Mann, wie die Zeit vergeht. Phillip Boa And The Voodoo Club existieren schon verdammt lange. 1985 wurde die Band gegründet und mit ihrem Avantgarde Pop/-Rock hat man damals eindeutig eine Nische, einen Nerv getroffen, der bei Musikkonsumenten sehr gut ankam. Die Popularität über die Grenzen von Deutschland hinaus brachten damals Festival-Auftritte mit Björk, Nick Cage, The Fall, Gun Club, Manic Street Preachers, Iggy Pop, Resistents, Sonic Youth und in Roskilde waren es David Bowie sowie Bob Dylan.
Irgendwie wollte Boa wohl immer unabhängig sein, um so seine eigenen Vorstellungen von Musik frei umsetzen zu können. Die exotische Mischung aus zig Stilen hat einen uneingeschränkten Erkennungswert und die über mittlerweile siebenundzwanzigjährige Karriere, in der er unter anderem auch erfolgreich mit Jacki Liebezeit von Can zusammengearbeitet hat, scheint kein Ende zu finden. Gut so, könnte man an diesem Punkt sagen. Unter eigenem Namen hat der Protagonist (oder mit The Voodoo Club) unterschiedlich starke Alben auf den Markt gebracht, aber aus meiner Sicht stellt das 1993 erschienene "Boaphenia" eines der Highlights dar.
Mit vorliegendem Album namens "Loyalty" begibt sich Phillip Boa mit seinem Voodoo Club auf eine moderne Zeitreise. Die Musik auf der Platte ist so unterschiedlich, wie die Künstler, auf die Bezug genommen wird: David Bowie, Joy Divison und Roxy Music. Elektro-Punker Maik T ( How To Loot Brazil) und Gitarrist Oli Klemm ( Sankt Otten) sind mit von der Partie. Da passte es auch, dass Brian Viglione ( Dresden Dolls, Nine Inch Nails) nicht nur instrumentaler Tausendsassa in der Tracklist auftaucht, sondern das Album auch mitproduziert hat und Ian Gimble ( Bauhaus, Bombay Bicycle Club, Manic Street Preachers, Mumford And Sons) gemixt hat.
Ohne Zweifel... "Loyalty" ist vielseitig und über allem schwebt der Geist eines Boa, der wieder einmal brillante Texte, die zum Nachdenken motivieren, verfasst hat. Die Atmosphäre pendelt zwischen dunklen Fantasien, einem deutlich erkennbaren Hang zum Post Punk von Joy Division und rockendem Gitarren-Opus.
Elektronische Würze feiert eine ungeahnte Seelenverwandtschaft mit hinreißenden Melodien und heftigem Indie-Sechssaiter-Riffing. Gesanglich sind Phillip Boa und Pia Lund ein unschlagbares Team. Ihre Zusammenarbeit erstreckt sich ja auch bereits auf eine sehr lange Zeit. Der Avantgarde Rock zieht mit einer großen Freiheit in der Ausdruckskraft uneingeschränkt seine Kreise. Nach dem auf seine Art klasse groovenden Titeltrack "Loyalty" mit wunderschön arrangierten Streicherelementen sowie himmlischen Keyboards bietet "Til The Day We Are Both Forgotten" die bereits weiter oben deutliche Anlehnung an Joy Division. Welch ein Kontrast! Klasse!
"Sunny When It Rains" ist der ultimative Roxy Music-Tanz-Track mit infektiösem Groove und einem verträumt-ruhigen Intermezzo in der Mitte der Nummer. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass aus welchen Gründen auch immer die sehr wohl in der Tracklist aufgeführten Kompositionen "You Are Beautiful And Strange" sowie "When The Wall Of Voodoo Breaks" auf vorliegender Promo-CD keine Berücksichtigung gefunden haben. Schade! "Lobster In The Frog" ist von viel perkussivem Treiben geprägt und als ein Highlight serviert uns Brian Viglione ein feines Schlagzeugsolo.
Die 'Boamania' hat mit "Loyalty" neuen Zündstoff erhalten. Das überzeugende Album wird man sich in verschiedenen Formaten zulegen können. Aus CD, LP oder in der Deluxe Edition mit dickem Booklet, einer um einige Tracks erweiterten CD sowie einer DVD oder gar als Download haben nicht nur die Boa-Fans ihre Wahl zu treffen. An Phillip Boa And The Voodoo Club-Konzerten mangelt es mit Herbst 2012 jedenfalls nicht. Mit Terminen in der gesamten Republik, der Schweiz und Österreich gibt es viele Gelegenheiten, den Vater des deutschen Indie Rocks live zu erleben.
Line-up:
Phillip Boa (vocals, some guitar, some percussion)
Pia Lund (vocals)
Brian Viglione (drums, percussion, guitar, bass, piano, synthesizer, marimba, backing vocals)
Oliver Klemm (guitars, acoustic guitars)
Toett (keyboards, mellotron, akkordeon, oboe, cello)
Maik T (bass, electrostuff)
David Vella (keyboards, percussion, guitar)
Tracklist |
01:Black Symphony (5:11)
02:Want (3:14)
03:Ernest 2 (3:57)
04:Loyalty (4:02)
05:Til The Day We Are Both Forgotten (4:05)
06:Sunny When It Rains (4:48)
07:My Name Is Lemon (3:52)
08:Under A Bombay Moon Soon (5:11)
09:Lobster In The Fog (5:05)
10:You Are Beautiful And Strange (3:43)
11:Dream On Planet Cherry (2:56)
12:When The Wall Of Voodoo Breaks (6:09)
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