Circulus / Clocks Are Like People
 Clocks Are Like People Spielzeit: 42:11
Medium: CD
Label: Rise Above Records, 2006
Stil: Folk Prog

Review vom 14.09.2006


János Wolfart
Diese Band aus London ist wie geschaffen für die Zeitmaschine. So weit muss die RockTimes-Uhr selten zurückgedreht werden: Circulus greifen zurück auf die Folk-Musik des Mittelalters oder vielmehr der Renaissance (aber nicht auf die Musik von Renaissance). Nun, das wäre vielleicht noch nicht so außergewöhnlich, aber diese Truppe setzt zugleich Keyboards und Synthetizer ein, wodurch die Stücke einen progressiv-psychedelischen Einschlag bekommen. 16. Jahrhundert meets frühe Siebziger - das ergibt die Musik des dritten Jahrtausends!
Keine Angst, so abgefahren klingen Circulus auf ihrem zweiten Album trotz der vielfältigen Instrumentierung nicht, denn die Songs sind eingängig und angenehm melodisch gehalten. Beeindruckend sind der Gesang und die Harmonien der Dame und der beiden Herren sowie das Flötenspiel von Summers. Der wahre Held ist aber Ollie P. mit seinen omnipräsenten, aber songdienlich eingesetzten Keyboard- und vor allem Moog-Sounds - ein Schmankerl für alle Fans proggiger Klänge. Ohne Frage haben Circulus einen ganz eigenen, äußerst originellen musikalischen Kosmos erschaffen, der einen fasziniert und nicht mehr loslässt. Wenn überhaupt Vergleiche gezogen werden können, dann mit Gryphon (falls die Band ein Begriff sein sollte) oder - mit etwas Fantasie - den Strawbs mit Rick Wakeman.
Bereits der erste Song enthält alle erwähnten Trademarks der Band und macht Appetit auf die kommenden Tracks. Nach dem Westcoast-ähnlichen a capella Auftakt geht es eher gemächlich los, ehe nach der ersten Minute ein Break kommt und die Nummer etwas Fahrt aufnimmt und abwechselnd Soli von Krummhorn und Moog folgen. Ähnlich gestaltet sich "Song Of Our Despair", in dem jedoch Ollie P. die Hauptrolle bekommt (herrlich melodisches Keyboard-Solo!). Dezent funkige Rhythmen bestimmen "Willow Tree", jedoch im typischen Circulus-Gewand. Einzig und allein in diesem Song sticht die E-Gitarre heraus, ansonsten dominiert die akustische Variante. Diese Scheibe ist nichts für Hardrocker.
"Wherever She Goes" bietet durch das gesprochene Intro und die sehr hohe Stimme von Frau Polidoro Abwechslung, da ansonsten der Gesang von Bandleader Tyack dominiert. "Velocity Races", das weitgehend akustische Stück "To The Fields" und "This Is The Way" schaffen eine wunderbar melancholische Stimmung und laden zum Träumen ein. So etwas nenne ich Wohlklang! Das Traditional "Bourée" (aus 1610!) hingegen ist ein fröhliches Uptempo-Instrumental mit Frage- und Antwort-Spielchen zwischen Schalmei (?), Keyboards und Flöte. "Reality's A Fantasy" ist ein psychedelischer Trip: Mit CB-Funk-artigen Einspielungen, noch mehr Moog - ich werde langsam süchtig - und summiert als Schlussstück die Musik von Circulus.
Sicherlich wird dieser ungewöhnliche Mix aus Folk der Renaissance, Prog und Psychedelic nicht den Geschmack der meisten Musikfreunde treffen. Wer sich aber an das Abenteuer Circulus heranwagt, wird garantiert belohnt.
Wie schon die alten Römer sagten: Panem et Circulus. Oder anders formuliert: Long live Folk and Prog!
Line-up:
Michael Tyack (Gesang, Gitarre, Saz, Zither)
Lo Polidoro (Gesang)
Sam Kelly (Drums, Gesang)
Ollie Parfitt (Moog, Keyboards)
George Parfitt (Bass)
Will Summers (Flöten, Rekorder, Krummhorn, Schalmei)
Victor Hugo Llamas (Bongos, Percussion)
Tracklist
01:Dragon's Dance (3:20)
02:Song Of Our Despair (4:58)
03:Willow Tree (4:55)
04:Wherever She Goes (4:19)
05:Velocity Races (4:04)
06:To The Fields (3:24)
07:Bouree (3:17)
08:This Is The Way (5:33)
09:Reality's A Fantasy (8:19)
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