V.A. / Zappanale 18
Zappanale 18 Spielzeit: 72:33 (CD 1), 70:36 (CD 2)
Medium: Do-CD
DVD: Spielzeit: zirka 159 Minuten
Technik:
FSK:o.A.
Regionalcode: Codefree
Bildformat:4:3
Sprache:Englisch, Deutsch
Untertitel:keine
Label: Arf Society e.V., 2007
Stil: Rock


Review vom 07.03.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Vom dritten bis fünften August 2007 fand die 18. Zappanale in Bad Doberan statt.
In Auszügen dokumentiert die Doppel-CD Auftritte von 18 Bands/Künstlern aus acht Nationen auf zwei prall gefüllten Silberlingen.
Den Anfang macht Don Preston, ehemaliger Keyboarder bei Frank Zappa mit seinem Akashic Ensemble. Das "Pärt Preston" ist ein verträumt, vom Protagonisten dominiertes Stück mit stellenweise orientalischen Ausläufern. Zum Ende hin nimmt die Gruppe Fahrt auf und der Tastenmann gibt einige furiose Sounds zum Besten. Dann geht es mit "Help, I'm A Rock/It Can't Happen Here" auf die Zappa-Allee. Hier zeigen die Musiker, wie man eine Vokal-Improvisation über einem zunächst eher relaxten Groove zelebriert. Dann bricht eruptiv eine Gitarre wie aus den Nichts aus, Keyboards stimmen ein, um dann erleben wir, was man mit der Stimme so anstellen kann. Sehr abgehoben und avantgardistisch, dieser Beitrag.
Nach den Amerikanern übernehmen die Briten Monty & The Butchers. Melodiöses Funk-Gebrodel ist angesagt. Klasse, ihr einiger Song "Reggie Don't Sweat It". Echt heiß, diese Band! Gepflegt abrocken können die allerdings auch, was sie mit Zappas "Apostrophe" untermauern. Tolle Gitarre und Keyboards.
Ebenfalls mit zwei Songs ist Mörglbl vertreten und sie sind auch live der Hammer! Kurios, furios, metallisch, vehement und mit Witz verkaufen sie ihre Musik. Der Godin ist wirklich ein begnadeter Gitarrist (welch ein Solo), allerdings darf man seine beiden Kumpel nicht unterschätzen. Als Ganzes ist Mörglbl großes Theater. Ivan Rougnys Tieftöner-Solo zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Dass auch die Franzosen den Zappa, mit Metal-Passagen, spielen können, belegen sie in "Pygmy Twylyte".
War die "Grötesk"-CD von Mörglbl eine Entdeckung für sich, so kann man das auf die Italiener I Virtuosi Dal Pianeta Talento und die Zappanale 18 übertragen. Welch eine "Uncle Meat Suite"! Da ist echt was los auf der Bühne der Galopprennbahn in Bad Doberan. Grandioses Saxofon, melodiös bis orgiastisch. Diese mehrköpfige Combo hat die Musik von Zappa mit jedem Tropfen Wein verinnerlicht und interpretiert auf ganz hohem Niveau.
Project / Object aus Amerika lassen es mit einer riffigen Gitarre und Napoleon Murphy Brock (Saxofon) richtig krachen. Ihr fünfzehnminütiger Beitrag ist gespickt mit unterschiedlichsten Stilen und Improvisationen, besonders ausgeprägt durch die Holz- und Blechbläser. Jazziges, Rockiges und deren Mischung sorgen für einen par force-Ritt durch Zappas Song-Gelände. Was da los ist, lässt sich schwer in Worte fassen. Das muss man gehört haben! Irgendwo, nur kurz, sind die Musiker auch auf einen New Orleans-Trip. Gegen Ende hören wir ein jazziges Keyboard-Solo zu dem im Hintergrund die Bläser für Stimmung sorgen. Dann folgt ein kräftiges Drum-Solo und das von der Gitarre hat sich gewaschen.
Die erste Kostprobe einer deutschen Band erhalten wir durch das aus Karlsruhe stammende Trio Trigon. Der geschätzte Kollege Ulli beendete seine Review zur DVD mit »Es lässt sich feststellen, dass Trigon einen starken und mitreißenden Rock-Jazz-Jam spielen und ich die Truppe den Genrefreunden wärmstens empfehlen kann.« Die mit schleppendem Rhythmus daher kommenden "Filthy Hobbits" können das nur unterstreichen. Welchen satten Sound Trigon zu dritt produziert, ist gigantisch.
Team Zappa kommt aus Norwegen und bietet in keiner Weise unterkühlte Musik. "The Illinois Enema Bandit" ist stampfender Blues, so richtig zur Freude des Rezensenten. Das können die Norweger also auch und vorzüglich, liebe Leser. In den über zehn Minuten gibt es natürlich genügen Gelegenheit für instrumentale Ausflüge, in ersten Linie an der Gitarre, an zweiter Stelle durch die Keyboards und oben drauf durch den Sänger. Sehr schön!
Die erste CD war bereits angereichert mit einigen Überraschungen, besonders durch das Team Zappa. Mal hören, was die zweite Disc zu bieten hat.
Die extrovertierten Kimono Draggin' aus Amerika zitieren mit 'Electrcity" Captain Beefheart und dieser Track entwickelt sich durch die zirpenden Keyboards zu einem ultimativen Boxentest. Mein lieber Herr Kanalarbeiter, da ist was los! Es rumpelt mächtig im Gebälk, wenn der Sänger brüllend und schreiend seine Gefühle zu Gehör bringt. Der Gitarrist, so hört es sich zumindest an, treibt das Bottleneck über die Saiten und ein weiter Mann am 6-Saiter überholt sich selber. Dazwischen mischt auch noch ein Saxofon kräftig mit.
Octafish aus Deutschland stehen für abgedrehten Jazz mit progressiven Versatzstücken, die sie in Zappas "G-Spot Tornado" bieten. Nach "Electrcity" beginnt Octafish mit einem melodiösen Keyboard-Intro. Schnell baut man eine exzellente Dynamik aus, garniert diese mit einem freejazzigen Saxofon-Einschub und kehrt dann zurück zum eingängigen Thema. Der Saxofonist Olli Wendt spielt auf seinem Holzblasinstrument alles zwischen Himmel und Hölle. Leck Die Söck! Um diese Band genießen zu können, muss man schon einiges an heftiger Musik gehört haben und mögen. Selbst bezeichnen sie ihre Musik mit Industrial-Fake-Jazz.
Leider gehen die tollen knapp drei Minuten "Sofa", geboten von der österreichischen Band Sex Without Nails Bros. viel zu schnell um.
Länger ist da schon die Eigenkomposition "Whales" von den Space Debris und ich stoße schon wieder auf den Ulli, der sich dieser deutschen Band angenommen hat. Die ersten zwei Minuten gehören ganz eindeutig dem Keyboarder mit seinem Jon Lord-Hammond-Sound. Nach weiteren zwei Minuten wird der Track zu einem echten Jam-Monster mit allem, was dazu gehört. Die Gitarre wechselt sich im Frage-Antwort-Muster mit den tasten ab und es wird nochmals an der Spaß-Schraube gedreht. Tempi- und Dynamik-Änderungen machen die Runde und den Track zu einem Hinhörer. Dieser Sampler ist genial. Welch eine Vielfalt an Musik!
Ebenfalls aus Deutschland stammt Polytoxicomane Philharmonie, die mit einer Interpretation von Zappas "Grandchild Of Mr. Green Genes" aufwarten. Deutlich im Vordergrund stehen Gesang und die ausdrucksstarke Gitarre, zuweilen mit Wah Wah-Einsatz gespielt.
The Great Googly Moogly vertraten Schweden auf dem Festival und man könnte sagen, dass sie in "Dog Breath Variations" mit ihrem Bläsersatz für etwas Durchatmen sorgen.
Mit dem John MacLaughlin-Titel "Meeting Of The Spirits" erinnern Jazzprojekt Hundehagen an Mahavishnu Orchestra-Zeiten. Katrin 'Kaddy' Werner, ihres Zeichens Keyboarderin in der Männerrunde, stellt ihr Instrument auf Violinensound, der natürlich zum Klang des MO gehört. Tolle fast 11 Minuten, die die Band mit dem eingängigen Namen Jazzprojekt Hundehagen hier bieten.
Die CD-Zusammenfassung des Festivals geht dem Ende zu. Das Harmonia Ensemble, mixen Klassik und Zappa. Cello sowie Klarinette sind zu hören und der Band kann man einen gewissen exotischen Flair unterstellen. Das bereichert die Bandbreite der Zappanale nur.
Bevor es zum Finale kommt, hat der Ex-Zappa Drummer Chad Wackerman das 'Wort". "Tell Me" ist fast ausschließlich von einem Schlagzeugsolo geprägt. Hier und da bereichern eine jazzige Gitarre und der Bassist die brillante Arbeit des Protagonisten.
Der Abschluss ist, wie es nicht anderes sein kann, ein krönender mit zig Musikern auf der Bühne, die miteinander ein grandioses Finale hinlegen. Bisher noch nicht gehört, spielt jetzt auch jemand Harp.
Dieser Doppeldecker ist super und kann nicht nur jedem Zappa-Fan empfohlen werden.
Das ist aber noch nicht genug, denn als "Retrospective" zum 18. Festival hat sich das Zappanale-Team nicht lumpen lassen und auch eine DVD veröffentlicht.
Also wollen wir uns ins Pantoffelkino begeben und die Anlage mit dem audiovisuellen Silberling füttern.
Das Line-up der Bands wird, im Vergleich zur CD, um Chen Unst (Deutschland) erweitert.
Sich zwei Stunden Zeit nehmen, im Menü, das sich auf dem Fell einer Trommel befindet, auf Start klicken, Füße hochlegen und nur noch die Fernbedienung mit der Lautstärkeregelung bereit legen. Vielleicht noch ein Getränk seiner Wahl in Reichweite stellen und dann sollte man die gesamte "Retrospective" einfach nur laufen lassen. Herum zappen würde den Gesamteindruck nur stören.
Schon der 'Vorspann' mit Bild-Collagen, Impressionen der anreisenden Zuschauer, ob zu Fuß oder mit dem Auto (der 2 CV im Abendrot auf der staubigen Straße ist toll), kurze Statements von Don Preston oder Bühneneindrücke: Es passt zu Beginn bereits alles.
Musikalisch ist bei der CD-Besprechung bereits alles erwähnt worden.
Wie man allerdings das visuelle Erlebnis in Szene gesetzt hat, ist hervorragend. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln wurde das Geschehen auf der Bühne eingefangen. Man wechselt von Nahaufnahmen der Künstler zur Totalen, so wie es das Publikum sieht und geschickt hat man die bereits in der Einleitung benutzte Collagen-Technik eingesetzt. Toll!
Zwischen den Aktivitäten auf der Bühne kommen immer wieder die Musiker zu Wort und es ist schon überraschend, Mörglbl mit "Highway To Hell" von AC/DC zu hören.
In der Chronologie der drei Tage erleben wir den Event und, ganz wichtig, gibt es kaum Überschneidungen mit dem Material der Doppel-CD.
Von Bands in kleiner Besetzung, wie Mörglbl oder im Gegensatz dazu I Virtuosi Dal Pianeta Talento, die die Bühne geradezu bevölkern, wird man Zeuge eines wirklich ganz starken Festivals, das definitiv auch in eine 19. Runde gehen wird und wenn hoffentlich die Klage von Gail Zappa vom Tisch ist.
Denkbar, dass sich die emsigen Veranstalter für die 20. Ausgabe etwas ganz Besonderes einfallen lassen.
Neben den bewegten Bildern kann man sich darüber hinaus noch Fotos der Bands bei unterschiedlichen Aktivitäten anschauen.
Den Samstag eröffneten Chen Unst, die auf der CD nicht präsent sind: Viel computergesteuerte Musik mit Schlagzeug der ganz heftigen Art. Ist die Band mit einer eigenen Bühne angereist? Sie beschallten die Zuschauer mit ihrer wahrlich schweren Kost von einem LKW aus. Mit dieser deutschen Band hat das Musik-Universum des Rezensenten allerdings auch seine Grenze erreicht.
Was bleibt einem bei soviel Zappanale? Vielleicht in Abwandelung des Mottos der Veranstalter:»18 Jahre und kein bisschen l(w)eise!...«, zu resümieren: 4 Stunden Musik und kein bisschen Langeweile! Empfohlen wird die Anschaffung beider Medien.
9 von 10 RockTimes-Uhren werden mit einem großen Kompliment nach Bad Doberan verschickt.
Tracklist
CD 1:
01:Larry 'Wild Man' Fischer - The Psycho I've Become… (1:02)
02:Don Preston's Akashic Ensemble - Pärt Preston (8:38)
03:Help, I'm A Rock/It Can't Happen Here (8 :15)
04:Monty & The Butchers - Reggie Don't Sweat It (4:10)
05:Apostrophe (4:08)
06:Christophe Godin And Mörglbl - Tapas Nocturne (4:52)
07:Pygmy Twylyte (2:07)
08:I Virtuosi Dal Pianeta Talento - Uncle Meat Suite (7:56)
09:Project / Object (15:19)
  a. Village Of The Sun
  b. Echidna's Art (Of You)
  c. Don't You Ever Wash That Thing
10:Trigon - Filthy Hobbits (5:46)
11:Team Zappa - The Illinois Enema Bandit (10:20)
CD 2:
01:Paul Green Kids - "God!" (0:18)
02:Kimono Draggin' - Electrcity (4:30)
03:Octafish - G-Spot Tornado (3:28)
04:Sex Without Nails Bros. - Sofa (2:43)
05:Larry 'Wild Man' Fischer - "He Screwed Me…" (0:10)
06:Space Debris - Whales (13:28)
07:Polytoxicomane Philharmonie - Grandchild Of Mr. Green Genes (5:52)
08:The Great Googly Moogly - Dog Breath Variations (1:51)
09:Wolfhard Kutz - Debra Kadabra (3:05)
10:Jazzprojekt Hundehagen - Meeting Of The Spirits (10:54)
11:Harmonia Ensemble - Petrushka/Muffin Man (5:25)
12:Larry 'Wild Man' Fischer - "Nice Talking To Ya…" (0:10)
13:Chad Wackerman Trio - Tell Me (11:15)
14:Finale - I'm The Slime/Dumb All Over/The Message (7:27)
Externe Links: