Irgendwo im scheinbar unendlich großen Mittwesten der USA, genauer gesagt im Bundesstaat Iowa lebt der Musiker Patrick Bloom. Der Mann hat schon mit allen möglichen, in Deutschland größtenteils unbekannteren Musikern (wie etwa Greg Brown, Bo Ramsey, Catfish Keith oder auch Iris DeMent - um nur mal einige zu nennen) gearbeitet und war Mitbegründer der vor kurzem hier in RockTimes von Wolfgang vorgestellten Band The Mayflies, für die er immer noch als Songwriter zur Verfügung steht.
Als er im Jahr 2003 mit dem Pianisten David Zollo im Studio arbeitete, entdeckte dieser plötzlich Songs, die Bloom eigentlich nur für sich selbst und Freunde aufgenommen hatte. Von diesen war jedoch so begeistert, dass er Patrick umgehend einen Solo-Platten-Deal verschaffte. Der Rest ist mehr oder weniger Geschichte, denn Bloom hat mit seinen bisher erschienenen Alben bereits mächtig Staub in der Roots- und Americana-Szene aufgewirbelt. Bereits im letzten Jahr erschien das hier vorliegende, aktuelle Studio-Werk, "Ghosts Of Radio". Stilistisch befinden sich seine Tracks irgendwo in der Schnittmenge zwischen Singer/Songwriter, Roots sowie Americana und leben tun sie von hervorragendem Songwriting, einem angenehm warmen Sound und dem zwar alles andere als perfekten, dafür aber sehr gefühlvollen Gesang.
Nebenbei hat er für diese Scheibe mit exzellenten Musikern zusammengearbeitet, die diese nicht immer einfachen Stücke so locker leicht erscheinen lassen, dass man die Tiefe der einzelnen Songs erst nach mehrfachem Anhören richtig erkennt. Einfach klasse, vollkommen unaufdringlich sowie auf den Punkt genau eingesetzt sind zum Beispiel die Blasinstrumente bei den Titeln "Rosalie" und "Red Dodge Dart", aber auch Billy Valencia am Bass und James Robinson (Schlagzeug) haben ein ganz feines Gespür für den richtigen Groove bzw. das unverzichtbare Feeling. Einer der Höhepunkte des Albums ist die wunderschöne Ballade "Sycamore Tree" mit den vom Jazz angehauchten Gitarreneinwürfen von Eric Straumanis. In diesem Track kann man sich regelrecht verlieren.
Alles kommt sehr beschwingt, wenn zunächst auch eher unaufdringlich rüber. Patrick Bloom erzählt seine Geschichten über Desillusion, Verlust, Tod und Paranoia in einer bittersüßen, aber nie Tränen drüsigen Art, sodass man sich als Hörer ganz langsam in den Sog der Songs ziehen lassen kann, ohne diese bereits zu Beginn als seelischen Müllabladeplatz abzuhaken und schnell wieder bei Seite zu legen. Über die gesamte Strecke des Albums wird Bloom gesanglich auch sehr stark von Katharine Rüstow (der Name hört sich verdächtig deutsch an) unterstützt. Toll auch "Oh My Soul" mit einem Blues/Jazz-Gebilde, das sehr an New Orleans erinnert.
Bei "Baltimore" hört sich Bloom gar ein bisschen nach Steve Earle an, was den Gesang und die Melodieführung angeht. Unter anderen stand ihm bei diesem Track auch wieder sein 'Entdecker' David Zollo an den Tasten zur Verfügung, der den Grundsound der Nummer hier entscheidend prägt. Etwas widersprüchlich zu seinem Namen versprüht "Minnesota" eher Wüstenfeeling, sehr stark von Eric Straumanis an der Elektrischen in Szene gesetzt. Der Widerspruch wird dadurch wieder aufgehoben, wenn durch den Text klar wird, dass sich unser Protagonist in diesem nördlichen (und sehr verschneiten) Bundesstaat wohl wie in einer emotionalen Wüste wähnte. Vergleichsweise geradezu gerockt wird in "Union Suit", bei dem sich die Band einmal mehr als gut geölte Einheit präsentiert.
Das Fazit kann nur sein, dass Patrick Bloom mit "Ghosts Of Radio" ein sehr starkes, vom Sound her warmes und tiefgehendes Album eingespielt hat, das lohnt, entdeckt zu werden. Selbst wenn es auch etwas dauern mag, bis es beim Zuhörer 'klickt', so lieb gewinnt man dieses Album, wenn man die Kennenlern-Phase einmal überwunden hat und in den Kosmos von Patrick Bloom eingetaucht ist. Für mich bisher eines der absoluten Americana-Highlights des Jahres 2010.
Line-up
Patrick Bloom (lead vocals, acoustic guitars, percussion - #2,7)
James Robinson (drums)
Eric Straumanis (electric guitars)
Billy Valencia (bass)
Megan Valencia (organ - #1,3,4,5,6,7,9)
Special guests:
Katharine Rüstow (harmony vocals)
Nathan Basinger (electric piano - #1, organ - #2,8)
Lynne Hart (clarinet - #4, saxophone - #5)
Greg Young (trombones & trumpets - #4,5)
David Zollo (piano - #4,8,9)
| Tracklist |
01:Minnesota
02:Union Suit
03:Prophetstown
04:Rosalie
05:Red Dodge Dart
06:Sycamore Tree
07:Idle Signs Of Summer
08:Oh My Soul
09:Baltimore
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