Slide, Slide und noch mal Slide - dazu ein warmer Samstagabend: Perfekt, wenn der Slidemaster John Campbelljohn heißt und der Abend im Ducsaal verbracht wird.
Allerdings gibt es einen Wermutstropfen, denn noch bis eine halbe Stunde vor Konzertbeginn hielten sich gerade mal 7 Leute im Saal auf. Zwar verzehnfachte sich diese Zahl noch, aber für eine Band dieses Kalibers eindeutig zu wenig. Vielleicht lag es am schönen, warmen Abend und die Leute saßen bei Konservenmusik im Garten am Grill - nicht ahnend, was sie verpassten. Jedenfalls nutzen viele Fans den freien Platz um ausgiebig mitzugrooven.
Artig betraten John, Blair Seaboyer (Bass) und Bruce Aitken (Drums) die Bühne. John, wie gewohnt in Jeans mit Hosenträgern und Franzosenkäppi, wirkt ruhig und ausgeglichen. Er ist kein Poser oder Marktschreier - man nimmt ihm den seriösen und ehrlichen Künstler sofort ab. Zumal mitten auf der Stage etwas ganz geiles steht: Eine Pedal Steel Guitar und wir können es kaum abwarten, dieses Gerät im Einsatz zu sehen, bzw. zu hören.
Begonnen wird aber mit der Dobro und ja.... auch dieses Teil slidet wunderbar. Später fragte er dann, ob Hippies im Saal sind und es heben sich auch ein paar Finger, worauf er meinte, dass der folgende Titel wohl was für sie wäre: "Little Wing" von Jimi Hendrix.
Ich bin auch heute, am Sonntagmorgen, noch ganz hin und weg von dieser Killerversion. Klar habe ich den Song im Original. Auch stehen mehrere Versionen von den verschiedensten Bands im Regal. Aber John's Cover, dargeboten auf der Pedal Steel, sprengte alles bisher gehörte.
Wir hatten Gänsehaut und ich glaube, da waren wir nicht alleine im Publikum. Jedenfalls gab es einen Riesenapplaus und ich weiß nun, dass keine Gitarre der Welt auch nur annähernd an eine Pedal Steel herankommt, wenn man gewisse Töne, Klänge oder Stimmungen erzeugen will.
Später spielte er ein weiteres Cover und auch dieses hatte es in sich:
"Doo, doo, doo, doo, doo, doo, doo, doo...", ja genau *g* - die Stelle aus Lou Reeds "Walk On The Wild Side", welches aber ganz schnell in den Stones-Klassiker "You Can't Always Get What You Want" überging. Wie könnte es anders sein: Selbstverständlich auch auf der Pedal Steel. Und die Fans waren begeistert.
Überhaupt waren die Zuhörer immer irgendwie involviert bzw. gefordert. Wir mussten Refrains mitsingen ("Hey Hollerina" oder so ähnlich), pfeifen ("Sunny Sky Slide") oder aber beim Rausschmeißer mitsingen. John hat den Track extra eingeübt: "Gute Nacht liebe Freunde, gute Nacht". Aber so weit sind wir noch nicht, denn inklusive zweier Zugaben dauerte die Show gut drei Stunden.
"The World Is Crazy", der Jamaican Blues "Slow Down" (ein starker Reggae), "Johnny Rock'n'Roll", "No Philosopher"..., eine Nummer besser als die andere.
Unvergesslich dürfte der Abend für einen weiblichen Fan bleiben. Bei "Don't Let The Drinkin' Do The Thinkin'" verließ John die Bühne und mischte sich unters Volk. Fündig geworden (*g*), schnappte er sich erwähnten weiblichen Fan, ging mit ihr on stage, legte ihr die Fender auf die ausgestreckten Hände und zauberte ein feines Solo.
Es war ein Abend der Slides, sei es nun in Blues- oder Rockform. Zur Slidegitarre kam John übrigens durch den "Statesboro Blues" von Duane Allman, welcher ihn dermaßen beeindruckte, dass er fortan sein Herz dieser Gitarre verschrieb. Später dann entdeckte er Sonny Landreths "Behind The Slide Technik" und übernahm sie in seinen Blues. Aber auch andere Töne kann er seinem Instrument entlocken: Für eine halbe Minute etwa bot er Headbanger-Metal vom Feinsten. Aber die Fans waren sichtlich erleichtert, als er diese Einlage beendete und wieder zum Blues zurückkehrte.
Danke an Johns Freund und Tourbegleiter Jürgen Thom, der es uns ermöglichte, die Band nach dem Konzert Backstage zu treffen um etwas mit ihnen zu plaudern.
John ist ein sehr angenehmer Gesprächspartner und so konnten wir gemütlich etwas small talk halten. Natürlich war Musik das Thema. John erzählte wie begeistert er von der Pedal Steel ist, und dass er gerade wegen diesem Instrument auch viel Country hört.
Leider ist es auch in Kanada so, dass das "Star Search Fieber" ausgebrochen ist. Aber, so meint er, es ist Platz für alle - wenn auch nicht alle das gleiche Geld verdienen.
Man kennt sich in Kanada, denn angesprochen auf einen zurückliegenden Act im Ducsaal, Charlie A'Court, meinte er: "Wir sind befreundet". Auch John attestiert Charlie enormes Potential, gerade weil er mit 25 Jahren noch sehr jung ist.
Mr. Campbelljohn, der bereits das dritte Mal im Ducsaal gastierte, ist von den deutschen Fans immer wieder begeistert und so denken wir, dass er nicht zum letzen Mal hier war. Für uns steht jetzt schon fest: Wir sind auch das nächste Mal wieder dabei.
Bilder vom Konzert
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