Spielzeit: 72:48 Medium: CD Label: Bear Family Records, 2010 (1956 bis 1964) Stil: Rock'n'Roll, Pop Review vom 30.10.2010 Moritz Alves

Im Rahmen ihrer "Ballads"-Reihe widmen sich Bear Family Records zurzeit ausgewählten Rock- und Pop-Stars der fünfziger und sechziger Jahre und veröffentlichen deren sanfte Seiten (Balladen eben) auf einem Silberling im amtlichen Digibook-Format. So geschehen u.a. bei Conway Twitty, dem sich mein geschätzter Kollege Wolfgang Giese gewidmet hat - nun wird der 1964 nach einem Bootsunglück viel zu früh verstorbene Johnny Burnette (am 28. März 1934 als John Joseph Burnette geboren) von mir vorgestellt.

Mit seinen wilden Rockabilly-Anfängen haben die 30 (!) hier versammelten Titel nicht viel gemein, offenbaren sie doch die ruhige, romantische Seite dieses Rock'n'Roll-Stars, der erstmals als Songwriter für Ricky Nelson bekannt wurde. Und so findet man insgesamt fast 73 Minuten lang typische Sechziger-Pop-Balladen, wie sie von unzähligen anderen Künstlern dieser ganz besonderen Ära in ähnlicher Form bekannt wurden: Elvis Presley, Buddy Holly, Eddie Cochran und Konsorten haben allesamt Liedgut dieser Machart im Backkatalog, was für den unglaublichen Erfolg dieser Musik zur Zeit der Rock'n'Roll-Hochphase spricht. Teenies in Europa und Amerika machten sich vor rund 50 Jahren reihenweise die Höschen nass, wenn Crooner wie Johnny Burnette ins Mikro hauchten.

Die thematische Bandbreite der Songs ist natürlich auch bei Mr. Burnette höchst vorhersehbar, weil zur damaligen Zeit jede Ballade automatisch auch ein (möglicherweise trauriges) Liebeslied war. Daher überrascht es nicht, dass das Wörtchen 'love' inflationär häufig in der Trackliste dieses Silberlings auftaucht. Beliebte Themen in diesem Zusammenhang, wie sechzehnjährige Mädchen (das später durch Ringo Starr neu aufgelegte "You're Sixteen"), Liebesträume ("Dreamin'", "Dream Lover" usw.) oder Liebesbetrug ("I'll Never Love Again", "The Fool" usw.) durften zur damaligen Zeit nicht fehlen, um die junge Kundschaft zu entzücken. Insgesamt gibt's somit also nichts Überraschendes, sondern die altbewährte Klassikerkost.

Musikalisch gesehen dominiert das typische Soundgewand: Die 30 Schmonzetten sind zugekleistert mit kitschigen Streichern, säuselnden Background-Chören, schmalzigem Lead-Gesang und sonstigen genretypischen Charakteristika. Damit wird "The Ballads Of Johnny Burnette" seinem Zeitreise-Status vollkommen gerecht. 'Let the good times roll' - so viel Retro-Vibe, wie dieser Silberling versprüht, kann keine einzige heutige Combo erzeugen, das ist schlicht und einfach nicht mehr zu erreichen.

Daher ist es für (Zu-) Spätgeborene wie den Rezensenten eine tolle Sache, dass passionierte Labels wie Bear Family Records diese alten Schätzchen neu aufbereiten und wiederveröffentlichen. Denn die 30 Songs, darunter Burnettes fünf Top 100-Hits sowie massenweise Raritäten, kann man sich gar nicht alle einzeln auf Vinyl nachkaufen - das wäre ein sauteures und zeitaufwändiges Unterfangen! Ein besonderes Schmankerl übrigens ist der Track "Clown Shoes", ein Klassiker von James Marcus Smith, den man später unter dem Namen P.J. Proby in England kennen lernen sollte.

Fazit: Insgesamt ist diese CD ein hübsch aufgemachtes Erinnerungsstück an den leider viel zu früh gestorbenen Rock'n'Roll-Künstler Johnny Burnette. Wer Sechziger-Pop gar nichts abgewinnen kann, lässt gefälligst seine Finger davon, alle anderen erfreuen sich am Digibook mit 36-seitigem Booklet inklusive ausführlichen Linernotes und detaillierten Songinformationen sowie den 30 dort versammelten Titeln aus den Jahren 1956 bis 1964.