Tim Bragg / Stranger Through The Window
Stranger Through The Window Spielzeit: 58:21
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Rock, Pop

Review vom 22.09.2010


Markus Kerren
Wenn jemand sein bereits achtes Album veröffentlicht, sollte man eigentlich von einem gewissen Bekanntheitsgrad ausgehen dürfen. Tatsächlich hatte ich bisher aber noch nie von dem Engländer Tim Bragg gehört. Und leider stellt sich im Verlauf des vermehrten Anhörens von "Stranger Through The Window" auch heraus, warum sich der Name unseres Protagonisten noch nicht über eine kleine Fan-Schar hinaus populär gemacht hat. Aber der Reihe nach …
Tim Bragg ist ein Songwriter, dessen Hauptinstrument eigentlich das Schlagzeug ist. Die vorliegenden 14 Tracks hat er jedoch fast im Alleingang eingespielt, indem er auch den Grossteil der restlichen Instrumente übernahm. Im Angebot hat Bragg eine Mischung aus relaxtem Rock mit poppigen Einflüssen, den er zum größten Teil in gezügeltem Tempo zum Besten bringt. Das erinnert stilistisch des Öfteren Mal an Nightclub-Atmosphäre zu fortgeschrittener Stunde.
Mit "On The Radio" beginnt die Scheibe recht flott, mit gefälligen Gesangslinien und einem schönen Gitarrensolo. Allerdings kann mich der Gesang bzw. die Stimme Braggs nicht so recht überzeugen, wenn hier auch noch alles im Rahmen ist. Schwächen bezüglich der Vocals (die trotz intensiver Halleffekt-Behandlung nicht zu überhören sind) ziehen sich jedoch durch die gesamte knappe Stunde Spielzeit. Dafür sind die Gastbeiträge der eingeladenen Gitarristen sehr gelungen ausgefallen und lassen auch mal den ein oder anderen Durchhänger beim Songwriting nicht ganz so deftig ausfallen.
Interessant ist "Where Is The Fighter", ein ganz offensichtlich Phil Lynott gewidmeter Song, in dem Tim Bragg auch gesanglich so wie der Thin Lizzy-Frontmann zu klingen versucht. Ein cooler Text und eine schöne Widmung an den 1986 verstorbenen Iren, in dem auch viele Zitate sowie Album- und Songtitel Lizzy's auftauchen.
Das Album hat seine kleinen Höhepunkte, wenn die Soli von Leuten wie James Vargas (Saxophon), den Gitarristen Jules Reason, John Loasby, Perry James und Leburn Maddox oder auch dem Violinisten Toby Hill Einzug halten. Jeder einzelne Track der Scheibe ist auch nicht unbedingt schlecht, aber als Ganzes gesehen gibt das Songwriting dann doch zu wenig her. Es gibt so gut wie keine Höhen und Tiefen, die Titel laufen ziemlich spannungslos aus den Boxen und auf Überraschungen wartet man leider ebenfalls vergeblich. Dieses Album mag eventuell funktionieren, wenn man nach einem stressigen Arbeitstag was zur Berieselung laufen lassen möchte, aber mir persönlich ist das zu wenig.
Ein weiterer Punkt ist, dass das Album aufgrund der erwähnten Schwächen mit einer knappen Stunde Spielzeit auch wesentlich zu lang ausgefallen ist. Hätte sich Bragg auf die zehn besten Songs beschränkt, dann würde die Sache eventuell auch schon wieder anders aussehen. Denn Ansätze sind durchaus vorhanden ("No Confidence", "Where Is The Fighter", "The Monthron Girl"), wenn diese auch aufgrund des eher schwachen, da zu dünnen Gesamtsounds nach einer Weile wieder verpuffen.
Als dieses Review bereits geschrieben war, stellte ich überrascht fest, dass RockTimes-Urgestein Daniel bereits über den Vorgänger rezensiert hatte. Sein Review endete wie folgt:
»Insgesamt liegt mir das Fazit schwer im Magen (zumal dieser Tim Bragg wahrscheinlich ein netter Kerl ist): Ein anderer Sänger, ein vernünftiger Produzent und ein professioneller Grafiker hätten "Waiting For The Light" zu einem wirklichen Quantensprung in Tim Braggs Musikkarriere machen können. So bleibt es bei einem Werk der vergebenen Möglichkeiten und dem wohl fortschreitenden Verbleib im Musik-Nirvana der Amateur-Liga.«
Leider trifft dieses Fazit auch exakt auf "Stranger Through The Window" zu und da ich es selbst nicht besser hätte schreiben können, erspare ich mir auch jeden weiteren Kommentar.
Line-up:
Tim Bragg (vocals, drums, bass, keyboards, percussion, acoustic & electric guitars)
Gerald Maguire (spanish guitar - #4,10,11, background vocals - #11)
James Vargas (saxophone)
Toby Hill (violin)
Gordon Woodcock (harmonica)
Jules Reason (rhythm & lead guitars - #1,3,5,9)
John Loasby (rhythm & lead guitars - #2,8)
Perry James (rhythm & lead guitars - #6)
Paul Knight (rhythm & lead guitars - #11)
Leburn Maddox (rhythm & lead guitars - #13)
Adam Beetlestone (lead guitars - #7)
Tracklist
01:On The Radio
02:Chasing Down Dreams
03:Where Is The Fighter
04:When Spring Comes 'round
05:Some Answers
06:Night Is Fallin'
07:Sunrise
08:No Confidence
09:Get Right Back
10:Stranger Through The Window
11:Can't Run Away
12:The Monthron Girl
13:Cruel Trick
14:Won't Change A Thing
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