Etwas schräg ist es schon. Der Sampler "One More Red Nightmare A Tribute To King Crimson" erscheint im einundvierzigsten Jahr nach der Gründung der englischen Progressive Rock-Band.
Etwas schräg ist sie schon, die Musik von King Crimson ( KC) um den musikalisch andersdenkenden Robert Fripp. Einfach war King Crimson nie. Damals wie heute stellte/stellt die Gruppe ihre Anhängerschar auf die Probe. Ganz gleich, wie man es sieht, das akustische Gesamtwerk kann durchaus als extrem bezeichnet werden. Vergleiche mit anderen Bands aus der früheren Zeit wie Genesis, Emerson, Lake & Palmer oder Yes sind nicht zur Deckung zu bringen. Dabei würde ein verzerrtes Bild entstehen. King Crimson gab es auch nicht durchgehend über vier Dekaden. In mehr oder weniger großen zeitlichen Anständen wurde die Combo aufgelöst und wiedergeboren. Selbst King Crimsons Urzelle existierte nicht lange. Die Gruppe hat über ein Dutzend Musiker kommen und gehen sehen.
Herzberg ist nicht nur ein Synonym für ein alljährlich stattfindendes toll und freaky besetztes Festival. In lockerer Folge veröffentlicht der Herzberg Verlag nicht nur Mitschnitte von Live-Auftritten der beteiligten Festival-Bands als Alben.
Die vorliegende Zusammenstellung befasst die eingehend mit der Musik der Kultband. Zur Tat schreiten im Schwerpunkt deutsche Bands: Final Virus, Pendikel, The Magnificent Brotherhood, Fantasyy Factoryy, Ornah-Mental, Bella Donna und Sankt Otten.
Bei The Great Deceivers, der Name verrät es schon, haben wir es mit einer Tributeband zu tun und in dem Experimental-Duo Tuner trommelt gar der KC-Schlagzeuger Pat Mastelotto. Interessant dürfte der Beitrag von der Gruppe Creme sein, denn ansonsten huldigen die New Yorker Cream.
Viele der Titel wurden exklusiv für diesen Sampler eingespielt und die Würdigung der Vorlagen aus verschiedenen Perioden ist hervorragend gelungen. Nicht einer der Beiträge ist als Ausfall zu bezeichnen. Alle Bands injizieren ihren Interpretationen mehr oder weniger viele eigene Einfälle und so sind die zehn Songs keine einfachen Blaupausen der Originale. In unterschiedlichen Auslassungen finden wir zum Teil brillante Neuprägungen von KC-Songs.
Eine Voraussetzung muss allerdings vorhanden sein. Wie eingangs bereits erwähnt, sind die musikalischen Exkurse von der englischen Band schon ein eigener Kosmos und die hier agierenden Gruppen bleiben ihrer Experimentierfreude treu. Leckerbissen gibt es viele.
Anders ist bei den Lesungen der verschiedenen Bands unter dem Dach von KC einiges. So holte sich Fantasyy Factoryy für den "21st Century Schizoid Man" die Cellistin Lydia Dewenter-Schlegel ins Wavesound Studio, Lippstadt. Das Original ist ja schon dramatisch, aber mit dem Cello bekommt die Nummer eine dunkle Seite. Der Track ist im einundzwanzigsten Jahrhundert angekommen.
Natürlich erkennt der sachkundige Hörer die Kompositionen sofort und als Tribute-Band darf man The Great Deceivers ohne Saxofon, dafür aber mit Violine von Paula Yoo ein Treue-Lob aussprechen. Die Ballade "I Talk To The Wind" nimmt The Magnificent Brotherhood in ihren rockigen Schraubstock, reduziert die Spielzeit um die Hälfte und serviert eine frische, knackige psychedelisch angehauchte Version. Was macht Creme? Als Cream-Verehrer tritt das Quartett hier quasi als Undercover-Agent auf. "One More Red Nightmare" von KCs-Album "Red" (zu der Zeit ein Trio mit Robert Fripp, John Wetton sowie Bill Bruford) ist eine bombastisch krachende Ohrenweide mit zwölfsaitigem Bass und Gitarrensynthesizer.
Ornah-Mental spielt unter anderem auf Djembe und Bongos. Folglich ist dieses Stück mit noch mehr Percussion versehen worden. Violine und Gitarre sorgen für beeindruckende Klangmalereien. Klasse Version mit modernem Sampling und Programming!
Bei allem Respekt vor den anderen Bands, aber was das Duo Tuner mit Markus Reuter sowie dem King Crimson-Drummer Pat Mastelotto aus "Industry" herausholen, ist ganz großes Kino. Das schon nicht einfach zu konsumierende Original von "Beat" wird hier so richtig aufgebohrt. Die über elf Minuten entpuppen sich als keine leichte Kost, tief im Keller der Experimentalmusik. Die kreierten Soundlandschaften überschreiten die Grenze der Avantgarde. Der Track stammt von deren Livealbum "Tuner - Zwar". Oh Mann, Tuner ist auf dieser Platte eindeutig der Sieger beim Königsschießen von King Crimson-Material.
Dagegen hat Bella Donna ein herrlich groovendes "Heartbeat" drauf und löst die Tuner-Spanung auf. Am Gesangsmikrofon Rogue du Pond aus den Tiefen der Dark Wave-Band The Crüxshadows. Gemessen an so mancher Kraftportion könnte man das ebenfalls bekannte "Matte Kudasai" (von "Discipline") fast schon als Ambiente bezeichnen. Für die letzten fünf Minuten gleitet Sankt Otten auf den Flügel von KC. Ein herrlich relaxter Ausstieg für sechsundsiebzig Minuten Genuss.
"One More Red Nightmare" verdeutlicht auf beeindruckende Weise, dass sich Sampler lohnen. Alle zehn Bands haben sich an dem großen Vorbild nicht die Haut blutig aufgerissen und beweisen, wie man mit dem King Crimson-Kompositionen nachhaltig umgehen kann.
Tracklist |
01:Final Virus - Epitaph (5:34)
02:Pendikel - Red (6:32)
03:The Magnificent Brotherhood - I Talk To The Wind (3:07)
04:Fantasyy Factoryy - 21st Century Schizoid Man (7:22)
05:The Great Deceivers - Starless (11:49)
06:Creme - One More Red Nightmare (7:38)
07:Ornah-Mental - The Talking Drum (8:52)
08:Tuner - Industry (10:11)
09:Bella Donna - Heartbreak (5:20)
10:Sankt Otten - Matte Kudasai (4:52)
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