Junger britischer Gitarrenheld zeigt klassische Bluesstandards in beeindruckender Interpretation
Oli Brown, erst 20-jähriger Gitarrenheld aus dem Vereinigten Königreich, bot in der Reichenbacher Halle ein mitreißendes Konzert mit furiosen Soloeinlagen und beeindruckte selbst altgediente Bluesveteranen. Mit Drummer Simon Dring und dem Bassisten Roger Inniss zeigte er ein Blues-Programm, das sogar Teenies und weibliche Fans, die normalerweise dieser Spielart nicht so zugetan sind, in ihren Bann zog.
Stylish bis in die Socken und im identischen Nadelstreifen wie auf seiner aktuellen Langrille
Heads I Win Tails You Lose gewandet, zeigte der britische Jungstar nach deutscher Ansage, dass die Erneuerungskräfte im Blues beeindruckende Ergebnisse an den Tag bringen. Vor spärlicher Illuminierung wurden britische Blueseinflüsse aus den Sechziger- bis Siebziger-Jahren genial mit US-Blues-Roots verbunden und mit der Energie der Moderne, kreativ und mitreißend in imposante Klanggebilde verwandelt.
"Stone Cold (Roxanne)" vom Debütalbum "Open Road" und "Hoochie Coochie Man" kamen teilweise poetisch, aber auch originell und vor allem authentisch, mit ausdrucksstarker Stimme und freien Improvisationen frisch rüber. Blues-Melodramatik hin oder her, Gitarrensalven mit den typischen Merkmalen, mal langsam, dann wieder Midtempo, wurden derart bestechend in Szene gesetzt, dass man beinahe schon von Sternstunden des Classic Blues sprechen konnte.
Der Gesamtsound wurde durch die flächendeckende Untermalung des sechssaitigen Tieftöners in eine musikalische Referenzlandschaft verwandelt. Roger Innis glänzte nicht nur in den getragenen Zwischenstücken, sondern auch mit Soloeffekten, die dem Publikum die Hände nach oben rissen. Als reine Drummaschine wirkte Simon Dring, der seine Sticks wirkungsvoll durch alle Soundfacetten rotieren ließ.
Oli Brown bringt den Blues mit der nötigen Opulenz. Er liebkost, streichelt, quält und gibt Gas auf seiner Blues-Axt, dass selbst langsame Nummern zur Live-Macht mutieren. "Makes Me Wonder", "Played By The Devil" und "Speechless" werden in einem Gitarreninferno mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu einem großen Abenteuer durch die Bluesgeschichte. Agonie und Wut, Melancholie und Verzweiflung werden durch die Saiten gereicht. Stimmungen die durch Songs entstehen, deren zeitgemäßer Neuanstrich die Klasse des noch jungen Gitarristen ausmacht. Hohe Gitarrenkunst, die den roten Faden des klassischen Blues gekonnt mit Funk-Happen erweitert und auch den dazugehörigen Gesang nicht in die zweite Reihe verweist.
Die Spielfreude der Musiker war nicht zu übersehen. Selbst Klassiker wie "Fever" garantierten durch ihre eigenständige Interpretation maximalen Hörgenuss. Der Gitarrenzauberer von der Insel begeisterte auch durch sein Bad in der Menge, bei dem er es sich nicht entgehen ließ, Soloattacken in Vollendung abzufeuern. Selbst die Pause zwischen beiden Sets konnte den unbändigen Aktionsdrang des Bluesbarden nicht stoppen. Ständig in Bewegung, teilweise mit A-cappella-Gesang, wurde eine Bluesnummer nach der anderen aus der Schublade gezogen und virtuos mit Tempovariationen und Dynamik in die richtige Spur gebracht.
Als fulminanten Schlusstrich wurde noch "Black Betty", der Ram Jam-Knaller serviert, mit dem Oli Brown den Rausschmeißer nach zwei Zugaben servierte, hart, schnell und kantig und vor allem mit der entsprechenden Rockattitüde. Purer Hörgenuss und Kurzweile, das ist die Referenz, mit der der noch aufstrebende Gitarrist punkten kann, dazu kommt noch Potenzial und stilistische Bandbreite - gleichsam Insignien, die auf einen neuen aufsteigenden Stern am Blues-Firmament hindeuten. Wir haben sein Strahlen gesehen und er leuchtete der sichtlich beeindruckten Menge auf ihrem Weg nach Hause noch lange nach.
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