Spielzeit: 74:00 (CD 1), 73:08 (CD 2) Medium: Do-CD Label: Appleseed Recordings/Inakustik 1998/2007 Stil: Singer/Songwriter, Folk Review vom 28.08.2007 Norbert Neugebauer

Pete Seeger, dem U.S.-Folk-Urgestein, wird in der letzten Zeit erfreulicherweise wieder viel Aufmerksamkeit geschenkt, verbunden mit der Würdigung seines großen Schaffens und der Bedeutung für die nordamerikanische Arbeiter- und Bürgerrechtsbewegung. Vor allem
Bruce Springsteen, der mit einer großen internationalen Tournee unter dem Titel "The Seeger Sessions" und vorheriger CD durch die Lande zog, hat daran großen Anteil. Wie wir bereits in den RockTimes-News berichteten, werden im Herbst zwei weitere Produktionen veröffentlicht, auf denen der 'Boss' mit dem inzwischen 88-jährigen Folksänger zusammen zu hören sein wird.

Es gibt eine Reihe von Compilations, auf denen diverse Künstler dem Vorbild für Generationen von Singer/Songwritern mit Interpretationen seiner zum Teil weltbekannten und stilbildenden Songs ihre Anerkennung gezollt haben. Auch auf seinem eigenen Label Appleseed finden sich drei Widmungs-Alben, die nun bei uns von Inakustik wieder herausgebracht wurden.

Auf gut zweieinhalb Stunden, verteilt auf einer Do-CD mit sehr guter Tonqualität, spielen so unterschiedliche Interpreten wie die Traditionalisten Peter, Paul & Mary (die mit seinen Titeln berühmt wurden), Nancy Griffith, Judy Collins, Tom Paxton oder Donovan über die Independent-Musikerin Ani DiFranco, die Blueser Guy Davis oder Odetta, Jackson Browne mit Bonnie Raitt, Richie Havens, bis zu den Indigo Girls oder Roger McGuinn und natürlich Bruce Springsteen, dazu eine Menge bei uns weniger bekannter Bands und Einzelkünstler 37 seiner Songs in neuen Arrangements. Auf zwei weiteren ist das Idol zusammen mit seiner alten Band The Weavers und mit seinem Enkel Tao Rodriguez-Seeger zu hören. Auf einer früheren deutschen Ausgabe war auch Reinhard Mey vertreten gewesen, hier sind jedoch an seiner Stelle Cathy Fink & Marcy Marxer mit "To Everyone In The World" zu hören.

Das Ganze ist verpackt in eine dicke Box, der zwei ausführliche Booklets beigefügt sind. Neben Anmerkungen zu den einzelnen Titeln und den kompletten Line-ups, einem Vorwort Seegers und Verweisen auf seine politische Arbeit samt unterstützter Organisationen finden sich dort auch viele Fotos von Seeger selbst und weiteren Mitwirkenden. Insgesamt ist "Where Have All The Flowers Gone" eine umfassende Einführung in das große Werk des Meisters der sozialkritischen Lieder.

Angesichts der Fülle sind Besprechungen der kompletten Songs natürlich in diesem Rahmen unmöglich. Allerdings möchte ich einige besondere Interpretationen herausheben, die auch als Anhörtipps zu empfehlen sind. Insgesamt ist diese Werkschau so unterschiedlich, wie die darauf vertretenen Künstler selbst. Jackson Browne und Bonnie Raitt (wo ist die eigentlich nicht mit dabei?) haben aus "Kisses Sweeter Than Wine" einen sehr ansprechenden Reggae gemacht. "Turn, Turn, Turn" wird in der Version von Bruce Cockburn zu einem seiner typischen gemäßigten Rocksongs mit interessanter Instrumentierung.
Das gilt auch für "Letter To Eve" von den Indigo Girls mit klasse Vocals und John Trudells "The Torn Flag". Dagegen tragen Sweet Honey In The Rock "Step By Step" als fast schon sakralen A capella-Kanon vor, auch Odetta intoniert mit ihrer einmaligen Stimme ohne Begleitung, allerdings etwas sehr dramatisch. Ihr Blueskollege Guy Davis klingt da schon erdiger mit "False From True". Springsteen und McGuinn haben dagegen dick Pathos aufgetragen, der Rest sind mehr oder weniger Beiträge im Folk-Konsens. In seinem 1997 aufgenommenem "And Still I'm Searching" gibt sich Seeger selbst traumverloren, was wie ein Abschied klingt. Glücklicherweise war es das jedoch noch nicht und deshalb dürfen wir uns auf ein neues Kapitel seiner Arbeit in wenigen Wochen freuen!