Ein Kunstwerk in mehreren Medien liefert uns Sascha Blach da ins Haus und bringt mich bei 30° im Schatten damit ins Schwitzen. Was ist das nun? Buch mit CD - durchaus, doch wird diese Klassifizierung dem Umfang des Werkes nur begrenzt gerecht. Das Buch, als Rezensionsexemplar elektronisch geliefert, ein fast 200-seitiger Gedichtband angereichert mit stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Fotografien. Gedichte bei RockTimes? Gehören die nicht in ganz andere Medien? Die CD - 20 Titel und bei keinem einzigen scheppert ein Schlagzeug oder kreischt eine Gitarre. Sprechgesang mit Synthiesequenzen hinterlegt, düster und sehr experimentell. Und doch passt dieses Werk zu RockTimes, nicht nur, weil wir über Sascha Blach alias Alexander Paul Blake bereits mit seinem Musikprojekt Eden Weint Im Grab , Trauermarsch nach Neotopia berichtet haben.
Sehr weit weg vom kommerziellem Einheitsbrei ist dieses Werk angesiedelt, ein Herzblutprojekt des Produzenten. Zu viel Niveau, um kommerziell den großen Durchbruch zu schaffen. Und doch eine Perle für alle, die ihre Hirnmasse nicht an der Tür von Märchenmarkt & Co abgegeben haben und es wagen, sich auch auf Anspruchsvolles einzulassen. So wie viele unserer RockTimes - Leser.
Die Gedichte, von Blach dem Visionismus zugeordnet, umfassen etliche Bereiche seines lyrischen Schaffens. Von »Worte als Waffen - lyrische Metaebenen« über »Lust- & Leidpoesie« bis hin zum »Weltuntergang und Erdenkatharsis - ein visionärer Ausblick« zeigen sie die vielfältigen Gedankenwelten des Sascha Blach. Den Gedichten und Kurzgeschichten vorangestellt ist ein Essay mit dem Versuch, seine Lyrik einzuordnen. In der Tradition der Romantiker, beeinflusst von den Expressionisten, und doch im Hier und Heute angesiedelt, definiert Blach seinen Visionismus:
»Dies wiederum soll nicht heißen, dass ich mich gegen die Vorteile der modernen Massenmedien wehre, denn bewusst genutzt, haben sie auch für den konservativsten Dichter ihre Vorteile, beispielsweise bei der Vermarktung des eigenen Schaffens. Es gilt jedoch, die moderne Technik wohlüberlegt für sich zu nutzen, anstatt sich von ihr benutzen zu lassen. Der Visionismus ist also einerseits fortschrittlich und strebt einem in der Zukunft liegenden 'Goldenen Zeitalter' entgegen, ist andererseits jedoch stockkonservativ und an Traditionen gebunden. Er rebelliert gegen die Schnelllebigkeit, Oberflächlichkeit und Abstumpfung der breiten Masse anstatt sich ihr zu fügen...
Visionistische Texte sollen Bilder vor dem geistigen Auge hervorrufen, ähnlich wie der phantasievolle Hörer beim Hören besonderer Musik vor dem geistigen Auge mehr sieht als die visuellen Reize, die das physische Auge in diesem Moment wahrnimmt.«
Ein breiter Raum wird dabei der Liebe in allen Facetten eingeräumt, von Sehnsucht und Herzschmerz bis hin zur Ekstase. Welten zwischen Traum und Tod, Naturmystik und Weltuntergang sind weitere tragende Sujets.
Und doch greift Blach auch aktuelle Themen auf, wie beispielsweise das »Weihnachtliche Vernichtungslager«, in dem die in Massen gehaltenen Tiere unter Bedingungen wie einst in Auschwitz und Buchenwald als billiges Futter für die Menschen produziert werden.
Ziemlich abgefahren und keineswegs leicht verdaulich sind die Texte und dennoch faszinieren sie mit ihrer Wortgewalt. Nicht unbedingt als locker leichte Bettlektüre, aber in Maßen und im entsprechenden Rahmen genossen, bieten sie sich als besinnlich-melancholische Elemente für trübe Wintertage an.
Ähnliches gilt auch für die CD. Sie ist weder ein konventionelles Hörbuch, noch ein reines Musikvergnügen.
Ganz stark dominieren hier die Texte, die Musik dient zur Untermalung und weiteren Verdeutlichung der Inhalte. Der Vortrag ist ausdrucksstark, düster, stellenweise fast beängstigend und doch fesselnd und faszinierend. Und er bringt die Bilder vor dem geistigen Auge zum Laufen, langsam und schwarz-weiß und doch weit über das hinausgehend, was der reine Vortrag impliziert. Blach schreibt:
»Es gilt dabei, den Leser mit Sprache zu verzaubern und seine Phantasie anzuregen«.
Zumindest meine Phantasie wird von Blachs Zaubersprache angeregt.
Line-up:
Sascha Blach (Sprechgesang, musikalische Untermalung)
Tracklist |
01:Ein Moment in Ewigkeit
02:Tiefseetaucher
03:Eine sonderbare Verwünschung
04:Lebenslicht
05:Reimzwang
06:Manifestation einer Sehnsucht
07:Die ewige Sinnsuche in den Gärten der Gedanken
08:Venus' Offenbarung
09:Krieg der Leidenschaft
10:Der dunkle Poet
11:Die Nachtmär
12:Grabgeflüster
13:Rezessiver Wintertraum [nur auf CD]
14:Eine Jenseitsdepesche
15:Vision und Wahn
16:Im Schatten einer altertümlichen Windmühle
17:Gang durch eine verlassene Spukvilla
18:Aus einem nächtlichen Tagebuch
19:Madame Ligeia [nur auf CD]
20:Heimweh
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