John Campbelljohn / Live In Nova Scotia
Live In Nova Scotia Spielzeit: 49:22 (CD 1), 44:56 (CD 2), ca. 120:00 (DVD)
Medium: Do-CD und DVD
Technik DVD:
Bildformat: 16:9
Tonformat: Dolby Digital
Codefree
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Label: Pepper Cake/ZYX, 2010
Stil: Blues Rock

Review vom 22.11.2010


Ilka Heiser
'Es weihnachtet sehr' stellt man unweigerlich fest, wenn man durch die Läden schlendert. Überall findet man pausbäckige Jahresendflügelfiguren - auch Engel genannt, Weihnachtsmänner grinsen einen aus sämtlichen Einkaufsregalen freundlich an und animieren zum Kaufen. Überall duftet es nach Süßwaren, Pfefferkuchen, Glühwein und und und ...
Diese Zeit ist die beste Gelegenheit, um den Leuten mit allen Mitteln das Geld aus der Tasche zu ziehen und offensichtlich funktioniert das auch. Denn selbst die Plattenlabel haben die Vorweihnachtszeit für sich entdeckt und überschwemmen den Markt mit (Gold)-Editionen, De Luxe-Boxen, Doppel-Boxen, Box-Sets. Ob das alles immer im Sinne der Künstler ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Pepper Cake/ZYX hat nun ebenfalls, passend zum kommenden Fest, einen Doppelschlag veröffentlicht: "John Campelljohn Live In Nova Scotia". Zum einen als DVD, auf der 18 Songs enthalten sind und zum anderen als Doppel-CD, auf der die Tracks gesplittet wurden; CD 1 enthält zehn, CD 2 acht Nummern. Mitgeschnitten wurde ein Konzert in Campelljohns Heimatstadt Halifax, Nova Scotia im Bearly's House Of Blues & Ribs.
Das Campbelljohn-Trio ist ja sehr oft in Deutschland unterwegs und wer die Mannen um den Slidemeister schon mal live erlebt hat weiß, zu was diese fähig sind. Puristen warne ich auf jeden Fall schon mal vor, denn der Mann legt sich musikalisch nicht fest. Im Gegenteil, er wildert auch mal recht gern in anderen Genres. Es wird gerockt und geswingt, gebluest und geboogiet, es gibt ein bisschen Reggae, es schimmern ein paar Hawaii-Klänge durch und ab und zu zupft er auch am keltischen Erbe. Das sorgt für Stimmung und gute Laune bei den Zuhörern, sofern man bereit ist, über den Tellerrand zu schauen.
Da John Campbelljohn mittlerweile auf eine recht stattliche Anzahl an Veröffentlichungen zurückschauen kann, hat er keine Mühe, sich daraus hemmungslos zu bedienen und tut das auch. Und so knallt er uns Rock'n'Roll à la "Pretty Paula Doy" um die Ohren, serviert uns den "Cherokee Boogie" (hier ist der Name Programm) und bei "Good To Go" wird geslidet bis zum Niederknien. Die Blues Rock-Freunde kommen ebenfalls nicht zu kurz ("Sydney Steel" - diese Nummer erinnert mich nach wie vor an Rory Gallagher, "Land Of The Livin'", "I'd Rather Be Rich Than Famous") und wenn dann "Slow Down" ertönt, ist die Stimmung auf dem Siedepunkt.
Aus dem Fundus anderer Künstler schöpft der Meister ebenfalls, fördert Thorogoods "I Really Like Girls", T-Bone Walkers "Mean Old World" oder auch "You Can't Always Get What You Want" von den Rolling Stones ans Tageslicht und kredenzt die Songs als wunderbare Slide-Version.
Immer wieder gibt Campbelljohn ein paar kleine Späßchen zwischen den Songs zum Besten, kommuniziert mit dem Publikum, welches ab und zu ebenfalls zu hören ist. Das beweist um so mehr, dass die Platten tatsächlich Live-Mitschnitte sind. Vermutlich wurde lediglich der Sound kräftiger abgemischt, denn dieser ist kristallklar.
Wie ich schon erwähnte, ist die DVD bezüglich der Tracks ein 1:1-Mitschnitt. Dennoch ist es ein wahrer Genuss, die Band nicht nur hören, sondern auch sehen zu können. Keine große Lightshow, kein gestelztes Gehabe, dafür geballte Bühnenpräsenz, wie man sie bei einem Trio selten findet. John Campbelljohn wechselt während der Show die Gitarren, wie andere Leute ihre Unterwäsche: Ob nun Slide-Gitarre, Pedal Steel, Lap Steel oder Fender, Campbelljohn beherrscht sie alle meisterlich. Aber auch die Herren Robertson und Lambert stehen dem Frontmann in nichts nach. Jahrelanges, ausdauerndes Touren hat die Band zu einer kompakten Einheit zusammengeschweißt.
Der Rolling Stone würdigte John Campbelljohn sogar als »The string magic of the front man fascinates!«, was er gleich beim Opener beweist:
So wird beim "Kokomo Blues" das Solo auf der Slide-Gitarre liebevoll hingetupft, dann wieder fegt er bei "Pretty Paula Doy" wie ein Derwisch über die Saiten.
Wenn auch hin und wieder mal die Fender ausgepackt wurde, ist und bleibt die Resonator-Gitarre dennoch sein 'Hauptarbeitsgerät'.
Ein echtes Erlebnis ist es, ihn an der Pedal Steel zu sehen. Diese kommt u.a. für den "Cherokee Boogie" zum Einsatz (hier hätte man übrigens beim Refrain ruhig mal einen Bildschwenk zum Publikum machen können, das von John zum Mitsingen aufgefordert wurde und somit zwar zu hören, aber nicht zu sehen war).
Und die Campbelljohn'sche Variante von "You Can't Always Get What You Want", ebenfalls auf der Pedal Steel gespielt, verbreitet fast schon Country-Feeling.
Endlich, endlich wird mein Warten belohnt: Die Lap Steel wird gezückt, um dem Publikum "Light At The End Of The Tunnel" vor den Latz zu knallen, ein Blues Rocker vor dem Herrn, da bleibt tatsächlich kein Auge trocken.
Und wer nach dem knapp siebenminütigen "The Big Dig" immer noch nicht verschwitzten Hemdes und völlig atemlos von der Tanzfläche geht, dem ist nicht mehr zu helfen. Kommt das Instrumental-Stück anfangs noch relativ gemächlich daher, steigert der Slide-Meister zunehmend die Geschwindigkeit, bis am Ende die Finger in Lichtgeschwindigkeit über die Saiten fliegen und die Hände des Drummers zwei rotierende Scheiben sind.
Ein schönes Film-Dokument, das nur leider einen Mangel hat: Die Übergänge zwischen den Songs sind sehr abrupt, das Publikum ist anfangs gar nicht zu sehen, nur ab und an zu hören. Der Fokus lag bei den ersten Songs ausschließlich auf der Band, so dass man den Eindruck gewinnen konnte, diese spielt in einem leeren Raum. Bei "Land Of The Livin'" konnte man endlich auch mal ein paar Zuschauer sehen und bei den folgenden Stücken hatte der/die Kamera-Führende wohl etwas mehr Mut gefasst und mit ein paar Einstellungen bewiesen, dass da tatsächlich auch Leute im Saal sind, die zu den Songs ausgiebig tanzen.
Leider war auch der Abschluss nach dem letzten Track unerwartet hastig - keine Verabschiedungszeremonie, keine Zugabe. Ich glaube kaum, dass das Trio die Bühne so verlassen hat.
Aber wie gesagt, das ist der einzige Mangel, denn auch bei der DVD ist der Sound, wie schon bei dem Doppelalbum, erstklassig.
Line-up:
John Campbelljohn (vocals, slide guitar, standard guitar, lap steel, pedal steel)
Neil Robertson (drums, background vocals)
Andrew Lambert (bass guitar, background vocals)
Tracklist
CD 1:
01:Kokomo Blues
02:Pretty Paula Doy
03:Knocked Down
04:Cherokee Boogie
05:Sydney Steel
06:Land Of The Livin'
07:Good To Go
08:Phonebooth
09:Can't Be Satisfied
10:Nobody's Business
CD 2:
01:I'd Rather Be Rich Than Famous
02:I Really Like Girls
03:You Can't Always Get What You Want
04:Mean Old World
05:Kathaline
06:Slow Down
07:Light At The End Of The Tunnel
08:The Big Dig
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