Eddy Czesnick: Als Promotor und Booker ist es mir natürlich schon wichtig, mit diesen Künstlern auch ein Publikum erreichen zu können.
Eddy Czesnick Am Rande des Van Wilks-Konzertes sprach Mike Kempf mit dem Musik-Promotor Eddy Czesnick über das aktuelle Geschehen in der Berliner Clubszene.


Interview vom 26.08.2008


Mike Kempf
RockTimes: Hallo Eddy, seit 2006 kenne ich das Cafè Garbáty und bin seither über die Veranstaltungen, die auftretenden Künstler/Musiker überrascht. Immerhin habe ich in der Vergangenheit u. a. die Bluesrocker Ian Parker, Innes Sibun oder gerade erst Stoney Curtis bei Dir im Garbáty gesehen. Leider kursieren Gerüchte, dass das Garbáty geschlossen werden soll. Ist da was Wahres dran? Wie ist der Stand der Dinge?
Eddy: Zunächst noch mal der Hinweis, dass ich lediglich ein Freund des Café Garbátys bin und dort seit 2005 teilweise als Veranstalter oder Konzertvermittler tätig war. Oft haben mir Künstler zu diesem schönen Klub gratuliert, nein, nein nur Freund, aber ich hoffe einer der Effizienten. Die Gerüchte sprechen leider die Wahrheit. Seit fast 2 Jahren kämpfen wir um den Erhalt, bisher erfolgreich, aber die 'Schlinge' wird Monat für Monat enger. Der nächste Gerichtstermin steht am 15.10. ins Haus. Wir bleiben optimistisch und hoffen noch bis zum Jahresende weiter machen zu können. Nachlesen könnt ihr das ganze Dilemma auf der Webseite des Vereins. Also weiterkämpfen!
RockTimes: Auf Deiner Homepage habe ich gelesen, dass Du ab September 2008 auch für die Programmgestaltung des renommierten Quasimodo zuständig bist. Wie kam es dazu? Wirst Du in Zukunft beide Clubs betreuen?
Eddy: Richtig ist, dass ich ab 01.06.2008 offiziell im Quasimodo angestellt bin und zwar als Verantwortlicher für die Pressearbeit und als Booking-Assistent. Ich muss vielleicht Niemanden erklären, dass das der Höhepunkt meiner bisherigen Tätigkeit im Musikbereich ist, eine der größten Ehren überhaupt und die schönste Anerkennung meiner bisherigen Tätigkeit unter 'Eddys Concerts'. Das Quasimodo ist seit 1989 mein Hero unter den Klubs Europas, 'Liebe auf den ersten Blick' sozusagen. Das Café Garbáty ist der Klub, indem für mich 2005 im Musik-Business alles begann und der immer ein Herzstück bleiben wird. Ich werde das Garbáty weiterhin in meiner 'Freizeit' (ein lustiges Wort für Jemanden der im Musikbereich arbeitet) unterstützen wo ich kann!
RockTimes: Beherrschst Du ein musikalisches Instrument und hast je selbst musiziert?
Eddy: Ich bin seit meinem 13. Lebensjahr ein begeisterter Musik-Konsument. Leider ist es mir nie vergönnt gewesen, ein Instrument zu erlernen. Gelegentlich Trompete, Gitarre mit 2-Finger-Suchsystem und Perkussion für den Hausgebrauch, das war's. Aber irgendwie ist es mir möglich, wie ein Jazz-Musiker zu improvisieren, zumindest indem was ich tue.
RockTimes: Welche Voraussetzungen, welche Eigenschaften, müssen bei Dir die Künstler erfüllen, damit sie bei Dir auftreten können?
Eddy: Zunächst bewundere ich natürlich jeden, dem die Gabe zuteil wurde, sich auf einem Instrument auszudrücken. Mein Herz gewinnen die Musiker und Musikerinnen, die mich mit ihrer Musik berühren können, die ihr eigenes Profil mit einbringen und sich damit im Dschungel der Musikwelt ihre Authentizität bewahren. Und dabei ist mir das Genre eigentlich Wurst, obwohl meine Vorlieben schon beim Jazz/Blues/Fusion/Funk/Elektro/Jam-Rock liegen ... . Als Promotor und Booker ist es mir natürlich schon wichtig mit diesen Künstlern auch ein Publikum erreichen zu können.
RockTimes: Wie mir scheint lässt Du auch die Berliner Rockszene nicht aus den Augen. Sogar gute Coverbands sind im Garbáty schon aufgetreten. Ich denke da in erster Linie an Get Stoned. Wie stehst Du zu Coverbands?
Eddy: Bei Coverbands bist Du eigentlich bei mir an der falschen Adresse. Da bevorzuge ich doch eher die Originale. Mit Get Stoned habe ich soweit gar nichts zu tun, das läuft über das Garbáty direkt. Aber ich weiß natürlich auch, dass sich Coverbands die gut drauf sind immer wieder gut verkaufen lassen, vor allem in Deutschland. Nee, das macht bestimmt Spaß und ist allemal unterhaltsam, aber für mich persönlich nicht so spannend, logischer Weise.
RockTimes: Welche Charaktereigenschaften treffen auf Dich zu?
Eddy: Charaktereigenschaften?? Soweit ich das überblicken kann: Ehrlichkeit, Gefühl, Fleiß, Spaß, Zielstrebigkeit und Reflektionsfähigkeit. Hoffe ich passe in diese Welt...
RockTimes: Welcher Stellenwert hat Deine Familie in Deinem Leben? Immerhin darf Deine Tochter ab und zu die Musiker/Bands, wie bei Stoney Curtis, ansagen.
Eddy: Familie im Sinne von deutscher Vorstellung gibt es bei mir schon lange nicht mehr. Meine Tochter ist meine große Liebe, und ich hoffe, ich verbringe mit ihr noch sehr viel Zeit, was oft schwierig ist in diesem Job. Jade-Marie darf eigentlich fast alles, natürlich auch Konzerte ansagen... aber das mit Curtis ist eher schon ein alter Brauch, die Band und meine Tochter mögen sich sehr.
RockTimes: Welche von Dir veranstalteten Gigs waren Deine Highlights? Gab es auch Pleiten und Enttäuschungen zu verkraften?
Eddy: Highlights gab es zu viele, Pleiten und Enttäuschungen nur im finanziellen Umfang, musikalisch eigentlich kaum. Nur ein Beispiel. Immer wieder gern zitiert: Die japanische Jazz-Rock Band um Kazutoki Umezu, mit dem wohl neben Sadao Watanabe berühmtesten japanischen Saxophonisten aller Zeiten, der mit seiner Band auf den großen Festivals der Welt (Jazz) als Headliner spielt, kommt mit seiner Band ins Garbáty. Das Konzert gehörte für mich zu einem der Beeindruckensten, und wir hatten wirklich richtige Kracher(!). Nun ja, ich habe an diesem Abend ganze 3 Tickets verkauft... Die Band, sicher etwas zu exotisch für das kleine Café am Rande der Stadt, aber trotzdem möchte ich dieses Konzert niemals missen, es war einfach unfassbar, und die ca. 20 Zuhörer an diesen Abend werden es ihr ganzes Leben lang nicht vergessen...
RockTimes: Mal ehrlich Eddy, lässt Du Dir ab und zu einen Silberling brennen um Kohle zu sparen? Wie siehst Du die allgemeine Entwicklung der Musikbranche im Computer-Zeitalter, mit dem Downloaden, dem Kopieren usw.?
Eddy: Kohle sparen müssen wir alle, bevor Leute auf die Musik verzichten müssen, sollen sie brennen. Übel wird es nur dann, wenn mit der Brennerei ein Geschäft gemacht wird. Die Musikindustrie verdient mit den großen Acts genug Schmott, aber die Independent-Label (und damit meine ich nicht die Indie-Label, die alles andere als Independent sind) sollte man schon unterstützen, wie auch die Musiker, die ihren Vertrieb und den ganzen Kram selbst organisieren. Die Zukunft sieht für mich eher gespenstisch aus. Die Kohle rückt immens in den Vordergrund, die Manager, Label, Medien, Musikindustrie etc., das ganze Geschwür, das an der Leistung der Musiker verdient, wächst unaufhörlich - das nervt. Talente werden schnell abgezockt und auf den Müll geworfen... Andererseits kann jeder Musiker frei entscheiden, ob er sich den Moneymakern hingibt, oder selbst aktiv wird und seinem Produkt treu bleibt. MP3 oder iPods basieren auf Datenreduzierung - ich stehe nicht so auf Minus! Downloaden ist okay, weil unabhängig von der Musikindustrie... Noch einmal zum Brennen: Ein wirklicher Musikliebhaber kauft sich seine Scheibchen wie eh und je, daran wird sich nichts ändern, solange es noch Scheibchen gibt.
RockTimes: Pflegst Du auch Kontakte zu anderen Clubs außerhalb Berlins? Wenn ja, zu welchen?
Eddy: Es gibt natürlich Kontakte zu anderen Klubs. Netzwerke sind in dieser Zeit unheimlich wichtig. Die Tante Ju in Dresden, bspw. Man tauscht sich aus, versucht gute Acts zu finden, oder Musikern zu helfen, Anschluss-Gigs zu finden. Solche Einzelkämpfer wie Henry aus der Bluesgarage oder die Typen aus dem Meisenfrei oder Downtown, stellvertretend für so Viele, die einfach bewusst die Verantwortung tragen, dass die Live-Musik in den kleinen Klubs am Leben bleibt. Um das auch noch mal zu erwähnen - ohne unser interessiertes Publikum geht sowieso nichts, ihnen die Sachen schmackhaft zu machen und Neugier zu wecken, das sind vorrangig unsere Aufgaben. Super Musik gibt es wie Sand am Meer, tolle Musiker sowieso.
RockTimes: So Eddy, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast und den RockTimes-Lesern interessante Einblicke von Dir gewährt hast! Abschließend möchte ich noch wissen, welchen Gig den Du zukünftig veranstaltest, ich auf gar keinen Fall verpassen darf?
Eddy: Van Wilks im Garbáty ist schon sensationell, und das Quasimodo-Programm birgt viele Höhepunkte. Nur im September: Natürlich Esperanza Spalding - nur zwei Deutschlandkonzerte, für Fans des Jazz ein unbestreitbares MUSS! Aber um beim Rock zu bleiben: Devon Allman - klar, Jean Paul Bourelly - sicher, Jackie Leven - auf jeden Fall, weil einfach von der Straße und total stilvoll! Und natürlich am 27.09., einem Samstag, Sandy Dillon. Nachdem Tom Waits dieses Mal einen weiten Bogen um Deutschland macht, sollte die Schlange der Waits-Fans bis zum Bahnhof Zoo reichen. Martin Erfurt sagte in einem Review bei 'Uncle Sally': »...wieder wunderbare, ganz und gar einzigartige Songs zwischen kaputtem Singer/Songwritertum und Querkopf-Blues«. Und wie gesagt, wenn alles klappt, Roger Chapman.
RockTimes: Schönen Dank für die Möglichkeit zum Plaudern!
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