Bruce Cockburn / Small Source Of Comfort
Small Source Of Comfort Spielzeit: 53:39
Medium: CD
Label: True North Records, 2011
Stil: Singer/Songwriter


Review vom 24.03.2011


Wolfgang Giese
Fast zwei Jahre sind vergangen seit der letzten Platte von Bruce Cockburn, das war die Doppel-CD Slice O Life - Live Solo mit Liveaufnahmen. Und seit dem ersten, gleichnamigen Album aus dem Jahr 1970 sind nun über 40 Jahre vergangen, eine reife Leistung. Ist es auch die Musik dieser neuen Veröffentlichung?
Konzentrierte sich bereits das Livealbum auf sparsame Gestaltung der Songs, so ist auch das neue Studiowerk in diese Richtung orientiert, allerdings üppiger ausgestattet.
Es klingt eigentlich wie ein typisches Album des kanadischen Barden, mit folkiger Grundlage, auf der sich Elemente aus Jazz, Blues und Rock austoben können. Die Musik ist packend, mitreißend und sprüht vor Energie.
Ganz kraftvoll von akustischer Gitarre vorangetrieben und mit Violine ausgeschmückt startet die Platte sehr vielversprechend. Schleppend und dezent rockend geht es weiter, bis bereits mit dem dritten Stück ein weiterer Aspekt hinzu kommt. Das ist eines der fünf Instrumentals der Scheibe - eher ungewöhnlich für den Songwriter. Doch er lässt seinem Mitmusiker und Produzenten Colin Linden auch hier viel Spielraum, seine Virtuosität zu zeigen, dazu swingt es dezent.
Mit schwebendem Sound am Akkordeon und wehmütig klagender Violine sind Anklänge an den frühen Cockburn auf "Radiance" zu hören. Und nun gesellt sich auch noch ein Hauch von Countryblues dazu, wenn auf "Five Fifty-One" ein bluesiges Feeling durch die Harp aufkommt. Bereits jetzt komme ich nicht umhin, in Begeisterung ob der Vielseitigkeit und der qualitativ hohen Fülle und Dichte auszubrechen!
Und so geht es immer weiter, mit Folk oder auch jazzigen Tönen; z.B. auf "Lois On The Autobahn", wo man wohl kein hohes Tempo vorlegt, aber offensichtlich auf der Straße dahinzugleiten scheint - auch wieder rein instrumental. Mit meditativen, an Tempelmusik des asiatischen Raumes erinnernden Klängen startet "Boundless", um dann in ein treibendes Folkstück mit dezent lateinamerikanischem Flair fortzuschreiten. Wiederum ganz klasse gemacht.
Aus der Musik spricht Leidenschaft, ja, trotz der relativ sparsamen akustischen Instrumentierung wird man oft von der Wucht des Vortrages mitgerissen. Dieses ist einer der beiden Titel, die Cockburn mit der Songwriterin Annabelle Chvostek zusammen geschrieben hat. Beide Male singt die Dame auch mit.
Wiederum ganz besonders ist "Comets Of Kandahar", mit einer sehr ungewöhnlichen Mischung, das geht schon fast in Richtung Jazz Rock, die Geige hätte hier auch von Nigel Kennedy gespielt werden können. Ein wenig erinnert es mich auch an Michal Urbaniak, den polnischen Jazz/Fusion-Violinisten. Das treibt wiederum nur instrumental voran und ist für mich einer der Höhepunkte der Platte, einerseits untypisch für Cockburn, andererseits aber auch seine Vielseitigkeit beweisend.
Melancholie löst die lockere Stimmung mit dem Song "Each One Lost" ab. Klar, behandelt es auch die tragische Geschichte zweier kanadischer Soldaten, die im Krieg getötet wurden. Und zwar in jenem Krieg, der auch in den "Comets Of Kandahar" akustisch beschrieben wurde: Dort nämlich bezeichnete ein Soldat die in absoluter Dunkelheit startenden Maschinen und deren Antrieb so, dass sie ihm wie die 'Kometen von Kandahar' erschienen.
Überhaupt ist wieder viel Text zu verarbeiten, mit dem uns der Künstler konfrontiert. Skurril gar im Titel "Call Me Rose", in dem es ironisch darum geht, wie es Richard Nixon wohl gehen mag, als Reinkarnation im Körper einer Frau zu leben. "Ancestors" - werden hier die Vorfahren beschworen, sich zu melden? Die Gitarre, die mich absolut an den Stil Ralph Towners erinnert, scheint mystische Rufe erklingen zu lassen.
Neben Colin Linden, der eine glanzvolle Vorstellung abliefert, ist die Violinistin Jenny Scheinman der weitere Star der Platte. Mit ihrem Geigenspiel veredelt sie so manchen Titel, wie sie es auch schon bei Veröffentlichungen von u.a. Norah Jones bewiesen hat. Gar lustig, luftig und leicht 'hüpfend' entlässt uns die Scheibe mit dem kurzen "Gifts" in den Wunsch, dass das noch etwas weiter gehen möge. Das ist ein alter Song, der hier erstmals aufgenommen wurde. Cockburn sagt dazu: »Way back when, I used to close my shows with this song. Never seemed right to record it until now«. Ein feiner Abschluss einer großartigen Platte!
Also - noch einmal von vorn abspielen!
Line-up:
Bruce Cockburn (vocals, guitar)
Colin Linden (guitar)
Jenny Scheinman (violin)
Annabelle Chvostek (vocals - #6,8)
Jon Dymond (bass)
Gary Craig (drums)
Tracklist
01:The Iris Of The World (3:23)
02:Call Me Rose (3:18)
03:Bohemian 3-Step (4:08)
04:Radiance (4:15)
05:Five Fifty-One (3:35)
06:Driving Away (4:36)
07:Lois On The Autobahn (4:46)
08:Boundless (4:46)
09:Called Me Back (2:42)
10:Comets Of Kandahar (4:50)
11:Each One Lost (4:00)
12:Parnassus And Fog (3:30)
13:Ancestors (4:00)
14:Gifts (1:58)
(all titles by Cockburn, except - #6 & 8 by Chvostek/Cockburn)
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