City / Yeah! Yeah! Yeah!
Yeah! Yeah! Yeah! Spielzeit: 52:37
Medium: EP
Label: Ariola, 2007
Stil: Ostrock


Review vom 28.03.07


Ilka Czernohorsky
City wurden 1972 von Fritz Puppel und Klaus Selmke, Absolventen der Spezialklasse für Tanzmusik an der Musikschule Berlin-Friedrichshain, als City Band Berlin gegründet. Später nannte man sich City Rock Band und schließlich kurz City.
Diese Band aus dem Osten unserer Republik, die sich auf geradezu abenteuerliche Art und Weise das nötige Equipment aus dem Westen besorgte, um endlich ihre Sporen als Rockband verdienen zu können, ist ein wahres Phänomen. Haben sie es doch bereits schon in den 70ern, also noch viele Jahre vor dem Mauerfall, geschafft, sich mit ihrem Hit "Am Fenster" (der Text dieses Liedes basiert auf einem Gedicht von Hildegard Maria Rauchfuß) den internationalen Durchbruch zu erspielen. Der damalige Musikverleger in Hamburg, Peter Schimmelpfennig, holte City 1977 in den Westen. Zwei Jahre später gab es die Goldene Schallplatte in der BRD und 1981 in Griechenland.
Das Lied wurde bisher weit über 10 Millionen Mal auf Tonträgern verkauft. Die LP "City" konnte in der BRD 70 000 mal verkauft werden und erhielt in Griechenland den Gold-Status.
Bereits der Bandname City Rock Band war damals für die Ohren der DDR-Oberen eine einzige Provokation, denn anglistische Wörter waren verpönt.
Aber die Mannen um Toni Krahl, der 1975 den Bulgaren Emil Bogdanow ersetzte, weil dieser, um eine Einberufung zum Militär in seiner Heimat zu umgehen, nach Schweden flüchtete, provozierten nicht nur mit dem anrüchigen Bandnamen, sondern auch mit ihren kritisch pointierten Texten. Sie waren aufsässig und aufmüpfig, so dass sie dafür natürlich unter ständiger Beobachtung von 'Horch und Guck', wie die Stasi spöttisch genannt wurde, standen. Zumal sich Sänger Krahl 1968 auch noch gegen den Einmarsch der Sowjet-Truppen und die Zerschlagung der Demokratie-Bewegung des Prager Frühlings engagiert hatte und dafür wegen »staatsfeindlicher Hetze« zu drei Jahren Haft verurteilt wurde.
In den 80er Jahren zogen sich City den Unmut der DDR-Funktionäre zu, was darin gipfelte, dass 1988 vier Songs ihrer LP "Casablanca... Oder Tausend Gute Gründe" verboten wurden.
Sie haben sich aber niemals unterkriegen lassen und erfreuen sich dafür bei ihren Fans nach wie vor großer Beliebtheit.
Eigentlich hätten sich City, mit 2,5 Millionen verkaufter Alben im Rücken, auf ihren Rockerlorbeeren schon lange ausruhen und zufrieden zurücklehnen können. Aber das Gegenteil ist der Fall.
Mittlerweile kann die Band auf 35 Jahre Bühnenpräsenz zurückblicken. Zeit, ihre Fans nun mit einem neuen Studioalbum zu beglücken.
Aber es ist kein "Best Of", wie in solchen Fällen oftmals üblich. Das neue Album, "Yeah! Yeah! Yeah!", ist sozusagen eine Art Rückblick auf ein langes Leben als Mensch und Musiker. Es bietet Stücke, die zum Nachdenken und Träumen, aber auch zum Schmunzeln anregen, wunderschön dargeboten von Toni Krahl mit seiner unverwechselbaren Stimme.
Aber, was hat es mit diesem sogenannten 'Yeah! Yeah! Yeah!' auf sich? Als die Beatles damals mit "She Loves You, Yeah! Yeah! Yeah!" die Welt eroberten, forderte DDR-Staatschef Walter Ulbricht im Dezember 1965 auf dem XI. Plenum des ZK der SED: »Ich bin der Meinung, Genossen, mit der Monotonie des yeah, yeah, yeah und wie das alles heißt, sollte man doch Schluss machen.« - übrigens als 'Hiddentrack' auf dem neuen City-Album enthalten und somit im Originalton zu hören. Wieder einmal beweisen City ihren unverbesserlichen Galgenhumor.
Die 12 Stücke auf ihrem 12. Studioalbum versprühen jede Menge Energie, aber auch viel Lebensfreude und Witz, wie zum Beispiel in dem deftig rockendem Opener "Mit mir":
»Mit mir wirst du Tränen lachen
Und heulen, bis nichts mehr geht
Mit mir wirst du eine Maus sein
Die glücklich in Sahne ersäuft.«
.
In dem herrlichen, groovig-bluesigen "Panama" werden Aussteiger-Träume besungen, dagegen handelt die tieftraurige Ballade "Wen die Götter lieben" von einer tragisch endenden, ersten großen Liebe. Das Stück geht unheimlich tief unter die Haut und wenn die Harp einsetzt, hinterlässt das unweigerlich Gänsehaut pur.
"Sommerherzen" könnte zum nächsten Hit der Band werden, denn dieser, Fröhlichkeit und Sorglosigkeit versprühende, geradezu lässig aus dem Handgelenk kommende Song, lässt einen schon nach den ersten drei Takten mitsingen und mittanzen. Ach ja, und der Refrain lautet natürlich, wie könnte es anders sein: »Yeah! Yeah! Yeah!«
Tief aus dem Bauch raus und sehr emotional gesungen kommt das akustische "Ich liebe Dich". Da muss doch einfach jede Frau dahinschmelzen.
Ein kleiner Ausblick auf unweigerlich Kommendes sowie eine Art Abrechnung mit dem zurückliegenden Leben gibt es in dem rockigen "Im Alter weise".
»Die Tage kommen langsam in die Jahre
Mein Visum sagt: Begrenzter Aufenthalt
Mein Frischesiegel ist längst abgelaufen
Das macht die Sache bitter, bitterkalt
Und eines Tags mit scharf geschliffenem Eisen
Erwartet mich ein bleicher Typ im Wald«
Mit der Midtemponummer "1000 Striche" ist City musikalisch wieder ein absolutes Sahnestück gelungen, in welchem mit dem Alltagsstress abgerechnet wird und in dem Instrumental "Highway zum Olymp" kommt die berühmte Gogow'sche 'Teufelsgeige' zum Einsatz. Beide Daumen nach oben!
Ein rundum gelungenes Album mit wunderschönen Songs, von denen ich hier nur einige vorgestellt habe, dennoch - jeder ist eine Perle.
Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass die darauf enthaltenen Stücke in 'beiden Teilen Deutschlands' Gehör finden werden. Verdient haben sie es auf jeden Fall.
Wie sagte mein Bruder nach dem ersten Hördurchgang treffend: »Keine leichte Kost, aber davon gibt es ja schon genug.«. Recht hat er.

"Yeah! Yeah! Yeah!" ist schon jetzt mein Anwärter zur Platte des Jahres!.
Line-up:
Klaus Selmke (Schlagzeug)
Georgi Gogow (Geige, Bass)
Toni Krahl (Gesang, Gitarre)
Fritz Puppel (Gitarre)
Manfred Hennig (Keyboards)
Tracklist
01:Mit mir
02:Panama
03:Sommerherzen (Yeah! Yeah Yeah!)
04:Wen die Götter lieben
05:Vater glaubte (Apám Hitte)
06:Endlosigkeit
07:Auf den Knien meiner Seele
08:Ich liebe Dich
09:Im Alter weise
10:1000 Striche
11:Anassa Lullaby
12:Highway zum Olymp - Instrumental
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