Captain Murphy / Human Cannonball
Human Cannonball Spielzeit: 38:54
Medium: CD
Label: Wild Kingdom, 2007
Stil: Rock

Review vom 19.02.2007


Markus Kerren
Das Potenzial von nachwachsenden und guten skandinavischen Bands, bzw. Musikern scheint geradezu unerschöpflich zu sein. In meinem CD-Player rotiert sich nun schon seit einigen Tagen das zweite Album von Captain Murphy, "Human Cannonball", schwindelig. Jaja, diese Käpt'ns. Hmm, mal sehen: Da waren unter anderem bereits Captain Beefheart, der Käpt'n (Ex-Schlagzeuger von Ton Steine Scherben), Captain Jack oder auch Captain America (Peter Fonda in dem Film "Easy Rider"). Alles mehr oder minder interessante Gestalten, die eine Gemeinsamkeit hatten. Nämlich, dass sie alle auf die ein oder andere Weise gewaltig einen an der Schüssel hatten.
Okay, also mal sehen, wie sich der Soldat Murphy im Vergleich mit den anderen Offizieren gleichen Ranges aus der Affäre zieht. Der Reigen wird vom Titelsong und einer etwas reißerischen Ansprache eröffnet. Der Track an sich entpuppt sich im Verlauf allerdings als noch abgedrehter. Wie kann ich das beschreiben? Psychotischer Punk? Auf jeden Fall gehts in diese Richtung und ich denke so bei mir: Das kann ja heiter werden!
Denkste, denn der Nachfolger, "I Belong To The Girls", glänzt erstmal durch ein cooles Gitarren-Riff und einen supermelodiösen Refrain. Völlig anders als der Opener, haben wir es hier mit Psychedelic-Pop-Rock zu tun, den man vom Gefühl her am ehesten in den späten Sechzigern ansiedeln würde.
Gleiches gilt für "Leaving All The Dead Behind" und meine Ohren fangen an zu lächeln. Denn diese Jungs haben offensichtlich ein tolles Gespür für Melodien, die einerseits im Ohr hängen bleiben und es dennoch schaffen, sich den Charme einer Garagen-Band zu bewahren.
Doch dann - Himmel - der nächste Kurswechsel. Song Nr. vier ist von der Stilistik her lupenreiner Punk-Rock. Nur halt ganz geschickt so gemixt, dass "Ooh Ah Wap Shee Wah Yeah!" nicht gar zu gemein klingt, sprich man trotz aller Rotzigkeit die feinen Melodien und melodiösen Gitarren-Licks deutlich raushören kann.
"Space Is A Cold And Lonely Place" führt uns dann aber wieder zurück und kann nur als Psychedelic-Pop-Rock-Masterpiece bezeichnet werden. Supergeiler Refrain, direkt aus der Flower-Power-Zeit ins Jahr 2007 gebeamt und irgendwie mit einem über allem schwebenden, paranoiden Gefühl, wie etwa bei Velvet Undergrounds "Sunday Morning", versehen.
Captain Murphy schaffen es hervorragend, diese Endsechziger-Psychedelia ins 21. Jahrhundert zu transformieren, ohne mit ihren Songs und Melodien jemals in die Nähe von Plagiatismus alter Kamellen zu geraten. Als weiteres Highlight muss auch noch "Stuzie" genannt werden, das durch seinen Drive und die Gesangsmelodien einfach süchtig macht.
Dieser Vierer ist auf einem verdammt guten Weg. Zugegeben, es gibt auch ein paar Hänger auf "Human Cannonball". Dazu gehören der etwas wirre Titelsong, "Don't Believe In 'Em People", das den gesetzten Standard nicht ganz halten kann, oder auch "Stockholm Or Bust", das zwar gefällig ist und wieder mit dem Punk-Rock flirtet, aber letztendlich gegenüber den stärkeren Tracks der Scheibe eher abfällt.
Alles in allem überwiegt das Plus aber doch deutlich dem Minus, denn Perlen wie "I Belong To The Girls", "Space Is A Cold And Lonely Place" oder "Stuzie" laufen einem nun wirklich nicht an jeder Straßenecke über den Weg. Die Schweden sind, wie auch beim Hidden Track "I Wanna Thank You Now" immer dann am besten, wenn sie ihrem Spürsinn für tolle Gesangsmelodien zu spacigem Pop-Rock frönen.
Der offizielle Pressetext weist darauf hin, dass die Band live am stärksten ist. Jau, so soll es auch sein für eine waschechte Rock'n'Roll-Band. Ich meinerseits würde mich nicht lumpen lassen, um einen schönen Abend bei einem Konzert von Captain Murphy in einem gemütlichen Club verbringen zu können.
Hier wird gutes Songwriting geboten, man ist sehr melodiebewusst und außerdem ist jede Menge Potenzial vorhanden. Ich bin auf jeden Fall schon sehr auf das dritte, sogenannte 'Make Or Break'-Album gespannt. Klasse!
Line-up:
Sonny Boy Gustafsson (vocals, lead guitars)
Victor Hyifeldt (rhythm guitars, backing vocals)
Johnny Borgstrom (bass, backing vocals)
Tomas 'Fruttas' Eriksson (drums)
Tracklist
01:Human Cannonball (Part Two)
02:I Belong To The Girls
03:Leaving All The Dead Behind
04:Ooh Ah Wap Shee Wah Yeah!
05:Space Is A Cold And Lonely Place
06:Lost Little Chrissy
07:Sioux Rocker
08:Stuzie
09:Don't Believe In 'Em People
10:The Mighty Plan
11:Stockholm Or Bust
12:(Hidden Track)
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