Larry Carlton / Greatest Hits Rerecorded Volume One
Greatest Hits Rerecorded Volume One Spielzeit: 51:45
Medium: CD
Label: 335 Records, 2009
Stil: Fusion

Review vom 01.11.2009


Wolfgang Giese
Der 1948 geborene Gitarrist begann das Studium seines Instruments bereits in frühem Kindesalter. Als seine musikalischen Einflüsse werden Joe Pass, Barney Kessel, Wes Montgomery und
B.B. King genannt. In den sechziger und siebziger Jahren war er bereits ein gefragter Studiomusiker, unter anderem gar bei der Partridge Family! Ferner kann man ihn bei Aufnahmen von Michael Jackson, Quincy Jones oder Linda Ronstadt hören, um nur einige aus verschiedenen Musikrichtungen zu nennen.
Bekannt wurde er jedoch eher durch seine Zusammenarbeit mit den Crusaders und mit Steely Dan. Nachdem er die Crusaders verlassen hatte, kam es zu einem Plattenvertrag mit einem Major Label, nämlich Warner Brothers, der dazu führte, dass er 1978 sein Debüt für diese Firma vorlegte. Noch etwas orientiert an der auslaufenden Ära des Jazz Rocks der Mittsiebziger, spiegelte die Musik doch bereits jene Einflüsse wider, die er durch die Musik der Crusaders mit auf den Weg bekommen hatte, nämlich stark an Blues, Rhythm & Blues und Soul orientierte Fusionklänge.
Spätestens nach dem Wechsel zum Label GRP kam es dann einschneidend zu einer seichteren Variante seines Stils, das war mitunter bereits starker Smooth Jazz. In dieser Zeit entstanden dann auch einige der Titel, die er für dieses Album neu eingespielt hat. Unterschiedlichen Quellen zufolge erschien diese CD bereits im Jahre 2007 bzw. 2008. Seinerzeit war sie gar nominiert in der Rubrik 'Best Pop Instrumental Album'! Das dürfte bereits einiges über das aussagen, was uns hier erwartet.
Nun denn, die CD wird nun erneut als Neuerscheinung angeboten. Im großen und ganzen erwarten uns hier keine Überraschungen. Carlton ist eigentlich auch kein Musiker, von dem man Experimente erwarten kann. Aber auch niemand, der nur auf der gesichtslosen Smooth Jazz-Welle mitgeschwommen ist. Nannte man diese Musik einst, in den Siebzigern, Jazz Rock, so wurde dieser Begriff irgendwann einmal durch Fusion ersetzt, so ist es wohl irgendwie gewesen.
Wie auch immer, Fusion ist es, wo man Carlton bedenkenlos einordnen kann. "All In Good Time", der Opener, kommt völlig unaufgeregt, die Keyboards klingen, wie sie bereits in den Achtzigern klangen. Ich hätte mir gewünscht, man hätte sie weg gelassen, denn das war es damals schon, was ich in dieser Art nicht mochte, denn es war nicht das virtuose Element, wie es zum Beispiel Chick Corea in der Hochzeit des Jazz Rocks zum Klingen brachte, sondern vielmehr blieb nur noch die seichte Hintergrundbemalung durch getupft scheinende Klänge. Schade drum, auch hier, beim ersten Stück kommt das genau so, und wieder stört mich dieser Klang. Auch das nicht sehr packend gespielte Sax von Paul Serra ist für mich eher ein störendes als ein bereicherndes Element. Nur Gitarre, Bass und Schlagzeug, weniger wäre für mich mehr gewesen. Aber - es ist, wie es ist, die schwebend-sanften Keyboardsounds begleiten uns durch den Rest der Platte. Leider lässt mich der Gedanke an Musik zur Berieselung hier nicht los!
Ich starte einmal einen Vergleich: Track 2, "Room 335".
a) die neue Version, von dieser Platte und b) die Version von "Larry Carlton", aus dem Jahre 1978.
Damals nahm er die Version zusammen mit Jeff Porcaro, Greg Mathieson und dem hervorragenden Bassisten Abe Laboriel auf. Der kraftvolle Drive von Porcaro's Schlagzeug treibt das Stück an und passt sich der damaligen Jazz Rock-Landschaft relativ gut an, obwohl es auch hier bereits gesitteter zuging. Carlton's Gitarre geht hier recht frech und frisch zu Werk, das Stück verbreitet Druck und Energie!
Und nun, die Keyboards spülen weich, einzig Vinnie Colaiuta am Schlagzeug vermag für mich etwas Energie zu verbreiten, selbst Carlton ist hier zurückhaltender. Nicht, dass er nicht gut spielte, beileibe nicht, ganz brillant perlen seine klaren Läufe, nur fehlt mir das rotzige Element, das klingt mir hier zu schön.
Unter dem Aspekt gepflegter Fusion sicher erstklassig, daran gibt es nichts zu bemängeln, nur vermisse ich das alte Feuer, wie es zum Beispiel vor 4 Jahren auf dem Album "Fire Wire" noch brannte! Diese Interpretationen fallen auch klar ab im Vergleich mit der Klasse, die er zusammen mit Robben Ford auf dem 2007er Album Live in Tokyo geboten hat.
Nichtsdestotrotz, hier wird dann wohl eher ein anderes Publikum zufrieden gestellt mit hochwertiger und angenehm zu lauschender Musik, die nicht weiter aufregt, sondern einfach nur schön dahin fließt. Das ab und zu eingesetzte Saxofon stellt zwar einen gewissen Farbtupfer dar, aber vom Hocker reißt mich Paul Cerra beileibe nicht.
Erst mit Track 7, "RCM", zieht Carlton etwas an. Die Gitarre ist angezerrt, der Rhythmus kommt energischer und die Keyboards klingen wie zu besten Crusaders-Zeiten. Meine Empfehlung, dieser Titel! Und - als sei der Knoten geplatzt - mit "Red Hot Poker" geht es ähnlich weiter. Es rockt gar gewaltig, super, warum nicht mehr davon??? Doch mit dem letzten Stück wird es wieder ruhig, doch nun richtig ruhig, mit einer Ballade entlässt uns der Musiker. Und die ist, so sehe ich es, auch sehr gut und gefühlvoll geraten.
Carlton erläutert im kleinen Booklet übrigens die Entstehung der einzelnen Stücke und rechtfertigt so seine Auswahl seiner 'Greatest Hits'. Für mich also 1/3 subjektive Begeisterung, der Rest ist ganz einfach objektiv gesehen einwandfrei von musikalischem Wert, keine Frage. Ich denke, es dürfte Carlton schwer fallen, eine wirklich schlechte Platte zu machen, oder?
Line-up:
Larry Carlton (guitars)
Jeff Babko (keyboards)
Travis Carlton (bass)
Vinnie Colaiuta (drums)
Paul Cerra (saxophone)
Tracklist
01:All In Good Time (7:03)
02:Room 335 (7:20)
03:Smiles And Smiles to Go (4:11)
04:Hello Tomorrow (5:56)
05:High Steppin' (5:54)
06:Kid Gloves (4:22)
07:RCM (5:29)
08:Red Hot Poker (4:15)
09:Terry T (6:46)
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