Crashdïet / Generation Wild
Generation Wild Spielzeit: 40:26
Medium: CD
Label: Frontiers Records, 2010
Stil: Sleaze Rock


Review vom 23.04.2010


Moritz Alves
Die bisherige Bandgeschichte von Crashdïet ist geprägt gewesen von vielen Ups & Downs. Konnte man 2005 als schwedische Sleaze-Hoffnung mit dem großartigen Debütwerk "Rest In Sleaze" ordentlich Staub aufwirbeln, wurde man kurze Zeit später durch den Freitod von Aushängeschild Dave Lepard (der depressive Sänger nahm sich 2006 mit nur 25 Jahren das Leben) wieder meilenweit zurück geworfen.
Dem Zweitwerk "The Unattractive Revolution" (2007) lieh daraufhin Ersatzmann H. Olliver Twisted seine Stimme, doch währte sein Einsatz hinterm Mikrofon nicht lange - bereits kurz nach dem Release kehrte er der Band aufgrund musikalischer Differenzen den Rücken und man fragte sich, wie die Combo diesen neuen Rückschlag wegstecken würde.
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2010, und die unermüdlichen Schminke-Rocker Peter London, Martin Sweet und Eric Young haben sich für Album Nummer drei den dritten Sänger ins Boot geholt. Der Knabe hört auf den Namen Simon Cruz und hat über die Grenzen Schwedens hinaus bisher keine nennenswerte Bekanntheit erlangt. Ähnlich wie Twisted vor drei Jahren, ist auch Cruz bisher ein eher unbeflecktes Tuch und Szenekennern daher allerhöchstens von seiner vorigen Beschäftigung bei der Combo Jailbait ein Begriff.
Dies wird sich allerdings in Kürze schlagartig ändern, da Crashdïet mit dem neuen Output "Generation Wild" nicht nur einen prägnant-plakativen, äußerst Sleaze-tauglichen Albumtitel ausgewählt haben, sondern obendrein natürlich mit brandheißem Hard Rock der schmierigen Sorte überzeugen können. Allen Fans, denen der Vorgänger "The Unattractive Revolution" wahrlich zu unattraktiv erschien (so wie dem Verfasser dieser Zeilen), seien diese frischen 40 Minuten somit wärmstens ans Herz gelegt.
Crashdïet melden sich wahrlich eindrucksvoll zurück, so als müssten sie unbedingt allen beweisen, dass sie immer noch die einzig wahren Könige des Schweden-Sleaze sind. Nach saustarken Veröffentlichungen der Landsmannen von Crazy Lixx, Hardcore Superstar und Babylon Bombs in den vergangenen Jahren sind packende, arschtretende Songs aber natürlich die goldrichtige Strategie, um sich wieder auf den Szene-Radar zu katapultieren.
Es tut also verdammt gut, die Jungs zurückzuwissen - und das stärker denn je. "Generation Wild" versprüht von der ersten bis zur letzten Sekunde handverlesene Crashdïet-Kunst der besten Sorte. Die elf Songs sind durch die Bank ehrliche, schmierig-böse Rocker, die jedem Fan der einschlägigen Spielarten ein fettes Grinsen ins Gesicht zaubern werden. Dass sich Neuzugang Simon Cruz stimmlich bestens ins Klanggefüge integriert, ist da nur noch als i-Tüpfelchen anzumerken, klingt er doch wie eine gute Mischung aus seinen Vorgängern Lepard und Twisted und drückt den Kompositionen somit den ultimativen Crashdïet-Stempel auf.
Ähnlich wie schon beim Bandklassiker "Rest In Sleaze" hat es der Vierer dieses Mal wieder geschafft, einen geradezu brillanten Mix aus rebellischen Glam-Hymnen und bittersüßen (Halb-) Balladen auf den Silberling zu bannen. Nachdem man das genretypische, Spannung aufbauende Intro "442" (mit Alarmtönen und Sirenengeheul haben u.a. schon Mötley Crüe ein Album eröffnet: "Dr. Feelgood" (1989)) überstanden hat, treiben die akzentuierten Gitarrenriffs von "Armageddon" den Adrenalinpegel jäh in die Höhe. Cruz steigt bedrohlich tief in den Song ein und scheint nur darauf zu warten, im ersten Chorus richtig zuzuschlagen, was er dann auch prompt tut! - Dieses Stück steigt so richtig schön amtlich ins Album ein und zwingt schon in den ersten Sekunden dazu, wild und irre die Fäuste in die Luft zu reißen! Hell yeah, so darf's doch gerne weitergehen!
Der nachfolgende Track "So Alive" lässt diesen Wunsch nicht lange offen, sondern sorgt mit basslastigen Strophen und typischem Refrain für reihenweise feuchte Unterwäsche - die Handschrift der Truppe ist hier ganz klar erkennbar. Jetzt, allerspätestens aber beim Killer-Titeltrack (dessen Videoclip kürzlich übrigens vom schwedischen MTV-Ableger indiziert wurde) sollte klar sein, dass 'Crash-fuckin-Diet' ein für allemal zurück sind und überhaupt nicht daran denken, in absehbarer Zeit wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Mit der Großkönner-Ballade "Save Her" schaffen die Jungs eine hochkarätige Verschnaufpause, die in den Strophen leichte Assoziationen zu The Darkness weckt. Und auch wenn sie hier »No one can save her« singen, ist vollkommen klar, dass mich diese Musik schon längst gerettet hat.
Das folgende "Down With The Dust" ist daraufhin wieder der typische, energiegeladene Crashdïet-Rock, während "Native Nature" mit seinem akustisch gehaltenen Intro zuerst an Poison erinnert, nur um danach Skid Row'sche Glanztaten heraufzubeschwören (1989, anyone?) - bei diesem Titel dürften sich Dave 'The Snake' Sabo und Rachel Bolan richtig in den Arsch beißen, kriegen sie solche Sounds doch schon lange nicht mehr auf die Reihe … Besonders geil kommt hier übrigens der akustische Mittelpart, der in starkem Kontrast steht zu den haushohen Chören des Refrains!
Nachdem die letzten beiden Songs "Bound To Fall" (riiiiiesiger Glam-Refrain!) und "Beautiful Pain" (wunderschöne Halbballade zum Abschluss) das Album grandios beendet haben, dürfen sich alle Spätgeborenen ein zweites Loch in den Popo freuen, dass diese Art Rockmusik heute wieder im größeren Stil stattfindet. Als jemand, der in den goldenen Achtzigern nicht mehr als ein unwissender Dreikäsehoch war, bin ich heilfroh um eine Handvoll großartiger europäischer Bands, die den Geist dieser geilen Mucke in der ersten Dekade des neuen Millenniums wieder aufleben lassen.
Crashdïet haben mit "Generation Wild" zweifelsohne einen echten Hammer hingelegt, der die Truppe schlagartig zurück an die Spitze der europäischen Szene bringen wird. Kaufen!
Line-up:
Peter London (bass guitar)
Martin Sweet (lead guitar)
Eric Young (drums)
Simon Cruz (vocals)
Tracklist
01:442 (Intro) (0:53)
02:Armageddon (4:06)
03:So Alive (4:11)
04:Generation Wild (3:55)
05:Rebel (3:23)
06:Save Her (3:26)
07:Down With The Dust (2:47)
08:Native Nature (4:28)
09:Chemical (4:16)
10:Bound To Fall (4:15)
11:Beautiful Pain (4:42)
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