Über verschlungene Facebook-Wege fand dieses, bereits vor knapp zwei Jahren erschienene Album seinen Weg in unsere Redaktion - eine mehr als erfreuliche Neuentdeckung und ganz sicher eine Bereicherung für unseren Index.
Die französische Band Children In Paradise wurde 2007 von Kathy Millot, gemeinhin nur 'Dam Kat' genannt, und ihrem Co-Autor und Gitarristen Gwalc'hmei gegründet. Anfang 2012 erschien die erste Scheibe, das Konzeptalbum "Esyllt", mit der sie ihre bretonische Heimat und ihre keltisch-gälischen Wurzeln in den Fokus rücken. Historisch betrachtet gehört die Bretagne diesem Kulturraum an und so mancher Besucher glaubt, nicht nur, wenn er diese herrlichen Landschaften auf sich einwirken lässt, in Irland zu sein, denn auch in der Sprache, den Bräuchen und vor allem der Musik spiegelt sich dieses uralte Erbe wider.
"Esyllt" stellt ein klassisches Konzeptalbum dar, das auf der Legende "Tristan und Isolde" basiert. Diese herzzerreißende Liebesgeschichte - mit Zügen der klassischen Tragödie und (natürlich) ohne Happy End - um den Ritter aus König Artus' Tafelrunde, die wunderschöne, irische Königstochter und einen magischen Liebestrank, darf als landläufig bekannt vorausgesetzt werden. Sprachwissenschaftler vermuten, dass die Ursprünge dieser Erzählung, zumindest Teile davon, tatsächlich in bretonischen Spielmannsweisen zu finden sein könnten. Es ist also überaus authentisch, wenn ausgerechnet Children In Paradise diese historischen Bezüge aufgreifen und die 'holde' Isolde - Esyllt ist die walisisch-keltische Form des Namens - in den Mittelpunkt ihres gut einstündigen, kunstvoll zusammengestellten Liederzyklus rücken.
Bereits kurz nach dem Erscheinen schlug "Esyllt" in Frankreich und dem französischsprachigen Osten Kanadas wie die berühmte Bombe ein. In Brasilien (!!) wurde es sogar wenig später zum besten Progressive-Album des Monats gewählt. Höchste Zeit also, dass Children In Paradise endlich auch hierzulande Gehör finden!
Die sechs Bretonen zeigen sich stark vom Progressive Rock beeinflusst, verleugnen allerdings zu keinem Zeitpunkt überaus prägnante folkloristische Einflüsse. Diese zeigen sich natürlich im Einsatz traditioneller Instrumente wie dem irischen Dudelsack, Low Whistle-Flöten und der Harfe, aber auch in Harmonie- und Melodieführungen. Gelegentlich fühlt man sich an die irischen Folkveteranen Clannad [wir werden im kommenden Januar von ihrer Tour berichten!!] erinnert. Am deutlichsten kann man Children In Paradise wohl aber zwischen Renaissance (in den zarten Momenten) und Anathema (in den härteren) verorten. "Esyllt" ist atmosphärisch dicht gewoben, episch weit wie die Irische See und quillt vor melancholischen Stimmungen geradezu über. Auf verschlungenen Pfaden führen Kathy Millot und ihr kongenialer Partner Gwalc'hmei den Hörer in magische Zwischenwelten, in der Realitäten und Träume zu verschwimmen scheinen. Uralte Mythen
manifestieren sich schemenhaft, um wieder im Nebel zu verschwinden... Kneif' mich mal, hab ich da gerade die schöne Morgaine in Avalon traumwandeln gesehen??
Was soll ich hier und jetzt einzelne Songs aus diesem dichten Geflecht herausdröseln? Etwa das zauberhaft eröffnende "Little Butterfly", das mich stark an Hearts knisternd-packenden Song Dog And Butterfly
erinnert? Oder das munter zwischen keltischem Folk und hardrockiger Power-Ballade mäandernde "My Son"? Etwa die schwermetallische Gitarrenschlacht in "The Battle"? Oder doch eher die stimmungsgeladenen Harfenklänge der bekannten französischen Harfenistin Clotilde Trouillaud in "Esyllt" und "Silent Agony"? Ganz sicher aber Isoldes verzweifeltes Aufschluchzen "I'm Alive"... denn das schwarze Segel, das dem todkranken Tristan in böser Absicht gemeldet wurde, war in Wirklichkeit weiß...
Nee, Leute! So einfach kommt ihr mir nicht davon!! Wenn Ihr eine gute Stunde lang atmosphärischen, vor Spannung knisternden Progressive Folk/-Rock mit Gänsehautgarantie genießen wollt, dann besucht schnellstens die Website von Children In Paradise und kauft Euch gefälligst "Esyllt" selbst... ;-)
Für mich ist dieses Album jedenfalls eine DER Entdeckungen des Jahres. Kerzen an - Licht aus - die 'Geschmacksverirrten' mögen sich mit aromatischen Ölen bedampfen lassen - alle anderen eine gute Flasche Wein (möglichst die beste, die im Keller zu finden ist) öffnen. "Esyllt" ist der perfekte Soundtrack für einen gelungenen, stillen Abend (zu zweit)!
Line-up:
Gwalc'hmei (guitar)
Kathy 'Dam Kat' Millot (vocals)
Loic Bléjean (uilleann pipes, low whistles)
Philippe Turbin (piano, keyboards)
Hilaire Rama (bass)
Patrick Boileau (drums)
Guest Musicians:
Clotilde Trouillaud (harp - #5,6,9)
Pat O'May (guitar -#2,9)
Tracklist |
01:Little Butterfly (4:21)
02:King Arthur's Death (7:39)
03:My Son (6:07)
04:The Battle (7:46)
05:Esyllt (5:52)
06:Silent Agony (6:04)
07:Don't Forget Me (7:00)
08:I'm Not Scared (5:10)
09:Look Around You (7:14)
10:I'm Alive (7:06)
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