Gerade mal 20 Jahre alt ist die aus dem kanadischen Toronto stammende Melissa Bel, die hier mit "Brave" ihr Debütalbum vorstellt. In ihrer Heimat hatte sie zwar bereits eine EP veröffentlicht, aber in Europa dürfen wir uns tatsächlich das erste Mal über die schon erstaunlich versierte Songwriterin freuen. Im Angebot hat die Nordamerikanerin zehn poprockige Nummern, die sie mit ihrem rauen und teilweise gar souligen Gesang präsentiert. Ihr Label bezeichnet Melissas Stimme als eine Mischung aus Janis Joplin und Amanda Marshall, was ich dann aber doch als etwas zu weit ausgeholt ansehe. Eindruck mit ihrem Gesang macht die Protagonistin aber allemal. Der Vergleich mit einer Melissa Etheridge scheint mir hier doch treffender zu sein.
Etwa bei dem getragen bluesigen "We All Lose Our Way", bei der sie nahezu spielerisch die Tonlagen wechselt, während ein schönes Piano und die Gitarren ihr Leid klagen. Auch bei "Better Things To Do" hält sich die Bel im bluesigen Bereich auf, wenn uns auch kein lupenreiner Zwölftakter geboten wird. Was äußerst positiv auffällt, ist, dass hier nicht auf poppigen Schöngesang gesetzt wird, sondern dass die gute Melissa es mehr als nur einmal so richtig krachen lässt, dabei massenhaft Feeling rüberbringt und es trotzdem schafft, dass ihre Tracks weiterhin eingängig bleiben und sich teilweise gar zum Ohrwurm entwickeln.
Wenn man sich die Tiefe der Songs mal so vor Augen führt, ist es umso erstaunlicher, dass die Kanadierin viele der hier vertretenen Stücke bereits im zarten Alter von 16 Jahren komponiert hat. Hut ab, kann man da nur feststellen! Das launige "I Wish You Would Kiss Me" ist eine Stippvisite zum Rhythm'n'Blues mit einem schönen E-Piano und dezenten Bläsern im Hintergrund, die aber nie zu aufdringlich werden. So richtig ihr Röhre packt Melissa Bel dann bei "Tear This Apart" aus und spätestens hier gibt es dann keinen Zweifel mehr, dass da eine erstklassige Sängerin heranwächst. Was heißt 'heranwächst', frage ich mich allerdings gerade, während mir eine weitere Gänsehaut über den Rücken läuft. Sehr stark, diese Nummer!
Richtig schön funky wird es bei "You Don't Fool Me", erneut mit den coolen Bläsern im Hintergrund. Eine weiterer starker Titel, der für jede Menge Radio-Airplay wie gemacht zu sein scheint. Sowohl stark gesungen, als auch mit einem Hammer-Refrain ausgestattet, zeigen auch die Studio-Musiker einmal mehr, dass sie über jede Menge Qualität verfügen. Je länger dieses Album dauert, desto besser wird es. Wobei wohlgemerkt auch die ersten Tracks wahrlich nicht von schlechten Eltern sind. Bei "Tragedy In Disguise" dann wieder ein totaler Umschwung in Richtung Ballade mit einer Akustik-Gitarre als tragendem Instrument, unterstützt von einem coolen, jazzigen Schlagzeug.
Der als Rausschmeißer dienende Titeltrack ist dann einmal mehr im Balladen-Bereich angesiedelt und auch diese Nummer kann rundum gefallen. Von den bisher namentlich nicht genannten Songs können ansonsten vor allem noch das rockende "Get Away With Murder", der melancholische Opener "Distance" und auch das ein trauriges, aber unabwendbar kommendes Ende einer Beziehung beschreibende "I Hate To Say It" überzeugen. Speziell das mit einem weiteren super Refrain ausgestattete "Get Away With Murder", das sich zunächst eher langsam aufbaut, um dann das Tempo anzuziehen und im Chorus erst so richtig abgeht, ist besonders erwähnenswert.
Keine Frage, mit "Brave" ist Melissa Bel ein beeindruckendes Debüt gelungen. Wenn die Kanadierin, was ich in keinem Moment bezweifle, ihre Songs gesanglich auf der Bühne ebenso fantastisch rüberbringen kann wie auf diesem Album, dann schlummert hier tatsächlich eine Riesin. Lassen wir uns überraschen, was die Zukunft bringen wird. Auf jeden Fall sollten wir die Augen bezüglich dieser Musikerin weit offen halten.
Tracklist |
01:Distance
02:We All Lose Our Way
03:Better Things To Do
04:I Hate To Say It
05:Get Away With Murder
06:I Wish You Would Kiss Me
07:Tear This Apart
08:You Don't Fool Me
09:Tragedy In Disguise
10:Brave
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