Jürgen R. Blackmore
Mit einem Klick um die ganze Welt
Im Gespräch
In diesem Jahr steht die Veröffentlichung des neuen Albums von Jürgen R. Blackmore mit dem Arbeitstitel "Between Darkness & Light" in's Haus. Zeit also, mit ihm über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges zu plaudern:
RockTimes: Blackmore, der Name lässt Erinnerungen aufkommen: Deep Purple natürlich. Nervt es Dich eigentlich, ständig darauf angesprochen zu werden?
Jürgen: Nein, mittlerweile ist es für mich normal und ich glaube ich habe mich jetzt damit abgefunden.
RockTimes: Läuft man da nicht oft auch Gefahr, miteinander verglichen zu werden und wenn ja, wie gehst Du damit um?
Jürgen: Natürlich wird man miteinander verglichen, das geht ja jedem Kind einer Berühmtheit so. Ich bin der Meinung, man muss halt das Beste daraus machen und seinen eigenen Weg finden.
RockTimes: Du hast das Talent Deines Vaters (Ritchie Blackmore) geerbt und von ihm sogar 1978 Deine erste Fender Stratocaster geschenkt bekommen. Natürlich liegt es da auf der Hand, dem Vater nachzueifern. Ist es schwer, aus dem Schatten eines so berühmten Vaters hervortreten zu können? Ist er gewissermaßen ein Vorbild für Dich?
Jürgen: Sicherlich habe ich musikalisches Blut in mir, aber ich versuche trotzdem meinen eigenen Weg zu gehen und niemals werde ich versuchen, meinen Vater zu imitieren, das machen ja schon genug andere ;-)
Ein Vorbild... hmmmm, nein er ist halt mein Vater und ich schätze ihn sehr, aber ein Vorbild wäre sicherlich nicht der richtige Ausdruck.
RockTimes: Erzähl uns doch etwas mehr über Deine musikalische Laufbahn. Ich weiß lediglich, dass Du in den 80ern bei Iron Angel eingestiegen bist, dass Du Anfang der 90er zusammen mit Michael Bormann das Album Still Holding On eingespielt (Michael übernahm die Vocals) und gemeinsam mit Deinem Freund Malte Dein eigenes Label gegründet hast.
Jürgen: Also vom Profibereich gesehen, fing alles mit der Band Iron Angel an, bei der ich meine ersten Erfahrungen machte. Gleich anschließend gründete ich meine eigenen Bands Straight und Superstition. Zwischendurch machte ich noch ein Gastprojekt mit King Kurlee, bei dem der Song "Smoke On The Water" als Rapversion gecovert wurde.
Diese Idee stammte nicht von mir, ich wurde nur als Gast eingeladen... sicherlich um damit mehr Kohle zu machen ;-)
Dann startete ich die Band J.R.Blackmore Group, so gingen wir dann auch auf Tournee durch die Tschechoslowakei. Danach gab es einen Break und ich zog mich aus der Musikszene zurück um mich mehr meiner Familie zu widmen. In dieser Zeit kreuzten sich meine Wege mit Künstlern wie Uli Roth (ex-Scorpions usw.), Wolf Hoffmann (Accept) und vielen anderen Musikern der Rockszene. Ich kann natürlich nicht alle Musiker aufzählen, mit denen ich zusammen gearbeitet habe, das sind einfach zu viele gewesen.
RockTimes: Was bedeutete es für Dich, endlich unabhängig vom Musik-Business zu sein?
Jürgen: Ja, ich würde sagen das ist der Hauptgrund warum ich wieder Lust habe in der Öffentlichkeit zu stehen, denn man fühlt sich einfach nur frei. Es macht einfach Spaß alles selber entscheiden zu können und sollte ich damit auf den Bauch fallen, dann weiß ich wenigstens warum ;-).
RockTimes: Auf Deiner Homepage ist nachzulesen, dass dein Album "Still Holding On" plötzlich nicht mehr weltweit vertrieben wurde. Nachforschungen nach den Gründen sollen im Sande verlaufen sein. Hast du darüber jemals wieder etwas gehört und wie hast Du diesen Schlag verarbeitet?
Jürgen: Nein, das ist nicht ganz richtig... die CD "Still Holding On" haben wir eigentlich nie wirklich veröffentlicht, aber trotzdem gelangten einige Exemplare in den Handel und im Internet wurden sie zuletzt für um die 50 Dollar gehandelt. Deswegen dachten wir uns, dass wir das Album noch einmal releasen müssten. Erstens weil die Preise viel zu hoch waren und wir wollten, dass das Album zu einem fairen Preis verkauft wird. Zweitens weil wir den Sound noch einmal verbessern konnten und letztendlich auch, weil wir der Meinung waren, dass dieses Album es durchaus verdient hätte angehört zu werden (die Redakteurin stimmt dem voll und ganz zu!). Jetzt ist es über unseren Vertrieb weltweit in den Handel gekommen und die Resonanz zeigt, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben.
RockTimes: Dein Freund Malte Rathke hat Dich bei Deinem Instrumentalprojekt J.R. Blackmore unterstützt. Wie habt Ihr euch kennen gelernt?
Jürgen: Malte und ich kennen uns schon von Kind auf...wir wohnten in der gleichen Gegend und sein Bruder ist einer meiner besten Freunde. Irgendwann merkten wir, das wir neben der freundschaftlichen Seite auch musikalisch super zusammen passten und fingen an Songs zu schreiben.
RockTimes: Malte Rathke spielt ausgezeichnet Keyboard. Wie wichtig ist er sowohl für Dich persönlich als auch für die Verwirklichung Deiner musikalischen Ideen?
Jürgen: Oha, ich würde sagen ohne Malte wäre dieses Instrumental-Werk sicherlich ganz anders geworden, da sein musikalischer Einfluss dieses Projekt viel mehr in die Breite zieht. Außerdem ergänzen wir uns super und es macht richtig Spaß zusammen zu arbeiten. Zudem ist Malte ein sehr ruhiger Zeitgenosse... ich bin da manchmal eher das Gegenteil und das ergänzt sich gut.
RockTimes: Das 4-Track-Demo Recall The Past gibt einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende Langeisen "Between Darkness & Light". Die Songs sind reine Instrumentalstücke. Ich gehe mal davon aus, dass das komplette Album ein Instrumentalalbum sein wird. Ist es nicht schwer, ohne Texte und ohne Sänger Gefühle auszudrücken, also musikalisch umzusetzen? Was ist einfacher?
Jürgen: Einfacher ist es sicherlich mit einem Sänger, weil eine Stimme und auch die Texte schon sehr viele Emotionen rüber bringen und man weniger mit den Instrumenten machen muss. Allerdings ist es herrlich auch mal viele schöne Kleinigkeiten in einen Song einzubauen, ohne das ein Sänger über alles hinwegfegt und niemand mehr so richtig die Musik im Hintergrund hört.
RockTimes: Du bist ein Internetfreak, was reizt Dich daran?
Jürgen: Die Freiheit, der Informationsfluss, die Unendlichkeit und die Möglichkeit mit einem Mausklick in Amerika oder Afrika zu sein.
RockTimes: Was macht Dir mehr Spaß: Musik zu machen, oder sich mit den technischen Möglichkeiten des Internets zu befassen?
Jürgen: Ich würde sagen beides, es ist nicht möglich, den ganzen Tag nur Musik zu machen, also braucht man Abwechslung und die hole ich mir beim Sport und am PC (Internet u.s.w.)
RockTimes: Nach einem weltweiten Vertriebsdeal mit 'Twilight' beginnen nun die Vorbereitungen zu dem im Frühjahr 2006 erscheinenden Album "Between Darkness & Light". Wie kam es zu diesem Deal und was war der Grund für Deine Meinungsänderung, Dich wieder in die Mühlen des Musik-Business zu integrieren?
Jürgen: Es ist einfach nicht möglich alles alleine zu machen, aus diesem Grund habe ich mir Menschen an die Seite geholt denen ich vertraue und hoffe natürlich das ich nicht enttäuscht werde. Ich bin zwar vorsichtig geworden, aber heutzutage habe ich durch mein Label mehr Möglichkeiten Dinge zu kontrollieren. Trotzdem sollte man das eine oder andere an die richtigen Leute abgeben... der Unterschied liegt nur darin, dass ich sie mir jetzt aussuchen kann ;-) Für mich zählt der Teamgeist, ich möchte mit den Menschen an meiner Seite zusammen Erfolg oder Niederlage teilen.
RockTimes: Ist abzusehen, wann das Album erscheinen wird und welche Hoffnungen verbindest du damit?
Jürgen: Das Album wird im Mai 2006 erscheinen und meine Hoffnungen sind, dass es dem einen oder anderen gefällt. Malte und ich sind aber sehr realistisch und erwarten jetzt nicht das Wunder. Wir freuen uns eigentlich nur darauf, anderen unsere Musik präsentieren zu können.
RockTimes: Jürgen, erzähl uns doch noch etwas über deine Seite 'Musikerei'. Da findet man zum Beispiel auch ein Musiker-Portal. Was bezweckst du damit?
Jürgen: Ja, dieses Portal möchte ich gerne ins Leben rufen sobald die Vorbereitungen zum Album abgeschlossen sind. Ich möchte gerne Künstlern, die noch unbekannt sind und die mir gefallen, die Möglichkeit geben sich über meine Musikerei zu präsentieren. Vielleicht kann ich dadurch anderen Musikern die Möglichkeit geben, irgendwann einmal Erfolg zu haben, darüber würde ich mich sehr freuen.
RockTimes: Eine letzte Frage habe ich noch. Was denkst Du über den musikalischen Schwenk Deines Vaters vom Rock- zum Mittelalter-Gitarristen?
Jürgen: Ich bin der Meinung, dass er ganz alleine wissen muss was er will und wenn er diesen Weg gehen möchte und es ihm Spaß macht, dann sollte er es auch genau so machen. Auf jeden Fall finde ich es mutig, denn er wusste ja nicht ob ihm dieser Weg weiterhin sein Konto füllen würde ;-) Mir tut es nur leid um seine Fans, ich finde er hätte zwischendurch ruhig mal das eine oder andere Rockalbum rausbringen sollen. Seine Fans sind für mich die treuesten Fans der Welt, denn wer ihm zur Seite steht, mit seinem manchmal doch sehr extremen Verhalten, der ist wohl durch nichts aus der Ruhe zu bringen und hat es eigentlich nicht verdient so allein im Rockregen stehen gelassen zu werden ;-)
Wir danken Jürgen für das interessante Gespräch sowie Irene vom Deep Purple-Forum, die uns das Interview ermöglichte.


Interview mit Jürgen R. Blackmore
Ilka Czernohorsky, 20.02.2006