Erik Cohen / Kapitän
Kapitän Spielzeit: 18:41
Medium: EP
Label: RYL NKR Records, 2013
Stil: Deutschrock

Review vom 10.09.2013


Sabine Feickert
Deutschrock? Hardschlager?? Neue Deutsche Härtewelle???
Neee, ganz so schlimm isses nicht, da hatte ich schon ganz andere Kandidaten im Player. Allerdings kann ich so manche euphorische Reaktion auch nicht ganz nachvollziehen. Ob in denen ein Vergleich zu seinem vorhergehenden Projekt Smoke Blow, einer Kieler Hardcore Punkband, in der er als Jack Letten sang, steckt? Oder die eifrigen Marketingaktivitäten Früchte tragen?
Aber jetzt mal Geätze beiseite, grundsätzlich ist diese EP schon nicht schlecht. Aber auch nicht so wirklich begeisternd, für mich zumindest nicht. Für mein Gefühl ist das alles ein bisschen....hmmm, übereifrig? Kann sich da jemand was drunter vorstellen?
Vielleicht ein paar Beispiele – angefangen bei der Aussprache. Die ist deutlich, sehr deutlich. Ungefähr so, als ob jemand Sprechübungen vom Blatt abliest und dabei ganz bewusst überbetont. Oder Laienschauspieler ihren Text gaaantz akkktzentuierttt voorttraagen... wisst Ihr, was ich meine?
Stellenweise wird es dadurch gar ein bisschen unfreiwillig komisch, wenn so beispielsweise aus den "Dreiklangsdimensionen" gehörte »Dreiklantzdimensionen« werden...
Auch die Instrumentierung kommt mir überakzentuiert vor – die Assoziation zur Neuen Deutschen Welle kommt nicht ganz von ungefähr. Die Gitarren und das Schlagzeug etwas zurückgefahren und ein paar Synthiewände rein und das Retrofeeling wäre perfekt. Nicht übel gemacht, aber ziemlich gewöhnungsbedürftig und letztlich wohl auch Geschmackssache. Es wirkt auf mich ziemlich steril, übersauber.
Positiv finde ich schon, dass hier nicht mit aller Gewalt einer auf fürchterlich böse gemacht wird, aber so ein ganz kleines bisschen Dreck unter den musikalischen Fingernägeln würde der Produktion doch gut stehen.
Die Songs im Einzelnen sind schnell besprochen. Der "Kapitän" zeigt, wohin der Kurs führt. Klargesang, flotte Rhythmen, etwas härtere Gitarren – über die Sinnhaftigkeit der Texte kann man sicher streiten. "Chrom" treibt ganz gut vorwärts, ein wenig abgehackt, der Gesang etwas quäkig, rockig die erste, eher wavig die zweite Version.
Ein »Aaaahaaahahaaah«-Chor eröffnet "Polar", verstärkt auch im Laufe des Songs die Gesangsfraktion immer wieder und verortet den Song dann gegen jegliche Retrotendenz im 'Hier und Jetzt'.
Mag sein, dass die EP als Testballon ausgelegt ist, das könnte die beiden "Chrom"-Versionen darauf erklären - gerade letztere wäre vor gut 30 Jahren wohl ein Chartanwärter gewesen. Damals, als die "Dreiklangsdimensionen" von Rheingold rausgekommen waren. Erik Cohen covert sie, gibt ihnen 'nen Tick Härte, durchaus interessant. Auch wenn ich weder die eine noch die andere Variante als essentiell betrachte.
Insgesamt eine durchaus eigenwillige Mischung, die sicher ihre Liebhaber finden wird. Wenn die Neue Deutsche Welle mal wieder (diesmal etwas härter) schwappt... hat ja damals auch funktioniert.
Line-up:
Erik Cohen (vocals)
Anne Rabe (backing vocals)
André Koch (backing vocals)
Matthias Busch (backing vocals)
Stefan Römhild (guitar)
Jan Späth (guitar)
Andreas Tischendorf (guitar)
Normen Rehse (drums)
Björn Seiz (bass)
Richard Schmidt (keys)
Tracklist
01:Kapitän
02:Chrom
03:Polar
04:Dreiklangsdimensionen
05:Chrom 2
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