Der meteorologische Frühling war noch nicht so sehr prickelnd. Dafür Phil Bee's Freedom viel mehr. Nach dem letzten King Mo-Konzert in Deutschland löste sich die Band auf. Ende 2013 war Schluss mit King Mo. Der Frontmann und Sänger gründete wenig später Phil Bee's Freedom. Es dauerte nicht lange und die sechsköpfige Formation war mit einem ersten Album am Start. Man nahm ein Konzert zum Anlass eines Live-Albums, das schlicht den Titel "Caught Live" bekam.
Phil Bee, der unter anderem Jan Akkerman, Steve Lukather oder Ana Popovic auf seiner Visitenkarte stehen hat, durfte gleich zwei Gitarristen vorstellen. Auf seiner rechten Seite war John F. Klaver aktiv und zu seiner linken Berland Rours. Er tourte bereits mit Eef Albers beziehungsweise Benjamin Herman ( New Cool Collective). Der Tastenmann Pascal Lanslots teilte die Bühne bereits mit Tino Gonzales, B.B. King und Chick Rodgers. Der belgische Schlagzeuger Marcus Weymaere tourte mit Bands wie Cowboys And Aliens, Gorki, Admiral Freebee oder Beverly Jo Scott. Der Name von Carlo van Belleghem (Bass) taucht auch bei Shirley Johnson, Phil Wiggins, Boogie Boy oder George Kirby Jr. auf.
Mit viel Stimmung und dem Funk in den Fingern wurde das Konzert von den fünf Musikern eröffnet. "Kairos" und "Octopus-E" waren die beiden ohne Pause aufeinander folgenden instrumentalen Opener des Auftritts. Mit herrlich schwebendem Klangteppich brachte Pascal Lanslots den Song prächtig auf den Weg. Die ersten Minuten der Gitarrenfraktion standen unter dem Motto des Vorgeschmacks, des Aperitifs für Live-Erlebnisse der besonderen Art.
Nach nur wenigen Nummern entstand der Eindruck, John F. Klaver wäre für die sanft-verträumte Abteilung der geschmackvollen Saiten-Arbeit zuständig und Berland Rours ließ es rocken. Allerdings war dies auch nur eine erste Einschätzung, die sich dann relativ schnell relativierte. Hier spielten zwei Gitarristen, deren Ideenvielfalt schier grenzenlos war. Marcus Weymaere und Carlo van Belleghem waren das Zentrum der infizierenden Rhythmik, wobei der Tiefton-Spezialist auf seinen vier dicken Saiten einen unheimlichen Groove erzeugte. Bestes Beispiel dafür war die mit funkigem Gitarren-Wah Wah-Einsatz unterlegte Derek Trucks-Nummer "For My Brother". Die Stimmung im Publikum stieg weiter. Mit feinen Licks aus den Gitarrenverstärkern und einem herrlichen Solo-Lauf von Pascal Lanslots verwandelte die Band das blues in eine Lounge. Zurückhaltend-balladeske Atmosphäre war angesagt und Phil Bee war ein fantastischer Sänger, der die unterschiedlichsten Emotionen rüberbringen konnte. Respekt!
"Ain't No Love In The Heart Of The City" ... oft live gehört. Gut gespielt ist halb gewonnen. Sehr gut interpretiert gibt, ohne Streichergebnis, die volle Punktzahl. Mit John F. Klavers Bottleneck-Einsatz plus allen anderen Kollaborateuren war dieses Stück eine der essentiellen Zutaten des Gigs. Enorm, welchen Raum die Musiker für ihre Soli hatten. Zeitweise meinte man, Zeuge einer richtig tollen Session zu sein. Die Gitarristen sortierten sich im gemeinsamen Twin Sound, nicht nur bei einem ganz starken "Stratus" von Billy Cobham. Ein echtes Kunststück gab es gleich nahtlos mitgeliefert, denn als Phil Bee wieder die Bühne enterte, sang er den Text von "Tobacco Road" zunächst zur weiterlaufenden Fusion-Musik. Ein wenig später erst wechselte die Band zum Thema des Eric Burdon & The Animals-/ War-Songs.
Freddie Kings "Big Legged Woman" war ein weiterer Interpretations-Höhepunkt. Unglaublich, wie sich Phil Bee's Freedom Songs anderer Künstler zu eigen machte. Warren Haynes'/ Gov't Mules "Soulshine" produzierte Gänsehaut am Fließband und mit "Where Do I Have To Stand" von Matt Schofield war Blues mit Jazz-Würzung in einer sich im Schneckentempo steigernden Dynamik. Hammer!
Allerdings verblüffte das Sextett die Anwesenden mit "All Along The Watchtower" wohl komplett. Als »diesen Song kennt ihr bestimmt« vom Frontmann angekündigt, öffneten nur die ersten Textzeilen des Klassikers die Pforten des Wissens. Mit dieser Auslegung war man der Sieger im Königsschießen um die beste Interpretation eines Klassikers der Musikgeschichte. Chapeau!
Bei "Get Out Of My Life Woman" übernahm John F. Klaver einen Teil der Lead Vocals und zitierte kurz "Jessica" von den Allman Brothers. Klasse! Der Bassist Carlo van Belleghem war ganz allgemein die Ruhe in Person. Nach seinem furiosen, auch geslappten Solo hinterließ er bei den Zuschauern Bewunderung. Eigenkompositionen aus den Bereichen Funk Rock, Slow Blues und einem Song mit einem herrlichen Break bis kurz vor die Stille werden bestimmt auf dem nächsten Album der Combo wiederzufinden sein, denn für "I Gotta Fly", "One Last Kiss" (nach dem Tod von Phil Bees Mutter geschrieben) und "My Heart Is Burning" gingen beide Daumen hoch. Vor der Zugabe lobte Phil Bee ausdrücklich den Sound-Mann für den sehr guten Klang. Mit einem John F. Klaver, der die Lautstärke seines Arbeitsgerätes bei Eric Claptons "Old Love" quasi ausschaltete, war ein brillanter Zugabe-Schlusspunkt erreicht. Während dieser Einlage war es tatsächlich Stecknadel-still und symbolisch knisterte die Luft als der Frontmann ohne Mikrofon sang. Live war Phil Bee's Freedom qualitativ hochwertige Unterhaltung mit vielen Überraschungsmomenten, die von Musikern serviert wurden, die alle überzeugen konnten. Jedem Blues-Fan wird ein Konzertbesuch dringend verschrieben.
Wir bedanken uns bei André Knoch für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Phil Bee (vocals)
Berland Rours (guitar)
John Klaver (guitars)
Pascal Lanslots (keyboards)
Carlo van Belleghem (bass)
Marcus Weymaere (drums)
Bilder vom Konzert
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