Ende Dezember 2009 erreichte uns die E-Mail eines Lesers mit der Anfrage, ob wir vielleicht die Band Cheap Wine kennen würden, deren Songs er bei Amazon per MP3-Downloads runtergeladen hat, da ihn die Stücke schwer begeistert hätten. Die Band würde vermutlich aus Italien stammen.
Nun, recht hat er, unser Leser, der Vierer stammt tatsächlich aus Italien. Und eine ausgiebige Hörprobe auf deren MySpace-Seite (Link untenstehend) hat uns sogar dazu veranlasst, uns um das neue Werk bei der Band persönlich für eine Besprechung zu bemühen.
Die Stücke, die auf MySpace zu hören sind, stammen jedoch nicht nur von einer Platte, sondern bieten einen guten Querschnitt ihrer doch schon recht zahlreichen Veröffentlichungen. So wurde im Jahr 1997 mit der Produktion der EP "Pictures" begonnen. Es folgten "A Better Place" (1998), "Ruby Shade" (2000), "Crime Stories" (2002), "Moving" (2004), "Freak Show" (2007) und nun "Spirits" (2009). Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass Cheap Wine immerhin schon 'alte Hasen' im Musikgeschäft sind. Warum die Band dennoch bis heute nur ein Geheimtipp bleibt und ihre Scheiben bei Amazon schweineteuer als Import verkauft werden (bzw. die Songs als MP3 zu haben sind), bleibt mir offen gesagt ein Rätsel.
Aber wenden wir uns ihren musikalischen Schöpfungen zu. Einige der auf MySpace dargebotenen, etwas flotteren Nummern wecken ab und zu Assoziationen an eine meiner Faves, die Black Crowes, aber auch an die Sand Rubies. Ein passendes Beispiel dafür ist "Shakin' The Cage" vom 2004er "Moving" der Cheap Winer. Hier hab ich wirklich das Gefühl, "Mary" (aus "Return Of The Living Dead, 1998) von den Sand Rubies hätte Pate gestanden. Ja selbst die Gitarrenparts gehen in die gleiche Richtung, nur dass Cheap Wine anstelle einer Violine die Harp einsetzen. Und die Stimme von Marco Diamantini ist der von David Slutes im Timbre ebenfalls nicht unähnlich.
Aber genug über die alten Songs geschwätzt, denn vor mir liegt "Spirits". Dieser Output, veröffentlicht im vergangenen Jahr, ist, im Gegensatz zu den früheren Alben, insgesamt sehr ruhig ausgefallen, bezaubert jedoch mit wunderschönen Melodien und bringt sogar ab und zu das Herz eines jeden Slidegitarren-Fans zum Höherschlagen. Die Stücke haben einen leichten Bluegrass/Country-Touch (wer verbindet diese Stilrichtungen eigentlich mit Italien?), kommen teilweise auch sehr entspannt daher. Passend zu einem guten (nicht billigen) Wein verbreiten sie eine angenehme Atmosphäre, ganz so, wie es der Album-Titel verspricht.
So gibt es akustische Töne mit dem Opener "Just Like Animals" und dem folgenden "A Pig On A Lead", bei dem John Mellencamp recht eindringlich um die Ecke schaut.
"Alice" ist ein kurzes Instrumental; bei "Leave Me A Drain" wird dann aber die Elektrische eingestöpselt. Dieses Stück stampft und slidet in schönster Rory Gallagher-Manier in die Gehörgänge, ein feiner Bluesrocker.
Bei "Circus Of Fools" hab ich unweigerlich Slowman (ein weiterer Geheimtipp übrigens) im Ohr. "La Buveuse" ist ein Swinging Blues mit Unterstützung kleiner Trompeteneinlagen von Gigi Faggi. Bob Dylans "Man In The Long Black Coat" wurde 1:1 gecovert, wobei durch Marco Diamantinis sanfte Stimme das Stück insgesamt viel weicher klingt.
"Dried Leaves" und auch "Lay Down" haben leicht poppige Einschläge, da könnten Elroy (diese Band kennen ebenfalls nur Insider) die Finger im Spiel gehabt haben und endlich gibt es wieder ein anständiges Slide-Feuerwerk mit "The Sea Is Down", das selbst dem Slide-Meister John Campbelljohn zur Ehre gereichen würde. Hier groovt die Band, dass es eine wahre Freude ist.
Den Abschluss einer feinen, wirklich abwechslungsreichen Scheibe bietet das Townes Van Zandt-Cover "Pancho & Lefty", wunderschön umgesetzt von Cheap Wine.
Fazit, die Mannen um Sänger und Gitarrist Marco Diamantini schwimmen in allen Fahrwassern, legen sich nicht nur auf eine bestimmte Stilrichtung fest, sondern spannen den Bogen von Psychedelic über Classic Rock bis hin zu Americana. Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass sie es endlich schaffen, auch über die Landesgrenzen hinaus ihren Bekanntheitsgrad weiter ausbauen zu können, verdient hätten sie es wirklich. Und - es gibt nicht nur billigen Wein in Italien.
Line-up:
Marco Diamantini (vocals, electric guitar, acoustic guitar, harmonica)
Michele Diamantini (electric guitar, acoustic lead guitar, electric slide, acoustic slide, dobro)
Alan Giannini (drums, percussion)
Alessandro Grazioli (bass)
Additional Players:
Alessandro Castriota (piano, keyboards)
Gigi Faggi (trumpet - #6)
Luca Nicolini (violin - #2)
Claudio Damiani (backing vocals)
Marta Graziani (backing vocals)
Tracklist |
01:Just Like Animals
02:A Pig On A Lead
03:Alice
04:Leave Me A Drain
05:Circus Of Fools
06:La Buveuse
07:Man In The Long Black Coat (Bob Dylan)
08:Dried Leaves
09:Lay Down
10:The Sea Is Down
11:Pancho & Lefty (Townes Van Zandt)
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Externe Links:
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