Muss man Lindsey Boullt kennen?
Eine Zeit vor "Composition" gab es beim Rezensenten nicht, aber nach diesem Album mit Gewissheit eine Zukunft!
Erst mit 21 Jahren begann Boullt mit dem Spielen der Gitarre und ist jetzt Dozent an einem Gitarren-Institut in San Francisco.
Wie Boullt es gedreht hat, ein derartiges, vor Kompetenz strotzendes Line-up hinzubekommen, mag der Teufel wissen.
Allerdings sind Jerry Goodman ( The Flock, Mahavishnu Orchestra),
Derek Sherinian
(Ex- House Of Lords, Ex- Dream Theater, Aina, Yngwie Malmsteen, Planet X),
Stu Hamm ( Joe Satriani, Steve Vai),
Atam Anur ( Tony MacAlpine, Richie Kotzen, Craig Erickson),
Jeremy Colson ( G3, Marty Friedman, Steve Vai),
Sukhawat Ali Khan,
Jon Herrera,
Peter Van Gelder und
Mingo Lewis ( Return To Forever, Al Di Meola, Todd Rundgren) seiner Einladung gefolgt.
Mahavishnu Orchestra… John McLaughlin. Da ist es dann gar nicht so weit zu einem der Ausnahmegitarristen Allan Holdsworth.
Beim Titel des Openers wird Mann/Frau natürlich hellhörig und spitzt die Ohren. "Page Revisited": So wie Jimmy Page und Robert Plant auf "No Quarter … Unledded". Boullt verleiht seiner akustischen Gitarre in der Einleitung zum Song einen gewissen Page-Sound, der zwischendrin und am Ende nochmals zu hören ist. Nicht mehr und nicht weniger. Jerry Goodman ist mit seiner Violine sofort zur Stelle und durch Mingo Lewis' Unterstützung verleihen sie dem ersten Track ein orientalisches Flair, das durch Boullts Hochgeschwindigkeitssoli der eruptiven Art und Sherinians Keyboards eher proggig gekontert wird.
Auch "Chasing The Whirling Dervish" wird mit der Akustischen eingeleitet und Goodmans Violine verleiht dem Track einen weit stärkeren Schwung in den Orient. Über diesem Sound setzt Boullt der Dramaturgie mit einem galaktischen Solo das Sahnehäubchen auf.
Hatten wir mit "Page Revisited" punktuell LedZep-Anleihen, geht es mit "Moving Panvishnu" deutlich in Richtung Mahavishnu Orchestra. Sehr jazzig, gigantisch rockend, mit Breaks und Tempiwechseln versehen, lässt der Protagonist Soli an die Ohren des Hörers, welche nicht von dieser Welt sind. Und immer wieder dieser Goodman, der in der Mitte des Tracks im Spotlight steht. Der Bassist Jon Herrera mischt sich kurz in den Vordergrund. Stets findet die Band, kurz vor dem Abgrund zum Chaos, wieder zurück auf den Weg der Eingängigkeit.
"Call For Peace" dreht ein weiteres Mal an der orientalischen Schraube, was durch die vokalistischen Beiträge des pakistanischen Sängers Sukhawat Ali Khan selbstredend verstärkt wird. Hier zeigt die Combo ihr kompaktestes Gesicht.
Für zwei Tracks auf "Composition" gibt es ein Changement in der Rhythmusabteilung: Stu Hamm spielt den Tieftöner und Jeremy Colson sitzt am Schlagzeug. Urplötzlich verändert sich die Atmosphäre, denn "Bravo Davo De La Torre" ist tiefster Metal. Mit Derek Sherinian als Keyboard-Hexer und dem Drummer mit harten Double-Basses treibt Boullt sein Unwesen der tiefer gelegten Gitarren-Sortierung. Bis auf ein sphärisches Intermezzo in der Mitte, ein ganz stark gespielter par force-Ritt auf der Rasierklinge.
Sehr interessant ist "Groovin' With Stu", nicht nur wegen Hamms Basssolo zum Ende, sondern auch weil Boullt seine akustische Gitarre mit spanischem Einschlag spielt. Dazu ist Peter Van Gelders Sitar zu hören.
Sherinian-Fans kommen abermals auf ihre Kosten, wenn sich der Keyboarder mit dem Gitarristen in "Taste The Hate" duelliert, wobei es demgegenüber im jazzigen "Aurora's Aura" besinnlicher zugeht. Das ist eindeutig die Spielwiese für Atma Anur, der hier brilliert. Goodman serviert eine geradezu verträumte Violinenmelodie dazu.
"Farewell" ist Futter für das Kopfkino. Dafür sorgen der Keyboard-Teppich von Derek Sherinian, die E-Gitarrenmelodie sowie die Akustische. Der Track fließt wunderbar dahin und insgesamt stört hier das zu kräftig gespielte Solo des Amerikaners. Weniger wäre an dieser Stelle mehr gewesen.
"Cleopatra's Third Eye" ist ebenfalls ruhiger ausgerichtet und da ist er wieder, der Sherinian. Den Beginn prägen allerdings Peter Van Gelder und Mingo Lewis.
Allein vom Cover her hätte man etwas ganz anderes erwarten können.
Lindsey Boullts "Composition" ist ein Füllhorn an Überraschungen mit hochklassigem Jazz Rock und streckenweise Mahavishnu-Geschmack.
Die beeindruckenden 40 Minuten werden durch 8 von 10 RockTimes-Uhren gekrönt.
Line-up:
Lindsey Boullt (guitars)
Jerry Goodman (violin)
Derek Sherinian (keyboards)
Stu Hamm (bass - #5, 7)
Jon Herrera (bass)
Atma Anur (drums)
Jeremy Colson (drums - #5, 7)
Sukhawat Ali Khan (vocals)
Mingo Lewis (percussion)
Peter Van Gelder (sitar)
Tracklist |
01:Page Revisited (4:30)
02:Chasing The Whirling Dervish (3:47)
03:Moving Panvishnu (4:02)
04:Call For Peace (4:05)
05:Bravo Davo De La Torre (3:26)
06:Aurora's Aura (5:04)
07:Groovin' With Stu (2:16)
08:Taste The Hate (2:38)
09:Farewell (4:32)
10:Cleopatra's Third Eye (5:45)
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