Das ist - wenn ich mich jetzt richtig erinnere - bereits die fünfte oder sechste Rockoper, die in diesem Jahr bei uns eintrudelte. Eine Modeerscheinung? Wenn es so wäre, könnte ich damit bestens leben, denn gerade im Progressive-Bereich zählt dieses Subgenre zu den wenigen, die mich garantiert in der kommenden kalten Jahreszeit hinter dem warmen Ofen hervorlocken würden. Das hier zu besprechende Opus der österreichischen Formation Circle Of Illusion, das achtzigminütige Konzeptalbum "Jeremias - Foreshadow Of Forgotten Realms", ist (für mich) ein Paradebeispiel für eine durch und durch gelungene progressive Rockoper!
Dafür gibt es gute Gründe: Die musikalische Vielfalt, die die Band um den Komponisten, Arrangeur, Produzenten und Keyboarder Gerald Peter zelebriert, haut einen buchstäblich um. Da wird melodischer Rock munter mit schwermetallischem Prog und der obligatorischen Klassik - in den Klavier- und Streicherarrangements - versetzt. Und als ob die musikalische Bandbreite damit nicht schon genug ausgereizt wäre, spielen Circle Of Illusion zudem mit nun wirklich Genrefremden wie Funk, Soul und gelegentlich sogar etwas Jazz. Wenn dann auch noch mehrfach eindeutige Disco-Elemente aus den Siebzigern eingestreut werden (»Yeah, yeah, yeah, yeaaaah!!!«), stellt sich fast schon zwangsläufig ein breites, zufriedenes Grinsen beim gebannten Zuhörer ein.
Des Weiteren wandern alle Beteiligten traumwandlerisch sicher durch die gesamte Orchestrierung. Das gilt sowohl für die Band wie für die drei Sänger, die die Hauptcharaktere singen: Taris Brown als Jeremias sowie Elga Shafran (Sarah) und Cara Cole (Jelena). Ulrike Müllner steuert anmutig-warme 'analoge' Violinenklänge zu den 'synthetischen' Streicherarrangements von Gerald Peter bei. Wenn Gitarrist Rupert Träxler loslegt, verschärft sich die Gangart zumeist gekonnt in die progressiv-metallische Ecke. Die Rhythmussektion, Stephan Först (Bass) und Aaron Thier (Schlagzeug), powert und akzentuiert, wenn jeweils nötig, und sorgt vor allem in den funkig-souligen Parts für einen geschmeidigen Groove.
Seit fünf Jahren arbeiten (vorwiegend) der musikalische Kopf Gerald Peter und der Texter Florian Braun aka Taris Brown an diesem Projekt, das aus einem Demo, "Closing Doors", weiterentwickelt wurde. Drei Jahre später war man endlich konzeptionell in der Lage, Circle Of Illusion zu formieren. Daraus zeitigt nun mit "Jeremias - Foreshadow Of Forgotten Realms" endlich das Erstlingwerk, ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Debüt!
Der Plot transferiert die Zwiespältigkeit menschlicher Emotionen in eine surreale Fantasiewelt. Jeremias - ein verstörter, selbstkritischer Charakter - lässt der Hörer an seiner Reise in die phantastischen Welten des Unterbewusstseins teilhaben. Im wunderschön aufgemachten 36-seitigen Booklet, findet man neben allen Texten auch den Kontext zur Story, sodass sich dieses Musical fast wie ein Roman liest.
Wie schon erwähnt, gefällt die Orchestrierung, ohne auch nur den geringsten Abstrich machen zu müssen, über die volle Länge. Mehr als einmal kommen einem die göttlichen Dream Theater oder Projekte von Arjen Lucassen in den Sinn. Natürlich klingen die Arrangements teilweise barock-bombastisch und die Grenzen zum Klassik-Kitsch könnten für dahingehend Überempfindliche gelegentlich touchiert werden, beides ist aber für meinen Geschmack in jeder Phase stimmig und einer modernen Rockoper absolut angemessen. Ein Faible für dieses Genre sollte man halt schon mitbringen. Da sich aber Circle Of Illusion keinesfalls auf die symphonische 'Ecke' reduzieren lassen, sollte eigentlich jeder aufgeschlossene Musikfreund 'sein' Stück finden können.
"Jeremias - Foreshadow Of Forgotten Realms" ist (bis dato) die für meinen Geschmack mit Abstand stimmungsvollste Rockoper des Jahres. Man darf mehr als gespannt auf die Bühnenumsetzung sein. Wir warten darauf in höchstem Maße elektrisiert!
Line-up:
Gerald Peter (keyboards, orchestration, arrangement, composition, production)
Ulrike Müllner (violin)
Rupert Träxler (guitars)
Stephan Först (bass)
Aaron Thier (drums)
The Charakters:
Jeremy - Taris Brown (vocals)
Sarah - Elga Shafran (vocals)
Jelena - Cara Cole (vocals)
Tracklist |
01:Overture (3:56)
02:The Beginning (7:05)
03:The Run (9:46)
04:The Memory Returns (6:06)
05:The Party (2:16)
06:Closing Doors (6:06)
07:New Age (8:09)
08:Continuum (9:52)
09:Sarah's Dream (3:59)
10:13th Floor (6:26)
11:Nightmare (16:18)
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