|
Akustischer Blues ist wieder einmal angesagt.
Wenn es um diese Richtung geht, darf das seit 1984 zusammen agierende Duo Cephas & Wiggins auf keinen Fall fehlen.
Der Gitarrist sowie Sänger John Cephas, Jahrgang 1930 und der Harper Phil Wiggins, fünfundzwanzig Jahre jünger als sein Gitarren-Partner, wurden beide in Washington, D.C. geboren und sind herausragende Vertreter des sogenannten Piedmont Blues. Geografisch beheimatet ist diese Spielart zwischen Richmond und Atlanta, eine Route, die vom Appalachen-Gebirge geprägt ist.
"Richmond Blues" ist Teil einer Veröffentlichungsserie der Smithsonian Folkways Recordings unter dem Titel 'African American Legacy Recordings' und in Zusammenarbeit mit dem National Museum of African American History and Culture entstanden.
Weitere Vertreter dieser Richtung sind unter anderem Sonny Terry & Brownie McGhee, Lonnie Johnson, Rev. Gary Davis oder Willie McTell.
Im 32-seitigen, sehr informativen Booklet ist John Cephas zitiert: »This is black folk music, but it's also all in our music… Today anybody can learn the blues; but for me it's part of my heritage, it's in my blood.«
Eines der prägenden Elemente des Piedmont Blues ist der Country-Einfluss, und den gibt es reichlich auf dem Album "Richmond Blues".
Fast die gesamte Platte kann als Zeitreise durch die Geschichte dieser Richtung angesehen werden.
Cephas & Wiggins transferieren die Songs in ihr typisches Outfit und klingen, bei aller Historie, richtig frisch. So gibt es natürlich auch Zitate, zum Beispiel von Blind Boy Fuller, Big Bill Broonzy (obwohl aus der Delta/Chicago-Fraktion) oder Memphis Minnie.
Neben einem zwischen Country und Folk angesiedelten "John Henry" gibt es zur Überraschung als zweiten Track ein Fats Domino-Cover. Diese Nummer zieht das Duo auf links und macht quasi einen neuen Country-Fingerpicking-Song daraus. Von der Fats-Ballade ist die Wehmütigkeit geblieben, die besonders Wiggins mit der Harp rüberbringt.
Dem Blind Boy Fuller haben die zwei Blueser gleich dreimal Zugang zur Tracklist gewährt. Mit "Mamie" steckt man ganz tief in der Piedmont-Tradition und wer erfahren möchte, wie so etwas in aller Frische klingt, möge bitte eine Hörprobe beim Platten-Label nehmen. Dort kann man sich übrigens Samples aller Songs zu Gemüte führen. Cephas & Wiggens haben leider keine MySpace-Seite.
Locker spielt man in "Pigmeat Crave" auf und verdeutlicht, dass Ragtimer für die Tanzfläche gemacht sind. Dagegen regt das letzte Fuller-Zitat, "Prison Bound Blues" eher zum Zuhören an, denn zum Tanzen. Fast über die gesamte Länge lässt Wiggins seine Harp aufheulen und Cephas singt fulminant.
Eine echte Blues-Hymne ist "Key To The Highway". Grandioses Gitarren-Spiel und eine Harp-Darbietung mit vielen Feinheiten im Detail prägen diese Komposition. Den Song sollte man sich häufiger anhören. Ein Highlight!
Neben Fuller hatte Rev. Gary Davis großen Einfluss auf den Gitarristen und Sänger des Duos. So verwundert es nicht, dass mit "Great Change" ein Davis-Song auf der CD vertreten ist. Hier ist der Gesang des Bluesers hervorzuheben.
Bei der hervorragenden Klang-Qualität des Albums ist man bei jedem Track hin und weg, weil man wirklich jeden Ton mitbekommt, besonders von der Gitarre.
Die Broonzy-Nummer "Keep Your Hands Off My Baby" ist großes Kino und mit "Going Down The Road Feeling Bad" gibt es ein weiteres Muster-Beispiel an Piedmont Blues. Fingerpicking par excellence.
Eine Blues-Ballade ist auch im Köcher. "Careless Love" heißt der Titel, den unter anderem auch Leadbelly in seinem Repertoire hatte. Cephas lernte den Song von seinem Großvater, wie aus den Anmerkungen im Heftchen hervorgeht. Auch ein klasse Track und hier ist es wieder einmal Wiggins, der abermals unter Beweis stellt, wie gut er an der Hohner Marine Band ist.
Der Inhalt des Booklets sollte nochmals hervorgehoben werden.
Bei einer DVD würde von Bonus-Material gesprochen werden und davon gibt es reichlich, nicht nur zur Geschichte der beiden Protagonisten, sondern auch zum Piedmont Blues und darüber hinaus Anmerkungen zu den Songs. Auch hier hat Album-Produzent Barry Lee Pearson ganze Arbeit geleistet.
"Richmond Blues", pur und rein, ausschließlich im Duo eingespielt hat alle Attribute einer Vorzeige-Platte und ist auch aus Sicht der Spielzeit erschöpfend.
Wenn schon, denn schon: Cephas & Wiggins halten die Fahne des akustischen Blues, nicht nur mit dieser Scheibe ganz hoch und somit kann ich eine Empfehlung aussprechen.
Line-up:
John Cephas (vocals, guitar)
Phil Wiggins (harmonica)
| Tracklist |
01:Richmond Blues (3:57)
02:Going To The River (5:02)
03:Keep Your Hands Off My Baby (3:58)
04:Black Rat Swing (3:32)
05:Mamie (4:10)
06:Crow Jane (3:01)
07:Dog Days Of August (4:09)
08:John Henry (5:36)
09:Pigmeat Crave (3:32)
10:Prison Bound Blues (5:21)
11:Key To The Highway (3:25)
12:Going Down The Road Feeling Bad (3:35)
13:Careless Love (5:48)
14:Great Change (3:47)
15:Reno Factor (3:16)
16:Step It Up And Go (2:57)
|
|
Externe Links:
|