Les Paul & Friends / A Tribute To A Legend
Les Paul & Friends / A Tribute To A Legend Spielzeit: 68:26
Medium: CD
Label: EMI/Capitol Records, 2008
Stil: Diverse

Review vom 19.12.2008


Jürgen Hauß
Man merkt wieder einmal, dass es auf Weihnachten zugeht. Nicht anders zu erklären ist die Vielzahl von Compilations, die in dieser Jahreszeit von den Plattenfirmen auf den Markt geworfen werden - ohne Rücksicht darauf, ob hierfür überhaupt ein Bedarf besteht. Ähnlich müssen vorliegend wohl auch Capitol Records bzw. die Produzenten Bob Cutarella und Fran Cathcart gedacht haben, als die zur Rezension anstehende Scheibe im Herbst diesen Jahres (in Deutschland Ende Oktober), veröffentlicht wurde.
Zwar - um dieses vorweg zu nehmen - ist es eine durchaus interessante Zusammenstellung. Aber die Tatsache, dass außer den 'Pflichtangaben' zu den Titeln und den Mitwirkenden nur spärliche Informationen zu den einzelnen Tracks gemacht werden - so fehlt insbesondere jegliche Angabe, von wann die einzelnen Aufnahmen stammen - stimmt schon nachdenklich. Dass es sich jedenfalls zumindest teilweise um älteres Material handelt ist offensichtlich angesichts dreier auf der Scheibe veröffentlichter Titel (Tracks 4, 7, 10), die bereits in praktisch identischen Fassungen auf dem Vorläufer-Album: "Les Paul & Friends - American Made World Played" aus dem Jahre 2005 enthalten sind. Das gibt dem ganzen Projekt einen bitteren Beigeschmack. Dass mit Edgar Winter sowie Richie Sambora zwei weitere Künstler auf beiden Alben vertreten sind, stellt demgegenüber wegen der Unterschiedlichkeit der Tracks keinen Grund zur Kritik dar. Die Tatsache jedenfalls, dass für beide Alben die selben, eingangs genannten Produzenten verantwortlich zeichnen, spricht dafür, dass die beiden vorliegend eine Art 'Resteverwertung' vorgenommen haben, nur dass das noch vorhandene Material nicht ausreichte, um eine CD mit einer einigermaßen akzeptablen Gesamtlaufzeit zu produzieren, so dass zusätzlich die aufgeführten Wiederholungen aufgespielt wurden.
Das benannte Vorläufer-Album hatte mir vor drei Jahren mein Kumpel Klaus - selbst ein begnadeter Gitarrist und stolzer Besitzer einer Gibson Les Paul - empfohlen; eine beeindruckende Sammlung von Duetten glänzender Musiker zusammen mit Lester William Polfus - besser bekannt als eben besagter Les Paul - leider von RockTimes bislang völlig unbeachtet geblieben!
Dabei ist Les Paul in der Tat - so dass der Titel des vorliegenden Albums durchaus berechtigt ist - eine Legende. Nicht nur wegen der von ihm entwickelten und nach ihm benannten Gibson-Gitarre, sondern auch wegen vieler weiterer Entwicklungen, mit denen er die elektronische Musik voran gebracht hat. Aber auch als Gitarrist ist der heute 93-Jährige nach wie vor aktiv, wobei er - Wikipedia zufolge - bei seinen Auftritten oft erwähnt: »Wenn ich mich den Leuten vorstelle, sind sie stets überrascht festzustellen, dass ich keine Gitarre bin und auch nicht tot!«
Ebenso legendenbildend ist seine Anweisung an die ihn wegen der bei einem Autounfall erlittenen schweren Verletzungen am rechten Arm und Ellenbogen behandelnden Ärzte, den Arm in einer Positionierung zu richten, die es ihm ermöglichen würde, eine Gitarre zu halten und zu spielen.
Nun aber zum vorliegenden Album: Eine große Schar illustrer Musiker hat insgesamt 13 Tracks eingespielt, mindestens fünf davon allerdings - ausweislich des Booklets - ohne die Mitwirkung von Les Paul, wodurch auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, wieso sich gerade die jeweilige Aufnahme für eine Veröffentlichung auf diesem Konzept-Album angeboten hat. Bei diesen Titeln sind dafür die beiden bereits genannten Produzenten des Albums selbst musikalisch im Einsatz - vielleicht ist dieser Umstand genug Erklärung.
Es beginnt mit Joe Bonamassas "The Good Luck You're Having", ein schöner Blues - vielleicht ein wenig zu soft im Vergleich zu seinen sonstigen Songs - der Appetit auf mehr macht. Dieser wird unmittelbar im Anschluss durch Hiram Bullocks "The Walls Came Tumbling Down" gestillt - leider eine der letzten Aufnahmen von ihm, da er noch vor Veröffentlichung des Albums verstorben ist.
Mit dem dritten Titel erfolgt ein erster Stilwechsel: Joan Osborne überrascht mit einer Reggae-Version von "I Don't Want To Be With Nobody But You". Nicht überraschend - weil bereits seit dem Vorläufer-Album bekannt - ist die Version des U2-Hits "All I Want Is You" mit Johnny Rzeznik am Sechssaiter sowie Gesang. Die hier 30 Sekunden längere Laufzeit mit einem ausklingenden Piano rechtfertigt jedenfalls nicht die Wiederholung.
Soulig bis funkig geht's weiter: Lisa Fischer interpretiert den War-Hit aus dem Jahre 1972, "Slippin' Into Darkness", in einer über siebenminütigen Version, dass es einem die Gänsehaut über den Rücken jagt. Der Einsatz der Harp am Ende des Songs lässt noch einmal Blues-Feeling entstehen.
Latin ist angesagt bei "I Saw The Light" - einem Todd Rundgren-Hit, ebenfalls aus dem Jahr 1972. Chieli Minucci spielt die Lead im Stile eines Carlos Santana, und die Rhythmus-Fraktion mit Abraham Laboriel Sr. und Jr. an Bass und Drums gibt den nötigen Groove, während allerdings der Gesang von Ken Cummings mehr an Frankie Valli von den Four Seasons erinnert.
Ähnlich geht es weiter mit dem Instrumental "69 Freedom Special"; hier gibt die Bläser-Fraktion mit einer solistischen Saxophon-Einlage von Edgar Winter einen zusätzlichen Funk. Aber: Auch dieser Song ist bereits veröffentlicht.
Mit "Vocalise" folgt eine absolut kuschelige, leicht prog-rockige Nummer mit Slash an der Sologitarre, der auch ein Vorwort zum Album geschrieben hat. Und anschließend bei "Children Of The Future" wieder leicht-sphärische Four Seasons-Klänge mit Ken Cummings als Sänger, sowie den beiden Produzenten der Scheibe, Bob Cuturella ebenfalls als Sänger und Fran Cathcart an der Gitarre. Dementsprechend wird der Titel auch angekündigt mit "Feat. C, C & C".
"I Love You More Than You'll Ever Know"- die dritte 'Wiederholungstat' - wird musikalisch bereits hervorragend interpretiert, erhält aber insbesondere aufgrund der eindringlichen Gesangsinterpretation durch Mick Hucknall von Simply Red eine Intentsität, die die Cover-Version auf eine Stufe bringt mit dem Original von Blood, Sweat & Tears von 1968, und sich damit insbesondere positiv abhebt von einer aktuellen Version von Gary Moore (auf dem Album
Bad For You Baby).
Dem Song folgt "How Long" - ein Stück, das ich intuitiv wiederum Simply Red zugeordnet hätte, das aber von Paul Carrack stammt, der damit mit der Gruppe Ace in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bereits einen Top 3-Hit in den USA hatte, bevor er den Song alleine nochmals im Jahr 1996 aufnahm. Vorliegend wird der Titel allerdings interpretiert durch Jeff Golub, der vor vielen Jahren noch mit Rod Stewart zusammen spielte, bevor er sich im letzten Jahrzehnt einen Ruf als Jazz-Gitarrist gemacht hat, was vorliegend durchaus zum Ausdruck kommt.
Ein letzter Stilwechsel erfolgt zu den beiden letzten Tracks der Scheibe: Zunächst bestimmt vorwiegend Edgar Winter das gospelige "Dying To Live" als Sänger sowie am Piano, zudem mitverantwortlich für das eingespielte String-Arrangement. Laut Booklet soll Les Paul selbst die Gitarre spielen. Dies macht er allerdings - sofern überhaupt - derart dezent, dass ich Gitarrenklänge nicht wahrnehmen kann. Der abschließende Lobgesang "Great Hall Of Fame", im schönen Drei-Viertel-Takt eines Slow-Waltz, rundet das "Tribute To A Legend" leicht schnulzig ab.
Meine Gesamt-Kritik: Man merkt der Scheibe an, dass es sich um ein Konzept-Album handelt, dessen einziges Konzept es offenbar war, Kohle zu machen. Ohne einen konkreten Anlass (kein runder Geburtstag, glücklicherweise auch kein Todesfall des Protagonisten) werden hier - einzeln betrachtet - durchaus ansprechende Songs zusammen gewürfelt, denen der verbindende rote Faden fehlt.
Hatte das Vorläufer-Album noch den 90sten Geburtstag von Les Paul als Anlass und ein wohl abgestimmtes Song-Listing, kann man dies für die vorliegende Scheibe absolut nicht sagen. Wer noch ein nettes Weihnachtsgeschenk sucht, macht allerdings mit "A tribute To A Legend" auch nichts falsch (es sei denn, der Beschenkte hat bereits den Vorgänger!).
So gesehen, geht das vorliegende Konzept voll auf. Für Neulinge bezüglich Les Paul, denen weniger an einem Stil-Mix als an einer 'runden Sache' gelegen ist, ist aber das deutlich bluesigere Vorgänger-Album uneingeschränkt zu empfehlen.
Line-up:
Les Paul (guitar - #1-5, 7, 10, 12)
feat.:
Joe Bonamasse (- #1)
Hiram Bullock (- #2)
Joan Osborne (- #3)
Johnny Rzeznik (- #4)
Lisa Fischer (- #5)
Chieli Minucci (- #6)
Slash (- #8)
C, C & C (- #9)
Mick Hucknall (- #10
) Jeff Golub (- #11)
Edgar Winter (- #12)
Richie Sambora (- #13)
Tracklist
01:The Good Luck You're Having (4:40)
02:The Walls Came Tumbling Down (4:14)
03:I Don't Want To be With Nobody But You (3:53)
04:All I Want Is You (4:43)
05:Slippin' Into Darkness (7:23)
06:I Saw The Light (4:04)
07:69 Freedom Special (5:47)
08:Vocalise (5:00)
09:Children Of The Future (5:53)
10:I Love You More Than You'll Never Know (6:45)
11:How Long (5:44)
12:Dying To Live (4:36)
13:Great Hall Of Fame (5:39)
Externe Links: