'Frei' und 'spontan' sind die beiden Attribute, die sich die kalifornische Band Carlton Melton auf die Fahnen geschrieben hat. So wurde speziell auf den ersten (der mittlerweile immerhin ca. zehn) Alben der Amerikaner nur einer einzigen Parole gefolgt: »Improvisation, keine Proben, keine Ausarbeitung bestimmter Parts, kein zweites Mal denselben Song spielen... alles was ihr zu hören bekommt, sind First Takes!« Professionelle Aufnahmestudios? Nee, aufgenommen wird bzw. wurde in einem privaten Wohnzimmer... Und das scheint ganz prächtig zu funktionieren, wenn man bedenkt, dass sich das Trio so langsam dem ersten Dutzend an veröffentlichten Langrillen nähert.
Aber halt, es scheint sich zwischenzeitlich doch ein bisschen was geändert zu haben. Denn für das brandneue Werk "Out To Sea" lief der Dreier doch tatsächlich in den El Studios in San Francisco ein, um an einem einzigen Wochenende die vorliegenden gut 76 Minuten aufs Band zu bringen. Für die Produktion konnte Phil Manley gewonnen werden, der bei zwei der Tracks auch als Gastmusiker zu hören ist. Psychedelic Rock ist wohl die treffendste Bezeichnung für die vorliegenden elf Tracks, die sehr variantenreich - und so abenteuerlich, wie es wahrscheinlich nur bei improvisierter Musik möglich ist - auf einen Trip durch die Welten, durch Himmel und Hölle und wieder zurück einladen.
Bereits der Opener "Peaking Duck" zieht die Aufmerksamkeit des Hörers umgehend auf sich. Der Synthesizer von Produzent und Gast Phil Manley wabert verdammt spacig, die Drums klopfen unbeirrt einen simplen (aber genau passenden und deshalb effektiven) Beat, bis dann der Bass und die Gitarre dazukommen und das Raumschiff Carlton Melton damit endgültig den Orbit unseres Planeten verlässt. Gewaltig und mit viel Nachdruck scheinen die Saiteninstrumente keine Hindernisse zu akzeptieren, alles platt zu walzen, bis dann die Synthies immer wieder für Luftigkeit und Unbeschwertheit, quasi das Schweben im unendlichen All, sorgen. Oder "Wheel And Deal"... wahrscheinlich das beste Black Sabbath-Instrumental, das die Engländer nie geschrieben haben. Wobei sich die Gitarre von Andy Duvall bei den Soli dann doch deutlich abhebt und ihre ganz eigenen Geschichten erzählt. Schade, dass nach etwa dreieinhalb intensiven Minuten schon wieder Schluss ist...
Sehr sanft und melodisch sowie nur leicht (wie vom Wind) von der Gitarre gesteuert, bewegt sich "Diamond In The Rough" durch seine über sieben Minuten Laufzeit, was nach den ersten beiden Nummern aber auch als sehr willkommene Erholungsphase begrüßt wird. Deutlich psychedelischer wird es bei "It's Been Summer All Winter". Die Musik wirkt auch hier anfangs nur schemenhaft, als leise Untermalung zu jedem individuellen Film, der gerade in den Hirnwindungen des Hörers abläuft. Was hier abgeht, ist die Kunst unheimlich viel Effektivität mit leisen Tönen zu erzeugen. Ein Soundtrack für's Unterbewusstsein, sozusagen...
Falls die hier vorliegenden elf Tracks ebenfalls wieder völlig aus dem Stegreif entstanden sein sollten, dann kann man den Herren Duvall, Golden und Millman einfach nur ein riesengroßes Kompliment aussprechen. Denn die Stücke sind spannend, hypnotisch, atmosphärisch und reichen je nach Titel von relaxend bis mitreißend. Und ganz sicher trägt auch der Umstand zwei unterschiedliche Drummer am Start zu haben, zu der Vielseitigkeit und Variabilität der Gruppe bei. Für meinen persönlichen Geschmack hätte der spacige Anteil ruhig noch ein bisschen dominanter vertreten sein können, aber das ist lediglich eine Randnotiz hinsichtlich eines durchaus geilen Instrumental-Albums.
Ganz sicher ist die Musik von Carlton Melton nicht für jedermann, aber wer auf psychedelischen Stoner Rock ohne Gesang kann und offen für einen kleinen Geheimtipp ist, der sollte sich die Band auf jeden Fall mal zur Brust nehmen.
Line-up:
Andy Duvall (guitars, drums)
Clint Golden (bass, drums)
Rich Millman (guitars, synthesizers)
With:
Phil Manley (synthesizer - #1, guitar - #7)
Tracklist |
01:Peaking Duck
02:Wheel And Deal
03.Diamond In The Rough
04:Out To Sea
05:Amfmpm
06:Too Close To Home
07:Similarities
08:It's Been Summer All Winter
09:The Barrier
10:Perdiddle
11:Realms
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