Eric Clapton / Crossroads Guitar Festival 2010
Crossroads Guitar Festival 2010 Spielzeit: 240:00
Medium: Do-DVD
Label: Warner Music Entertainment/Rhino Entertainment Company, 2010
Technische Daten:
Format: PAL
Sprache: Englisch/verschiedene Untertitelsprachen, auch Deutsch
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Regie: Martyn Atkins
Stil: Blues Rock

Review vom 11.12.2010


Olaf 'Olli' Oetken
Ein gereifter Saitenheld wider Willen, seine Großfamilie & und die Sache mit den Amateuren

Well, wie geht nun ein Rezensent an eine Rezension heran, wenn er von den lieben RezensionskollegInnen mit dem zu rezensierenden Protagonisten quasi zwangsverheiratet wird?
Nun, er tröstet sich zunächst einmal damit, dass von insgesamt 40 Tracks der zu rezensierenden Doppel-DVD gerade mal 10 mit direkter Beteiligung des 'Ehepartners' sind.
25% Clapton in einem Produkt, welches explizit unter dem Clapton(Verkaufsargument)-Banner vermarktet wird.
Bei genauerer Betrachtung lassen sich aber noch mehr Spuren des 'Gemahls' finden. So ist er exakt zweimal als Songwriter im dünnen Booklet aufgeführt, interessanterweise steht er bei beiden Songs nicht auf der Bühne. Dafür ist er immer mal wieder zwischendurch dahinter zu entdecken, wie er sehr zufrieden den Darbietungen derjenigen lauscht, die er höchstpersönlich für sein Festival zugunsten des von ihm selbst gegründeten Drogenrehabilitationscenters Crossroads auf der Karibikinsel Antigua eingeladen hatte.
Bereits zum dritten Mal nach 2004 und 2007 rief Sir in spe Eric Clapton und alle kamen an die berühmt berüchtigte Kreuzung, wo einst einem Robert Johnson der Teufel begegnete, heute aber stellvertretend die Fußballclubs Chicago Fire und Chicago Machine ihre Heimspiele austragen. Zum zweiten Mal nach 2007 war der Toyota Park Chicago Austragungsort eines Gitarristengipfels, der einerseits imposantes Namedropping offeriert, andererseits ein erstaunlich familiäres Flair zu verbreiten weiß.
Es sind überwiegend Nasen zu bestaunen, die bereits Crossroads-Festival-Erfahrungen gesammelt haben, auch das musikalische Konzept zwischen Erinnerungsarbeit in Sachen (Chicago und/oder Mississippi-Delta)Blues, Aufarbeitung der Claptonischen Historie, Akustik-Schmankerl, Kollaborationen im großen Stil, Country-Rock, viel Soul, viel (Blues)Rock bis hin zu Fusionseruptionen und schlussendlich dem Schuss guten alten Rock'n'Rolls ist nahezu unverändert.
Wer sich die über vierstündige Zusammenfassung dieses Ereignisses vom 26.06.2010 (ein offensichtlich sehr heißer Tag in Chicago) zu Gemüte führt, erlebt zwar vordergründig nur die 25% Claptonischer Bühnenpräsenz, begegnet aber vielen Künstlern, mit denen der Festivalgastgeber in seiner Vergangenheit explizit zusammengearbeitet hat, stellvertretend seien hier Sonny Landreth, Robert Randolph & The Family Band, Robert Cray, Hubert Sumlin, Doyle Bramhall II,
Sheryl Crow, Derek Trucks, Albert Lee, Chris Stainton, Buddy Guy, Jeff Beck,
Steve Winwood und B.B. King genannt.
Ein interessanter musikalischer Schwerpunkt ist etwas überraschend der Mad Dogs & Englishmen-Zirkus von 1970, der zeithistorisch geschickt mit Clapton's Delaney & Bonnie-Phase verknüpft wird und in einer fantastischen Version von "Coming Home" gipfelt, 1969 als Single unter Delaney & Bonnie And Friends erstveröffentlicht und hier kongenial von der Derek Trucks & Susan Tedeschi-Band mit Warren Haynes (Gov't Mule, Allman Brothers Band) als Gast in Szene gesetzt, inklusive Doppel-Drumming in Perfektion! Neu dabei ist beispielsweise Gary Clark Jr., der mit seinem dieses Jahr veröffentlichten Langrillentrack "Bright Lights" unter dem musikalischen Direktor Doyle Bramhall II ein gitarrensolistisches Glanzlicht im modernisierten Soundgewand des Bluesrockgerüsts setzt und sich wenig später prompt ein Sonderlob vom 'Meister' einfängt. Da steht bereits eine gewisse Sheryl Crow am Mikro, beim Rezensenten in den letzten Jahren nur noch durch musikalische Nichtigkeiten aufgefallen, wenn frühere Werke wie "Sheryl Crow" oder "The Globe Sessions" zum Vergleich herangezogen werden, aber hier geht plötzlich die Sonne auf. Zwei Songs vom damals noch gar nicht erschienenden Album "100 Miles From Memphis" werden dargeboten, das leider nicht annähernd den Esprit dieses Auftritts versprüht, welcher durch ein feines Solo ECs veredelt wird, der damit einmal mehr sein ausgeprägtes Feeling für klassische Soulklänge mit Rockschlagseite offenbart.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass sich freilich nicht nur Sternstunden auf diesem Doppeldecker befinden. Wer braucht schon beispielsweise einen kommerziell enorm erfolgreichen John Mayer, der sich in seinem Selbstverwirklichungstrio als Stevie Ray Vaughan-1:1-Kopie vergaloppiert und dabei seltsam affektiert rüberkommt. Aber selbst hier gibt's Bezugspunkte zu Eric Clapton. Drummer Steve Jordan war vor seinem Engagement bei John Mayer kurzzeitig das Claptonische Rhythmusgerüst mit Willie Weeks (Bass) und lässt nach wie vor einen gewissen Steve Gadd (aktueller Clapton-Stöckeschwinger) reichlich blass aussehen, äh, anhören.
Auch Leute wie Robert Cray, Jimmie Vaughan, Buddy Guy, Pino Daniele, Jonny Lang, Citizen Cope oder auch die langsam dem Zerfall anheim fallenden ZZ Top vermögen keinerlei Glanzlichter zu setzen, Hubert Sumlin, Generationskollege von u.a. Muddy Waters, ist mit seiner angeschlagenen Gesundheit eher als eine der letzten noch lebenden Symbolfiguren des Roots Blues zu verstehen, B.B. King wacht altersweise als DIE lebende Legende des elektrifizierten Blues über seine inzwischen ebenfalls arg in die Jahre gekommenen 'Jünger', wobei Eric Clapton mit einem fantastisch nachempfundenen Tributsolo glänzen kann, James Burton zeigt, dass er immer noch für Elvis, Ricky Nelson oder John Denver spielen könnte, würden diese doch bloß noch leben und Johnny Winter wird lieber gleich ganz weggelassen. Da kann auch einem Rezensenten etwas wehmütig ums Herz werden.
Die Zukunft sind halt Saitenschwinger wie Joe Bonamassa, der hier lediglich einmal im heißen Duell mit Robert Randolph zu bewundern ist, Derek Trucks, vor wenigen Jahren in Clapton's Band, als wohl der legitime Erbe des Duane Allman oder Doyle Bramhall II, der sich vom ausgebuhten Anheizer für Clapton zu einem langjährigen Bandmitglied mauserte, um jetzt gar den Produzenten ("Clapton", 2010) und, auf diesem Festival, Bandchef in eigener Sache, für Gary Clark Jr. und für Sheryl Crow zu geben, wobei er letztere dieses Jahr übrigens auch produziert hat.
Und was macht nun des Rezensenten sein 'Gemahl' bei seinem Headlinerauftritt? Er taucht mal eben gemeinsam mit Jeff Beck ganz locker in die ganz frühe, ebenfalls gemeinsame Vergangenheit namens Yardbirds ein (wenn sie auch dort nie zusammen spielten), bringt bekannte Standards wie "Crossroads" (Nomen est omen) und "I Shot The Sheriff" in immer wieder um Nuancen oder gar stärker geänderten Arrangements, glänzt mit dem flüssigsten Spiel des Festivals, kultiviert seinen einmaligen 'Ton', lässt seine Fender Strats singen wie kein Zweiter, gibt den Slowhand um Klassen besser, als in den eigentlichen Slowhand-Zeiten der Siebziger und beschwört mit seinem neuen/alten Kumpel Steve Winwood die seligen Zeiten der spannenden Endsechziger, nur gnadenlos abgeklärter, reifer, gelassener, prononcierter. Es ist Titeln wie "Dear Mr. Fantasy" oder "Voodoo Chile" anzuhören, dass die beiden mittlerweile gemeinsame Tournee-Erfahrung haben, die hier präsentierten Versionen sind absolut stimmig, selbst Steve Gadd macht nichts kaputt.
Wieder einmal wird klar, dass die Diskrepanz zwischen Claptons Studio- und Liveschaffen kaum größer sein könnte.
Was bietet die filmische Umsetzung, die Bild- und Tonqualität, die Ausstattung und die Aufmachung dieses Doppeldeckers?
Bild und Ton sind hervorragend, das dürfte nahe an der Referenz sein!
Die Ausstattung ist dürftig, sehr wenige Informationen im Booklet, keinerlei Extras auf den DVDs, außer den in mehreren Sprachen wählbaren Untertiteln. Die Aufmachung im Plastik-Case wirkt billig und etwas lieblos.
Die filmische Qualität ist allerdings der größte Schwachpunkt dieser ansonsten sehr feinen Kollektion. Teilweise ist die Kameraführung einfach nur als amateurhaft einzustufen, ständig sind die diversesten Dinge im Weg, ständig muss die Schärfe nachfokussiert werden. Schnelle Schnitte können Dynamik reinbringen, sie können aber das Ganze auch als reine Stümperei entlarven. Letzteres überwiegt hier leider, zumal zu allem Überfluss die Interviews nicht extra anwählbar, sondern in den Konzertablauf integriert sind. Das ergibt leider in der Summe ein filmisches Fiasko, was dem Qualitätsniveau dieser Veranstaltung nicht im Geringsten gerecht wird.
Tracklist
DVD 1:
-Introduction - Bill Murray [2:14]
01:Promise Land - Sonny Landreth with Eric Clapton [5:09] (Sonny Landreth)
02:Z. Rider - Sonny Landreth [4:08] (Sonny Landreth)
03:Traveling Shoes - Robert Randolph & The Family Band [4:30] (Robert Randolph/T Bone Burnett/Tonio K)
04:Going Down - Pino Daniele, Joe Bonamassa, Robert Randolph & The Family Band [5:01] (Don Nix)

- Robert Cray Introduction - Bill Murray [1:06]
05:Killing Floor - Robert Cray with Jimmie Vaughan & Hubert Sumlin [5:13] (Chester Burnett)
06:Six Strings Down - Jimmie Vaughan with Robert Cray & Hubert Sumlin [4:49] (Eric Kolb/Art Neville/Cyril Neville/Kelsey Smith/Jimmie Vaughan)

- ZZ Top Introduction - Bill Murray [1:19]
07:Waiting For The Bus - ZZ Top [ : ] (Billy F. Gibbons/Dusty Hill)
08:Jesus Just Left Chicago - ZZ Top [ : ] (Billy F. Gibbons/Dusty Hill/Frank Beard)
09:Gypsy Blood - Doyle Bramhall II [4:42] (Doyle Bramhall II/Justin Stanley)
10:In My Time Of Dying (Jesus Make Up My Dying Bed) - Doyle Bramhall II [4:33] (Traditional)
11:Bright Lights - Gary Clark Jr. [7:02] (Gary Lee Clark Jr.)
12:Long Road Home - Sheryl Crow with Derek Trucks, Susan Tedeschi, Doyle Bramhall II & Gary Clark Jr. [4:10] (Sheryl Crow/Doyle Bramhall ll/Justin Stanley)
13:Our Love Is Fading - Sheryl Crow with Eric Clapton, Doyle Bramhall II & Gary Clark Jr. [6:32] (Sheryl Crow/Doyle Bramhall ll/Justin Stanley)
14:BlackwaterSide - Bert Jansch [5:28] (Traditional; arr. by Bert Jansch)
15:Mississippi Blues - Stefan Grossman & Keb' Mo' [4:50] (Stefan Grossman/Aurora Block)
16:Roll and Tumble Blues - Stefan Grossman & Keb' Mo' [3:49] (Stefan Grossman)

- Vince Gill Introduction - Bill Murray [0:32]
17:One More Last Chance - Vince Gill with Keb' Mo', James Burton, Earl Klugh & Albert Lee [6:16] (Vince Gill/Gary Nicholson)
18:Mystery Train - Vince Gill with James Burton, Albert Lee, Keb' Mo' & Earl Klugh [4:28] (Junior Parker/Sam Phillips)
19:Lay Down Sally - Vince Gill with Sheryl Crow, Keb' Mo', Albert Lee, James Burton & Earl Klugh [6:26] (Eric Clapton/Marcella Levy/George Terry)
20:Angelina - Earl Klugh [1:51] (Earl Klugh)
21:Vonetta - Earl Klugh [5:07] (Earl Klugh)

- John Mayer Introduction - Bill Murray [2:56]
22:Who Did You Think I Was - John Mayer Trio [3:55] (John Mayer)
23:Ain't No Sunshine - John Mayer Trio [3:57] (Bill Withers)
DVD 2:
- Derek Trucks Introduction - Bill Murray [0:51]
01:Midnight In Harlem - Derek Trucks & Susan Tedeschi Band [6:28] (Derek Trucks/Mike Mattison)
02:Coming Home - Derek Trucks & Susan Tedeschi Band with Warren Haynes [4:56] (Eric Clapton/Bonnie Bramlett)
03:Soulshine - Warren Haynes [5:37] (Warren Haynes)
04:Don't Keep Me Wondering - David Hidalgo & Cesar Rosas with Derek Trucks [4:46] (Gregg Allman)
05:Space Captain - Derek Trucks & Susan Tedeschi Band with Warren Haynes, David Hidalgo, Cesar Rosas & Chris Stainton [5:25] (Matthew Moore)

- Set Introduction - Bill Murray [1:21]
06:Five Long Years - Buddy Guy with Jonny Lang & Ronnie Wood [8:07] (Eddie Boyd)
07:Miss You - Buddy Guy with Jonny Lang & Ronnie Wood [6:58] (Mick Jagger/Keith Richards)
- Jeff Beck Introduction - Bill Murray [1:37]

08:Hammerhead - Jeff Beck [4:29] (Jeff Beck/Jason Rebello)
09:Nessun Dorma - Jeff Beck [3:01] (Giacomo Puccini/Giuseppe Adami/Renato Simoni)

- Eric Clapton Introduction - Bill Murray [2:10]
10:Crossroads - Eric Clapton [5:44] (Robert Johnson)
11:Hands Of The Saints - Citizen Cope & Eric Clapton [7:23] (Clarence Greenwood)
12:I Shot The Sheriff - Eric Clapton [8:20] (Bob Marley)
13:Shake Your Money Maker - Eric Clapton & Jeff Beck [3:22] (Elmore James)
14:Had To Cry Today - Steve Winwood & Eric Clapton [6:30] (Steve Winwood)
15:Voodoo Chile - Eric Clapton & Steve Winwood [12:42] (Jimi Hendrix)
16:Dear Mr. Fantasy - Steve Winwood & Eric Clapton [7:04] (Jim Capaldi/Steve Winwood/Chris Wood)

- B.B. King Introduction - Bill Murray [0:21]
17:The Thrill Is Gone - B.B. King & Ensemble [11:46] (Rick Darnell/Roy Hawkins)
Externe Links: