Was haben "Hey Joe", "Guantanamera", "Ave Maria", "You'll Never Walk Alone", "Jingle Bells", "Lili Marleen", "La Paloma" und eben "(I Can't Get No) Satisfaction" miteinander gemeinsam? Richtig, es handelt sich um 'Klassiker' (wenn auch aus den unterschiedlichsten Stilrichtungen), die jeweils von einer Vielzahl von Interpreten gecovert wurden. Der kleine Musikverlag Buschfunk aus Berlin hat es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, jeweils die unterschiedlichsten Varianten berühmter Songs auf einer gemeinsamen CD zu vereinigen. Die Serie umfasst mittlerweile 21 'One-Song-Editions' mit jeweils 18 - 20 Interpretationen des titelgebenden Stücks, so dass die einleitend aufgezählte Liste noch deutlich verlängert werden könnte. Ich erspare mir dies; wer sich dafür interessiert, kann dem unten angegebenen Link folgen.
Solche Compilations sind schon etwas sehr Spezielles. Wer Cover-Versionen rundweg ablehnt, weil nur 'Das Original' das Maß aller Dinge sein kann, wird hieran keinen Spaß haben. Aber der muss sich auch mit der Frage auseinandersetzen, welche Interpretation überhaupt 'Das Original' ist (siehe Hey Joe). Aber gerade "Hey Joe" oder aber auch "The House Of The Rising Sun" (ein weiterer Song, über den es eine 'One-Song-Edition' gibt) waren auch oder gerade als Coverversion überaus erfolgreich (beim erstgenannten - wenn man Jimi Hendrix fälschlicherweise als Original-Interpret ansieht - in der Fassung von Deep Purple, beim zweiten Song gibt es mit den zwei Interpretationen von The Animals sowie dem psychedelisch verzerrten und übersteuerten Song von Frijid Pink mindestens zwei Cover-Versionen, die zum Beispiel Georgia Turners Version dieses Klassikers aus dem Jahr 1937 weit in den Schatten stellen.).
Wer aber Coverversionen aufgeschlossen gegenüber steht, für den können diese Sammlungen durchaus interessant sein. Aufgrund der kürzlich veröffentlichten CD "Hey Joe" habe ich mich erstmals näher mit dem Thema und dieser Serie näher beschäftigt (obwohl ich die "House Of The Rising Sun"-Scheibe auch schon seit längerer Zeit besitze).
Nun also "(I Can't Get No) Satisfaction", wobei das 'Nun' sich darauf bezieht, dass ich diese Sammlung von Cover-Versionen über den "Rock's Greatest Hit!" (so der bescheidene Untertitel der Compilation) ebenfalls kürzlich erst zur Kenntnis genommen habe; die CD selbst ist bereits im Jahr 2000 erschienen.
45 Jahre ist es her - so weiß es das ansonsten sehr knapp an Informationen gehaltene Folder der vorliegenden CD zu berichten - dass Keith Richards mitten in der Nacht aufwachte und das Riff des Songs im Kopf hatte und am nächsten Morgen auf einem kleinen Kassettenrecorder erstmals aufnahm, bevor daraus einer der größten Hits der Rolling Stones wurde.
Natürlich wusste ich zuvor schon, dass "Satisfaction" (ich erlaube mir aus Platzgründen den Titel nachfolgend verkürzt wiederzugeben) von zahlreichen Musikern gecovert worden war. Dennoch fand ich in meiner durchaus umfangreichen CD-Sammlung bislang nur die Variante von CCS mit Alexis Korner, die hier auch vertreten ist; eine sehr schöne Fusion von Rock und Blues mit Big Band Sound übrigens.
Erstaunlicherweise sind die Rolling Stones themselves vorliegend überhaupt nicht vertreten (bei anderen 'One-Song-Editions' ist 'Das Original' regelmäßig mit dabei), aber vielleicht waren hier rechtliche Gründe dafür ausschlaggebend.
Die CD beginnt vielmehr mit einer überaus langen Interpretation durch das Royal Philharmonic Orchestra. Klassik Rock ist angesagt, und auch wenn ich diesem Musikstil durchaus nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stehe, zu "Satisfaction" passt der nun wirklich nicht. Ouvertürenhaft geht es los; die einzelnen Instrumente(ngruppen) spielen aneinander gestückelt Musikfragmente, deren Zugehörigkeit zu "Satisfaction" sich nicht immer erschließt. Erst als das Piano einsetzt, wird zum ersten Mal wirklich erkennbar, welcher Song da interpretiert werden soll, doch dieser Eindruck verschwindet nachfolgend wieder. Zwischendurch krachen mehrfach Bläsereinsätze hinein, bis bei etwa der Hälfte der Spielzeit endlich der Einsatz einer Rock-Gitarre eindeutig auf das Original verweist. »Der Worte sind genug gewechselt, jetzt lasst uns endlich Taten sehen«, sprich: über 'richtige' "Satisfaction"-Coversongs reden; der Einstieg jedenfalls ist alles andere als gelungen.
Eindeutig besser ist daher schon eher die Rockröhre eines Chris Farlowe (u.a. Colosseum, Atomic Rooster, aktuell bei der Hamburg Blues Band), der Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts einige Stones-Titel coverte. Seine Version ist rau, Funk und Soul lassen grüßen; das passt. In dieselbe Richtung singt auch Aretha Franklin, die weibliche Stimme erzeugt allerdings einen gewaltigen Unterschied zum Vorgänger.
Eigenwillig hingegen die folgende Version von Junior Wells: Nicht wegen seines relativ monotonen Sprechgesangs und der von ihm verwendeten Harp. Nein, vielmehr wird das Gitarrenriff durchgängig in einer Art kontrapunktorischer Weise so ganz anders gespielt als allgemein üblich, so dass man ihm die ganze Zeit zurufen möchte 'Das geht doch anders herum!' Zum Ende hin 'gurrt' der Sänger zudem seine Laute nur noch hinaus. Und ausgerechnet diese 'falsche' Fassung ist mit knapp sechs Minuten der nach dem RPO-Drama längste Track!
Man muss relativ lange warten, bis die Blue Cheer-Version an Fahrt und Lautstärke aufnimmt, über die man ansonsten lediglich anmerken kann, dass sie sich wohl als einen frühen Vorboten des Punk beschreiben lässt.
Die m.E. größte Überraschung bildet eine deutsche Version der Krautrocker von Franz K. aus dem Jahre 1978. Musikalisch recht nah am Original, konnten sich die Jungs offenbar einer seinerzeit im deutschen Schlager- und Popgeschäft verbreiteten Unsitte nicht entziehen, erfolgreiche englische Titel 'einzudeutschen', wobei der vorliegende Text so gar nichts mit dem Original zu tun hat ( »Geh zum Teufel - oder lass es sein. Doch ich fall nicht mehr auf dich rein!«). Gesanglich klingt das zudem - was hat man plötzlich für Assoziationen? - nach Guildo Horn auf seiner "Danke"-Scheibe!
Auffallend sind die zahlreichen Instrumental-Versionen, die vorliegend zusammengetragen worden sind: Neben der symphonischen Version kommen auch die Interpretationen der Ventures, Shadows, des Jazz-Organisten Jimmy Smith (jedenfalls wenn man dessen Wortfragemente, die mehr gebellt als gesungen klingen, nicht als 'Singen' bezeichnen will), Manfred Mann (mit Ausnahme des Refrains im Hintergrund) sowie Question Mark & The Mysterians (das waren noch Band-Namen!) praktisch ohne Gesang aus. Überwiegend Hammond-betont, aber auch die Solo-Gitarre nicht vernachlässigend, dürften alle diese Aufnahmen ebenfalls - wie das Original - Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts entstanden sein; zu dieser Zeit waren 'Instrumentals' echt angesagt.
Die m.E. beste - sprich: dem Original ähnlichste - Version liefern Paul Revere & The Raiders ab. Verzerrte Gitarre zum Start, und Pauls anfangs sehr weicher Gesang ähnelt durchaus demjenigen von Mick Jagger. Chapeau! Danach hingegen: Dumpf der Rhythmus, klirrend die Bläser - Funk and Soul prägen die Interpretation von Otis Redding, der im Stile eines James Brown seine 'Unbefriedigung' aus sich heraus schreit.
Und schließlich kommt noch Tom 'The Tiger' Jones zu Wort. Der hat insbesondere in frühen Jahren ja praktisch alles gecovert, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Hier wird er - zieht man von der Live-Aufnahme den Applaus am Anfang und am Ende ab - bereits nach 1:30 Minuten vom Applaus überblendet - und das ist auch gut so! Auch José Feliciano ist so ein regelmäßiger Cover-Künstler. Allein seine lateinamerikanische Interpretation macht seine Version vorliegend interessant.
Ein Duo namens Sonny & Jonny (sorry, aber ich habe keine Ahnung, wer da dahintersteckt, zumal man bei dieser CD-Reihe nie weiß, ob die Namen richtig geschrieben sind, s. Mink DeWill (!) auf "Hey Joe") versucht, "Satisfaction" als eine Art Reggae zu intonieren. Hauptsache, diese Jungs hatten ihre Befriedigung, ich jedenfalls nicht!
Dann höre ich mir schon lieber die Hardrocker von Mountain an: Hart und kompromisslos im Ton bewegen sie sich durchaus nah am Original und bilden damit einen der wenigen Lichtblicke der vorliegenden CD.
Und zum Abschluss wird wieder einmal eine Karaoke-Version angeboten. Doch es erscheint mir äußerst seltsam, dass es sich hierbei nicht um eine Instrumental-Version handelt (weshalb ich sie nicht bereits oben erwähnt habe), sondern ein unbekannt bleibender Sänger seine Interpretation hinausschreit. Oder habe ich den Begriff 'Karaoke' falsch verstanden?
Apropos 'unbekannt'. Wieder einmal sind die Informationen rund um die CD äußerst dürftig; offenbar kann man schon froh sein, dass wenigstens die Interpreten genannt sind (schaut man sich einmal die Präsentation der CD bei Amazon an, werden da - soweit sie nicht auf dem abgebildeten Cover erwähnt sind - die Musiker überhaupt nicht genannt!). Ansonsten keine näheren Angaben zu Aufnahmedatum oder sonstigen Quellen. Einfach nur schade! Wer sich eine derartige CD zulegt, wäre sicherlich an derlei Informationen interessiert. Ich gehe aber angesichts der jeweiligen Stilelemente davon aus, dass die meisten vorliegenden Cover-Versionen wie das Original aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, eventuell (bzw. bei Franz K. sicher) aus den 70ern stammt. Natürlich gibt es auch noch jüngere Versionen, von daher kann man noch von Glück sagen, dass nicht diejenige von Britney Spears berücksichtigt wurde, die im selben Jahr wie die vorliegende CD veröffentlicht wurde.
Ob "(I Can't Get No) Satisfaction" tatsächlich als "Rock's Greatest Hit! " bezeichnet werden kann, mag dahingestellt bleiben (Eine entsprechende Auflistung des Magazins Rolling Stone aus dem Jahr 2004 weist den Song tatsächlich 'nur' auf Platz 2 aus, hinter "Like A Rolling Stone" übrigens - Honi soit qui mal y pense). Die großartigste Version ist hier aber sicherlich das Original von den vorliegend übergangenen Rolling Stones. Und wenn dies durch diese CD nur nochmals bestätigt wurde, dann hat auch sie ihre Berechtigung.
Tracklist |
01:The Royal Philharmonic Orchestra (7:30)
02:Chris Farlowe (2:28)
03:Aretha Franklin (2:41)
04:Junior Wells (5:58)
05:Blue Cheer (5:13)
06:Franz K. (4:17)
07:The Ventures (2:23)
08:C.C.S. feat. Alexis Korner (4:20)
09:Surfaris (3:34)
10:The Shadows (2:42)
11:Jimmy Smith (4:24)
12:Manfred Mann (2:53)
13:Paul Revere & The Raiders (3:18)
14:Otis Redding (3:37)
15:Tom Jones (1:56)
16:Jose Feliciano (3:16)
17:Sonny & Jonny (4:07)
18:Question Mark & The Mysterians (3:49)
19:Mountain (5:16)
20:Karaoke Playback (3:00)
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Externe Links:
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