Mit gebührendem Interesse las ich 2011 das Doppel-Review von Bonamassas damaligem Werk Dust Bowl. Dabei war es unverkennbar, dass sich hier der Gastschreiber Jürgen Hauß als absoluter Bonamassa-Liebhaber outete, während sich unser ehemaliger Redakteur Olaf 'Olli' Oetken nicht so recht mit "Dust Bowl" anfreunden konnte. Mein Fazit bezüglich "Dust Bowl" hätte vermutlich irgendwo dazwischen gelegen. Und bevor ich mich nun ans neueste Werk des amerikanischen Blues Rockers "Different Shades Of Blue" heranmache, kann ich Olaf Oetkens damaliges Zitat: »Von großen Rädern, dicken Hosen, Rückschritten und verlorenen Seelen« anhand eigener zahlreicher Konzertbesuche zum Teil durchaus nachvollziehen. Denn sein Bestreben nach Perfektion kann letztlich sein Liedgut auch steril wirken lassen. Und nicht alle Rockmusikliebhaber stehen auf Tonkonserven, die sich wie geleckt widerspiegeln, eben zu 100% perfekt wirken. Aber gut, es ist nur eine kleine Anmerkung am Rande.
Was gibt's denn nun so Neues aus dem Hause Bonamassa? Zumindest wirbt mein Plattenladen des Vertrauens mit folgender Werbung »Joe Bonamassa ist zu gut für diese Welt«. Auch wenn ich diese Feststellung ernsthaft in Frage stelle, erweckt es rein Marketing-strategisch nicht nur mein Interesse, sondern sicherlich auch das der zahlreichen Blues Rock-Fans.
Während er mit dem kurzlebigen Opener "Hey Baby (New Rising Sun)" zunächst Jimi Hendrix gedenkt, sind alle folgenden Songs teilweise oder auch vollständig aus der Feder des guten Joe entstanden. Eine sehr lobenswerte Feststellung, da er sich in der Vergangenheit doch recht häufig fremden Geisteseigentums bediente. Auch das er sich diesmal neben seinen treuen Weggefährten Anton Fig (Drums) und Carmaine Rojas (Bass) noch sieben weitere Musiker, unter anderem auch Bläser, ins Boot holte, ist absolut erwähnenswert.
Nach dem ich die Tonkonserve einmal durch meine Sinnesorgane habe filtern lassen, kann ich schon mal festhalten, dass es in Sachen Gitarrenspiel und Textvorträge so ist wie es war, wie es ist und wie es vermutlich auch künftig sein wird: Denn er hat natürlich nichts von seinem 'Gitarrenzauber' verlernt und es macht für mich wenig Sinn auf sein Saitengezupfe explizit einzugehen, wurde doch diesbezüglich bereits weltweit in tausenden von Rezensionen ausgiebig darüber berichtet. Ebenso besticht er weiterhin mit kräftiger, klarer Stimme. So gibt es rein musikalisch betrachtet kaum etwas auszusetzen. Es sei denn, der Konsument steht eben nicht so sehr auf Perfektion.
Doch aufgepasst! Mit "Never Give All Your Heart" hat er einen absoluten Tophit kreiert! Fans, die ihn seit den Anfängen seiner Karriere begleiten, ihn an seinem Rockpalast-Auftritt messen, werden hier voll auf ihre Kosten kommen! In der Tat werden hier Erinnerungen an alte Bonamassa-Zeiten wach, als er sich noch vom Lederkutten-Bassisten Eric Szar nach vorne treiben ließ. Das Teil wurde auch nicht tot komprimiert, sondern wirkt für Joes eigene Ansprüchen fast roh. Somit hat das Teil gute Chancen, bei der Wahl zum Song des Jahres ganz oben zu landen. Auch "Get Back My Tomorrow" gilt für mich als starke Nummer.
Schon aufgrund des Mitwirkens von Bläsern ist "Different Shades Of Blue" recht abwechslungsreich entworfen worden. Erwartungsgemäß gibt es reichlich Blues auf die Ohren, zum Teil mit Pop und Jazz-Elementen garniert. Auch wenn ich mich selbst und zahlreiche Kollegen/innen anderer Magazine wiederhole: Joe Bonamassa ist und bleibt ein exzellenter Gitarrist und Sänger und mit dieser Platte hat er sich auch eindrucksvoll als Songwriter bewiesen - keine Frage. Fans, so wie der bereits oben zitierte Ex-RockTimer Olli Oetken werden sich weiterhin nach den alten Bonamassa-Zeiten sehnen. Ich selbst gehöre auch eher zu dieser Kategorie, finde aber dennoch, dass "Different Shades Of Blue" eins der besseren Alben von Joe ist, ohne nun gleich vom Album des Jahres 2014 zu sprechen. So finde ich Bonamassa weder seelenlos noch möchte ich ihm uneingeschränkt die Blues Rock-Krone aufsetzen. Aufgrund dieser Tatsache gehöre ich auch zu denen, die meinen, dass er am Anfang seiner Karriere seine beste musikalische Zeit durchlebte und speziell die reinen Blues Rock-Fans mit eben nicht steril wirkenden Songs beglückte. Letztlich komme ich wie bei fast all meinen Rezensionen aufs selbe Ergebnis: Es ist wie immer alles reine Geschmackssache. Ein Reinhören lohnt sich allemal, kann es letztlich die Hilfestellung sein, um zu entscheiden, ob man sich "Different Shades Of Blue" zulegt oder nicht.
Line-up:
Joe Bonamassa (guitars, vocals)
Carmaine Rojas (bass)
Michael Rhodes (bass)
Anton Fig (drums, percussion)
Lenny Castro (percussion)
Doug Henthorn (backing vocals)
Melanie Williams (backing vocals)
Lee Thornburg (trumpet, trombone, horn arrangements)
Ron Dziubla (saxophone)
Bovaland Orchestra (strings)
Jeff Bova (string arrangements)
Tracklist |
01:Hey Baby [New Rising Sun] (1:20)
02:Oh Beautiful! (5:29)
03:Love Ain't A Love Song (3:49)
04:Living On The Moon (3:21)
05:Heartache Follows Wherever I Go (4:34)
06:Never Give All Your Heart (5:24)
07:I Gave Up Everything For You, 'Cept The Blues (2:59)
08:Different Shades Of Blue (4:40)
09:Get Back My Tomorrow (4:46)
10:Trouble Town (4:56)
11:So, What Would I Do (5:27)
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Externe Links:
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