmet, weiß wohl jeder, worum es geht. "Milonga" ist die andere Seite des Albums. Auf seine ganz besondere Art berührt der Song den Hörer, macht nachdenklich. Diese Nummer stellt die Ausnahme dar, aber was für eine! Ganz großartig. Im Auditorium könnte man eine Stecknadel fallen hören.
Auf der zweiten Platte sind dann die echten Longtracks zu hören. Hatte ich weiter oben etwas von Jam-Feeling geschrieben, dann versüßt man das Vergnügen jetzt meterweise damit. Jack Bruce und der Cuicoland Express sind eine Jam-Band. Da kommen natürlich die Routine und der Ideenreichtum dieser Aufstellung voll zum Tragen. Und selbst an den Cream-Klassikern bekommt der Hörer neuen Spaß. Was in "White Room" geboten wird, kommt einem Furiositäten-Kabinett gleich.
Die sechs Musiker bieten Spitzenklasse, sind erstklassig. Dass der Mitschnitt "Live At The Milky Way" nun den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat, wurde aber auch Zeit. Verwegen gut ist das Album und obwohl schon fast zehn Jahre ins Land gegangen sind, weiß man jetzt, was zeitlose Musik bedeutet.
Line-up:
Jack Bruce (vocals, bass, piano)
Vernon Reid (guitar)
Bernie Worrell (organ)
Richie Flores (congas)
Horacio Hernandez (drums)
Robby Ameen (drums)
Tracklist |
CD 1:
01:Surge (2:46)
02:Out In The Fields (5:32)
03:52nd Street (9:36)
04:Heartquake (7:05)
05:This Anger's A Liar (9:29)
06:Sunshine Of Your Love (9:39)
07:Milonga (6:53)
|
CD 2:
01:Windowless Rooms (15:43)
02:Dark Heart (8:33)
03:White Room (10:58)
04:We're Going Wrong/Politician (19:11)
05:52nd Street Encore (10:36)
|
|
Externe Links:
|