Im letzten Stück auf "Tear This World Up" singt Eddie C. Campbell (Jahrgang 1939) nicht nur »I'm still here tickin' away - One of these days gonna be my day…«, sondern zählt auch gleich auf, mit wem er in seiner Schaffensphase, die bereits mit 12 Jahren und Muddy Waters begann, zusammen gespielt hat: Howlin’ Wolf, Little Walter, Percy Mayfield, Willie Dixon, Koko Taylor, Magic Sam, Jimmy Reed, James Brown, Lowell Fulson, Memphis Slim, Paul Butterfield, Otis Rush oder Luther Allison.
Hätte er diesen Song an den Anfang seines, nach zehnjähriger Pause, aktuellen Albums gestellt, könnte man diese, nur mit der akustischen Gitarre begleitete Nummer auch als ganz schön hochnäsig einstufen, denn es gibt so viele Leute, die mit den gerade genannten Persönlichkeiten eine Verbindung hatten. Er war allerdings nicht Kofferträger, sondern Sideman.
Als Finisher der Platte kann man schließlich nur noch die Lauscher krabbeln und mit dem Kopf nicken… Respekt und noch ein wenig mehr!
Vom Mississippi über Chicago nach Europa (Niederlande, England, Deutschland) und den Kreis schließend wieder zurück in die Windy City, ist er verdammt viel herumgekommen.
So lässt sich einiges erzählen und Eddie C. Campbell ist ein hervorragender Vertreter der Chicagoer Blues-Szene und deren Musik.
Vielleicht von so viel: Seinen Song "Santa's Messin' With The Kid" vom Debüt "King Of The Jungle" (1977) hatte sich die Band Lynyrd Skynyrd zur Brust genommen.
Dem, was der Siebzigjährige an Frische und Vitalität bietet, kann man sich kaum entziehen und zumindest die Angeln der Blues-Welt bringt er mit dieser Platte in Vibration.
Wenn Campbell der Meinung ist, dass es viele Leute mit dem Blues versuchen, dann abheben und bei Jimi Hendrix landen, darf dem Protagonist durchaus zugestimmt werden.
Mit seinem Opener kommt er bei John Lee Hooker an. "Makin' Popcorn", der Mann nimmt nicht alles bierernst, ist ein perfekt relaxter Boogie, wodurch schon einmal deftig Stimmung aufkommt. Seine Stimmbänder sind noch hervorragend in Schuss. Singen kann Eddie C. immer noch sehr gut und auch höhere Tonlagen sind keine unerforschten Regionen.
Mit dem folgenden "Big World" hat er den Sound seines Arbeitsgerätes völlig verändert und in dem Uptempo-Shuffler, mit klasse arrangierten Bläsern aufgebohrt, erinnert er an Jody Williams. Seine Soli sitzen wie ein Maßanzug und schon jetzt wird deutlich, dass er eine ganz starke Band an der Seite hat.
Ausgehend von der Rhythmus-Abteilung mit Dario Golliday sowie Marty Binder, der seine Trommelstöcke schon bei Bob Stroger, Dave Specter, Deborah Coleman, Coco Montoya oder Albert Collins einsetzte, ist eine perfekte Wahl getroffen worden.
Zwei Leute an den Tasten geben den Songs mehr Volumen. Einerseits ist es Karl Outten, andererseits Marty Sammon, der unter anderem beim Blues At Montreux im Line-up von Buddy Guy auftaucht.
Viermal sind die Holz- und Blechbläser vertreten und auch die verbrachte Zeit von nur drei Tagen in Delmarks Riverside Studio spricht eine eigene Sprache. Außerdem saß mit Dick Shurman eine Produzenten-Koryphäe an den Reglern.
»Magic Sam was my best friend. We used to live next door together.« Dann sagt er auch noch, dass er "Easy Baby" auf seine Art spielen wird. Das Ergebnis ist zum Finger ablecken, wie nach selbstgemachen Ribbes (Reibekuchen) mit Rübenkraut.
Den Magic Sam darf er ruhig nochmals zitiert… "Love Me With A Feeling".
Wenn schon, denn schon: Eine ganz feine Angelegenheit ist auch Chester Burnetts "My Last Affair" mit toller Piano-Begleitung von Marty Sammon. Eine weitere Leihgabe ist "I'm Just A Fool" vom Pianisten/Sänger Buddy Johnson. Mit nur einer kleinen Prise Jump Blues macht Campbell hier nichts verkehrt und als ich "Summertime" in der Tracklist gesehen hatte, war ich ganz gespannt. Auch wenn er der Nummer mehr Speed gibt, ist sie von ihm groovend interpretiert, nicht minder intensiv. Er verpasst dem Stück ein super Solo und nun kann dieser Track zu den bisher so noch nicht gehörten hinzugefügt werden.
Mit seinen eigenen Kompositionen deckt Campbell die ganze Palette von R&B, Soul und Funk ab.
Es macht ungemein Spaß, seinem variantenreichen Gitarrenspiel zuzuhören und, wie bereits geschrieben, hat er ein verdammt gute Band hinter sich. Aus der Sammlung besonders hervorheben möchte ich noch "It's So Easy" und "All Nite".
Die Platte hat einen schönen Sound und es klingt so richtig nach 'live-im-Studio'. Empfehlung meinerseits.
Line-up:
Eddie C. Campbell (vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Karl 'Lil' Daddy' Outten (piano, organ)
Marty Sammon (piano - #4,9,10,11, organ - #9)
Dario Golliday (bass)
Marty Binder (drums)
Mark Cihlar (harmonica - #1,5,7,11)
Chuck Parrish (trumpet - #2,8,9,11)
Sam Burckhardt (tenor saxophone - #2,8,9,11)
Juli Wood (baritone saxophone - #2,8,9,11)
Tracklist |
01:Makin' Popcorn (4:04)
02:Bog World (3:29)
03:Easy Baby (5:01)
04:Tie Your Time Up (3:51)
05:Voodoo (4:59)
06:Love Me With A Feeling (3:08)
07:Vibrations In The Air (4:50)
08:Care (3:49)
09:It's So Easy (4:52)
10:My Last Affair (5:05)
11:I'm Just Your Fool (4:21)
12:All Nite (4:09)
13:Summertime (4:53)
14:Bluesman (4:34)
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